Macabros 090: Höhle des Unheils
nach vorn, wurde erneut gepackt und meinte, in ein
pralles Luftkissen geschleudert zu werden.
Sie fühlte sich wie in Watte eingepackt, kam nicht richtig
zum Zug und war von etwas umgeben, das sie nicht sah, nicht
hörte, nicht roch – nur spürte…
Ihr Herz schlug wie rasend, aus allen ihren Poren brach der
Schweiß.
Die Luft schien zu rauschen und zu kochen. Licht und Schatten
wurden eines…
Dann ein scharfer Schmerz. Direkt an ihren Hals.
Sie taumelte nach vorn und fiel zu Boden. Vor ihren Augen wurde es
schwarz. Dieser Zustand währte nur wenige Sekunden.
Als Marikje Adeninnen sich erhob, fühlte sie sich seltsam
kraftlos, wie gerädert. Sie hatte jegliches Gefühl für
Zeit verloren. War sie nun eine Minute, eine Stunde, einen ganzen Tag
oder noch länger ohne Besinnung gewesen?
Der Gedanke beschäftigte sie nur ganz kurz und wurde durch
andere Eindrücke, die hauptsächlich körperlicher Art
waren, überlagert.
Wie betrunken taumelte sie durch den Wohnraum und preßte
unwillkürlich ihre Linke an die schmerzende Stelle am Hals.
Sie fühlte etwas Klebriges, Warmes und fuhr zusammen.
Marikje Adeninnen blieb mitten im Raum stehen, nahm vorsichtig die
Hand von der schmerzenden Stelle und betrachtete ihre benetzten
Fingerkuppen.
Blut?!
Wie kam Blut an ihren Hals? Hatte sie sich beim Fallen verletzt?
Seltsamerweise berührte sie dieser Gedanken weniger heftig als
erwartet.
Da war irgend etwas in ihr, das sie nicht mehr schreckte, fast
abgeklärt gegenüber den Ängsten davor machte.
Sie warf einen Blick in den Spiegel und drehte den Kopf.
Am Hals war deutlich eine frische, blutige Bißwunde zu
sehen. Der Biß - eines Vampirs!
*
Marikje Adeninnen hob kaum merklich die Augenbrauen.
Um ihre blassen Lippen spielte gleich darauf ein widerliches
Grinsen, das zu ihrer wahren Wesensart nicht paßte.
Marikje Adeninnen grinste teuflisch und wußte, daß ihr
anderes Leben begonnen hatte, ein Leben ohne Arne Kekoolen, dessen
Schicksal sie nicht mehr interessierte, ein Leben, das sich
grundlegend von ihrem bisherigen unterschied.
Sie dachte nicht mehr an die geistige Kraft, die sie vorhin beim
Eintreten gespürt hatte, nicht mehr an den Kampf, dem sie sich
stellte, und der von vornherein gegen sie entschieden war.
Jetzt schien sich – außer ihr – nichts und niemand
mehr in der einsamen Hütte am See aufzuhalten.
Die junge Finnin löschte alle Lichter. Nur noch der
Feuerschein im Kamin durchbrach die Dunkelheit. Doch die Flammen
waren schon tief heruntergebrannt, so daß der flackernde Schein
gespenstische Licht- und Schattenspiele auf Decke und Wänden
inszenierte.
Dann herrschte nur noch ein müdes Glühen in den
abgebrannten Scheiten. Auch das erlosch bald.
Völlige Dunkelheit!
Marikje Adeninnen fühlte sich wohl in der Schwärze der
Nacht, die von nun an ihr Metier bildete…
*
Er registrierte sofort, daß alles ganz anders war als zu
jenem Zeitpunkt, da Jim die Höhle entdeckt und beschrieben
hatte.
Sich jedoch jetzt darüber Gedanken zu machen, hatte er nicht
die Zeit.
Macabros war mit zwei schnellen Schritten bei dem
Gefährdeten.
Der vom Versinken bedrohte Mann hatte nicht mal mehr die Kraft,
seine Arme aus dem zähen Erdschlamm herauszuheben. Jeder andere
Retter hätte in diesen Sekunden vor einer schier unlösbaren
Aufgabe kapitulieren müssen.
Ein Mensch aus Fleisch und Blut wäre überfordert
gewesen, diesem Mann noch Hilfe zu bringen, der in einem Sumpf
versank, den es vor wenigen Tagen noch nicht gab.
Macabros, dessen Leib aus einer ätherischen, feinstofflichen
Substanz bestand, brauchte keine Gefahren zu fürchten. Er konnte
im luftleeren Raum, in prasselndem Feuer oder in der ewigen
Kälte des Weltalls »leben«, ohne daß es ihm
etwas ausmachte.
Solange Björn Hellmark lebte, lebte Macabros und dessen
Doppelkörper, der eine geistige Kopie seines Leibes war .
Macabros hatte keine Wahl. Er tauchte in den zähen Schlamm.
In dem Moment war auch er den Gesetzen der Natur unterworfen. Mit
reiner Kraftanstrengung war es auch ihm nicht möglich, dem
gewaltigen Sog zu entrinnen.
Auch er wurde in die Tiefe gepreßt, der Schlamm gab ihn
nicht frei.
Macabros genügte es, in Kontakt mit dem Versinkenden zu
kommen. Dieser Mann war Loll, ein Abenteurer, der vor einigen
Jahrzehnten sein Heimatland verließ, durch die ganze Welt
strolchte und schließlich als verschollen und tot gemeldet
wurde. In Wirklichkeit hatte er der Zivilisation Adieu gesagt, war
auf seinem
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