Macabros 090: Höhle des Unheils
wurde, sich noch mehr in sich zurückzog und
auch den Menschen, mit denen er Tag für Tag zu tun hatte, nicht
mehr alles sagte.
Das paßte genau zu dem, was sie jetzt wieder feststellen
mußten.
Jim verschwand einfach von Marlos, ohne zu sagen, wohin. Er hatte
jederzeit die Freiheit und Möglichkeit, jeden nur erdenklichen
Ort der Welt aufzusuchen. Doch Jim mied Tageslicht und Plätze,
wo viele Menschen zusammenkamen. Durch sein Aussehen war er
benachteiligt. Jedermann erschreckte, die meisten wandten sich
schaudernd ab. Dabei war Jim ein Mensch, auch wenn sein
Äußeres dies nicht vermuten ließ.
Jim war Maßstab für Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und
Zuverlässigkeit. Bisher war es immer so gewesen, daß er
mit Pepe zusammen seine abenteuerlichen Abstecher –
grundsätzlich dahin, wo Nacht war – unternahm. Nun tauchte
er stillschweigend unter, ohne daß er zuvor etwas
mitteilte.
Doch Hellmark ahnte etwas.
Während sie alle noch auf der Insel nach Jim suchten und
riefen, ließ er abermals Macabros entstehen.
Tausende von Meilen entfernt tauchte der gleiche Mann, der sich in
nichts von dem auf Marlos unterschied, praktisch noch mal auf.
Macabros war im Aussehen wie ein Zwillingsbruder. Daß er nicht
aus Fleisch und Blut bestand, sondern aus einer feinstofflichen
Substanz, das wußte und sah niemand.
Macabros erreichte die düstere Höhle mitten im Herzen
Afrikas.
Er stand unter dem Höhleneingang und erwartete, Jim hier
anzutreffen. Es war nur so ein Gedanke, den er nicht näher
begründen konnte.
Da war tatsächlich jemand vor ihm.
Aber – das war nicht Jim!
Ein kräftiger Mann, von dem nur noch der Kopf aus der Erde
ragte, sah ihn mit einem flehentlichen, qualvollen Blick an.
Mit der Höhle stimmte etwas nicht!
Die uralten Totems waren verschwunden, der Boden war weich und
schwammig, ein Sumpf, in dem der Unglückliche steckte, der bis
zum Kinn im Morast versunken war.
»Bitte… helfen Sie mir…«, gurgelte der Mann
und machte in seiner Todesangst eine zu heftige Bewegung, so
daß die schwarze, glitschige Erde ihm im nächsten Moment
schon bis über die Oberlippe schwappte und seine weiteren Worte
vom Moor verschluckt wurden…
*
Ihre Unruhe nahm von Minute zu Minute zu.
Marikje Adeninnen lief in dem angenehm warmen Raum, in dem das
Kaminfeuer brannte, nervös auf und ab, blieb einige Male hinter
dem kleinen Fenster stehen und starrte hinaus in die windige
Nacht.
Warum kam Arne nicht zurück?
Sie guckte sich die Augen nach ihm aus und hoffte, jeden
Augenblick seine Schritte zu hören.
Doch nichts veränderte sich.
Eine halbe Stunde verging… eine dreiviertel Stunde… eine
ganze Stunde…
Noch immer war Kekoolen nicht zurück.
Da stimmte etwas nicht!
Sie öffnete das Fenster, konnte nicht mehr länger
warten.
»Arne? ARNE…?« hallte ihr Rufen durch die Nacht.
Die Frau lauschte.
Das Pfeifen und Säuseln des Windes, das Rascheln in den
Blättern, das leise Plätschern und Gurgeln im nahen See
hinter dem wogenden Nebel… Eine Nacht voller Geräusche.
Aber keine Antwort von dem Geliebten.
Marikje Adeninnens Hände zitterten, als sie nach den
Fensterläden griff und sie ruckartig zuzog. Fest verhakte sie
die beiden Hälften miteinander und schloß dann das
Fenster.
Das Gefühl, daß etwas Furchtbares geschehen war,
erfüllte sie. Ständig mußte sie an das maskenhafte,
dämonenfratzige Gesicht denken, das sie vorhin am Fenster
gesehen hatte…
War Arne etwas zugestoßen?
Panik ergriff sie, als sie sich in Gedanken ausmalte, was alles
passiert sein konnte. Man las heutzutage soviel in den Zeitungen, was
man nicht glauben mochte und doch Wirklichkeit war.
Seit einiger Zeit suchte die Polizei einen unheimlichen
Mörder, der Liebespaaren auflauerte und in den bisherigen
Fällen die Männer tötete und die Frauen dann
vergewaltigte. Bis zur Stunde hatte die Sonderkommission, die deshalb
ins Leben gerufen worden war, keine Spur von dem Gesuchten.
War er hier in der Einsamkeit, versteckte er sich hier? Hatte er
sie verfolgt oder war er ihnen durch Zufall über den Weg
gelaufen?
Wenn er wirklich Arne gefangen oder getötet hatte –
warum war er dann nicht längst an der Hütte aufgetaucht und
begehrte Einlaß?
Sie merkte, daß mit ihren düsteren Vorstellungen irgend
etwas nicht stimmte.
Vielleicht war es wirklich so, wie Arne ganz zu Anfang vermutete.
Sie war überreizt und nervös, war einer Halluzination zum
Opfer gefallen, und Arne machte sich jetzt die Mühe und
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