Macabros 083: Apokalyptas todbringende Armada
den Himmel und hielt Ausschau nach
der Burgruine und den Galeeren mit den Echsenflügeln.
Der Himmel war strahlend blau, die Sonne nicht mehr verdunkelt,
die letzten Nebelschleier überm Strand wurden von einer frischen
Brise weggeweht.
Baktar wagte kaum den Blick zu senken. Langsam, verstohlen senkte
er den Kopf.
Er blickte auf den Strand, und das nackte Grauen packte ihn.
Der Mann mußte sich an der kantigen Felswand stützen,
um den Halt nicht zu verlieren.
Eine Armada des Schreckens hatte den Tod gebracht.
Leichen lagen am Strand. Die meisten wiesen Verstümmelungen
auf.
Taumelnd näherte sich Baktar einem jungen Mann, der mit dem
Gesicht zur Erde hinter einer Bodenwelle lag. Neben ihm stand ein
Radiogerät, das leise spielte.
»Hallo?« rief Baktar. Er konnte an dem Fremden keine
Verletzung feststellen. Dennoch rührte der Angerufenen sich
nicht. Baktar tippte ihn mit dem Fuß an und drehte ihn dann
vorsichtig auf die Seite.
Er schloß die Augen. Ein großer Splitter war oberhalb
der Nasenwurzel in das Hirn des Mannes gedrungen und hatte ihn auf
der Stelle getötet.
Baktar taumelte wie ein Trunkener über das Schlachtfeld.
Niemand mehr rührte sich. Und was ihn auch verwunderte, war
die Tatsache, daß niemand aus dem nahen Ort und der Herberge
kam, um nach dem rechten zu sehen. Der furchtbare Lärm und die
Schreie der Sterbenden mußte doch bis zur Herberge gehört
worden sein…
Er sah die Blondine, halb vom Sand zugedeckt. Tot! Er sah den
älteren Mann, der sich über die Ruine am Himmel als Fata
Morgana mokiert hatte – tot! Und er sah den Jungen, Bertrand, am
Strand liegen. Auch der Knabe rührte sich nicht mehr. Tot! Seine
Kamera hielt er umklammert.
War Baktar der einzige, der das unheimliche Inferno
überstanden hatte? Und nur deshalb, weil er zufällig hinter
die Felsen geschleudert worden war?
Leichen wurden von der Brandung ans Ufer geschwemmt.
Baktar sah genau vor sich drei Tote.
Jetzt waren es nur noch zwei… jetzt nur noch einer…
Im ersten Moment bekam er diese Tatsache gar nicht mit.
Dann stutzte er.
Der Boden, auf dem die drei Leichen gelegen hatten, glättete
sich. Ein Krater füllte sich wieder, der von einer der
Kanonenkugeln gerissen worden war.
Baktar überlief es eiskalt.
Die Spuren verwischten!
Decken und Handtücher verschwanden, Radiogeräte und
Comichefte, die verstreut den aufgewühlten Strand zierten.
Fotoapparate verlöschten wie Kerzenflammen.
Baktar wußte nicht, wohin er zuerst sehen sollte.
Da vergingen Menschen und Gegenstände und verschwanden in
einer Dimension, die menschlichen Blicken nicht mehr zugänglich
war.
Wenn das so weiterging, würde der Strand innerhalb der
nächsten zwei bis drei Minuten keine Spuren mehr von der
›Schlacht‹ zeigen, die vor wenigen Augenblicken hier
über die Bühne gegangen war.
Baktar stöhnte. Gehetzt blickte er sich nach allen Seiten um
und sah, daß er recht hatte mit seiner Annahme. Der Strand
›reinigte‹ sich von ganz allein.
Allen Toten und Gegenständen schien seit dem Angriff etwas
anzuhaften, das sie aus der dritten Dimension verschwinden
ließ.
Da warf er sich herum und taumelte auf der Stelle zu, wo er seine
Sachen noch vermutete.
Er hatte Glück. In einer Bodenmulde, halb unter Sand und
Steinen begraben, lag sein Koffer. Darin befand sich das
Gefäß mit dem Manja-Auge! Er buddelte den Koffer aus. Mit
einem raschen Blick vergewisserte der Zigeuner sich über das
Tempo der ›Auflösung‹.
Es sah so aus, als ob eine geheimnisvolle, nicht sichtbare Gestalt
vom anderen Ende des Strandes käme und würde mit einem
riesigen Tuch alles zudecken, was an das Grauen erinnerte.
Baktar begann zu rennen, stolperte und hielt in der Bewegung inne,
als er den kleinen Bertrand mit der Kamera in der Hand im Sand liegen
sah.
Baktar streckte seine Finger aus, nahm die Kamera an sich und sah,
daß der Film belichtet war. Da öffnete er den Deckel und
nahm das Zelluloid heraus. Mit zitternden Händen steckte er den
Film in den Gürtel seiner Badehose.
Der Auflösungs- und Veränderungsprozeß
beschleunigte sich und war nur noch etwa zehn Schritte von dem
Zigeuner entfernt.
Keuchend lief Baktar nochmal zu der Stelle zurück, wo seine
Hose lag und nahm sie an sich.
Dann eilte er, so schnell ihn seine Beine trugen. Jede Bewegung
verursachte Schmerzen, er fühlte sich kraftlos und
ausgelaugt.
Er schleppte sich an den steinig aufwärts führenden
Uferrand, der direkt an die Straße stieß. Es bereitete
ihm
Weitere Kostenlose Bücher