Macabros 089: Rückkehr in den Totenbrunnen
Eingang stand ein Ambulanzwagen. Eine Kranke wurde auf
einer Bahre getragen. Die beiden Sanitäter ließen ihr
Fahrzeug vor dem gläsernen Portal stehen.
Manolito ergriff die günstige Situation sofort.
Er befahl Angelika Huber in den hinteren Teil des Krankenwagens
und verschloß eigenhändig die Tür.
Die Stationsschwester blieb auch dann noch zurück, als er
sich bereits ans Steuer klemmte und den Motor startete.
»Der Schlangengott selbst wird wissen, was er aus dir
macht«, sagte Manolito einfach, indem er einen letzten Blick auf
die Schwester warf, die ihn bis hierher begleitet hatte. »Die
Entscheidung liegt ganz allein bei ihm. Ich habe lediglich die
Weichen gestellt…«
Noch während er das sagte, wußte er, daß der
Schlangengott die Entscheidung bereits getroffen hatte und die Magie
einer anderen, finsteren Welt zu wirken begann.
Die Haut oberhalb der Nasenwurzel schimmerte seidig in den Farben
grau, grün und braun. Es sah so aus, als wäre dort eine
hauchdünne, gummiartige Schicht entstanden, die sich langsam
weiter ausdehnte, und aussah wie eine Schlangenhaut…
*
Er fuhr den Krankenwagen der Ausfahrt entgegen.
Schon bei der Annährung hob sich die Barriere und gab den Weg
frei.
Der Portier in der Loge grüßte den Fahrer. Manolito
erwiderte den Gruß. Der Mann im Glashaus schöpfte keinen
Verdacht.
Der Maya fädelte sich gleich darauf in den fließenden
Verkehr ein.
Im Vorüberfahren warf Manolito noch einen raschen Blick auf
den Parkplatz, wo ein dunkelgrüner Ford stand, mit dem er
gekommen war.
Dieser Wagen trug ein französisches Kennzeichen und war in
Paris zugelassen.
Nun, so schnell würde niemand Verdacht schöpfen, wenn
das herrenlose Fahrzeug einige Stunden dort stand. Mit dem
silbergrauen Chevrolet Caprice brachte schließlich kein Mensch
dieses Auto in Verbindung.
Dabei handelte es sich um ein und denselben Wagen.
Mit der Magie Manolitos, die er aus der Welt des Schlangengottes
mitgebracht hatte, waren Dinge möglich, die physikalischer
Gesetzmäßigkeit Hohn sprachen.
Die Polizei würde weiterhin vergebens nach einem silbergrauen
Chevrolet Caprice Ausschau halten. Den gab es nicht mehr!
Manolito fuhr über die Stadtautobahn Richtung Regensburg.
Sein Ziel war ein Haus im Bayerischen Wald, abseits jeglicher
menschlichen Ansiedlung.
Dieses Haus gehörte einem Mann namens Kay Olsen…
*
Björn Hellmark analysierte die posthume Nachricht Ak Nafuurs
mit aller Aufmerksamkeit.
Sie enthielt alles Wichtige. Aber es gab auch viele Lücken.
Ak Nafuur hatte zu wenig Zeit gehabt, alle Details zusammenzutragen.
Der Tod war schneller gewesen. Doch trotz dieser Löcher in Plan
und Ausführung war der zweite Weg in die Dimension des Grauens
gangbar, wenn er es geschickt anpackte.
Er besprach die anstehenden Probleme mit Carminia Brado und seinen
Freunden.
Er wollte ihre Meinung hören und gemeinsam mit ihnen den
besten Weg suchen.
Am meisten bedauerte er, nicht mehr im Besitz seines wertvollen
Schwertes zu sein. Damit wäre zumindest der Start in dieses neue
Abenteuer für ihn einfacher gewesen.
»Es hilft alles nichts«, lautete Björns Kommentar,
nachdem sie sich beraten hatten, »wir müssen den Sprung ins
kalte Wasser wagen. Allein habe ich kaum eine Chance. Ich brauche
eure Hilfe.«
Detektivische Kleinarbeit ließ sich nicht völlig
vermeiden.
Pepe, sein Adoptivsohn, und Jim, der Guuf, sollten den Kontakt mit
Richard Patrick forcieren. Patrick war Herausgeber einer
grenzwissenschaftlichen Zeitschrift mit dem vielversprechenden Titel
›Amazing Tales‹. Oft in verbrämter Form erschienen
darin Berichte und Artikel über geheimnisvolle und
rätselhafte Vorgänge in der ganzen Welt. In den meisten
Fällen hingen diese Dinge mit irgendwelchen Aktivitäten
finsterer Mächte zusammen.
Patricks Mitarbeiterstab und sein umfangreiches Archiv waren
für Björn Hellmark und seine Freunde zu einer unbezahlbaren
Kostbarkeit geworden.
Gab es in Patricks Archiv möglicherweise einen Hinweis auf
einen »Kay Olsen« oder einen Eingeborenen namens Manolito?
Waren sie in irgendwelchen undurchsichtigen Zusammenhängen den
Mitarbeitern von »Amazing Tales« schon mal aufgefallen?
Hellmark ging zur gleichen Zeit einen zweiten Weg.
Er beabsichtigte einen Abstecher nach Mexiko City zu
unternehmen.
Die Journalistin Evita hatte ein Erlebnis mit dem Totenbrunnen
gehabt. Sie kannte die genaue Lage des Brunnens im Urwald.
Wenn Evita ihm genaue Angaben über den Brunnen machen
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