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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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Botschafter nach Spanien geschickt. Er sollte Ferdinand von Aragon davon überzeugen, dass ein Angriff des Papstes auf Florenz nicht im spanischen Interesse lag, sondern nur die Rachegelüste des rasenden Papstes befriedigen sollte.
    Trotz des französischen Erfolges weigerte sich Florenz, dem Wunsch Ludwigs XII. nachzukommen und dem Papst sowie Spanien den Krieg zu erklären. Truppen der Republik waren deshalb nicht auf dem Schlachtfeld vertreten, als das französische Heer am 11. April 1512 bei Ravenna die spanischen, venezianischen und päpstlichen Truppen besiegte. Die Befürworter der französischen Allianz sahen sich dadurch triumphal bestätigt und setzten sich in den Räten deutlicher denn je durch. Unter den Gefangenen, die die Franzosen gemacht hatten, war auch der päpstliche Legat, Kardinal Giovanni de’ Medici; der Anführer der gefährlichsten innerflorentinischen Opposition war dadurch handlungsunfähig geworden. Natürlich sah sich auch das nach Mailand verlegte conciliabulum im Aufwind: Zehn Tage nach der Schlacht enthob es Julius II. seiner geistlichen und weltlichen Amtsgeschäfte. Zu einer formellen Absetzung konnten sich die wenigen Prälaten, die in der lombardischen Hauptstadt verblieben waren, nicht durchringen; die letzte Hintertür blieb dadurch einen Spalt weit offen.
    Doch die Euphorie dauerte nicht lange. «Ravenna» wurde schnell zum Synonym für einen Pyrrhussieg. Auf beiden Seiten waren Tausende von Gefallenen zu beklagen, und diese Verluste schwächten die Franzosen mehr als die Unterlegenen. Unter ihren Toten war auch ihr charismatischer junger Feldherr Gaston de Foix. Die neue Führung des französischen Heeres war zerstritten, klare Anweisungen des Königs fehlten, Nachschub war nicht in Sicht. In dieser Situation mehrten sich die Nachrichten, dass die Schweizer zur Unterstützung des Papstes im Anmarsch seien. Daraufhin zog der Herzog von Ferrara, der führende Artillerie-Spezialist der Zeit, seine Kanonen zurück, die die Schlacht entschieden hatten. Und Giovanni de’ Medici blieb sein sprichwörtliches Glück treu: Der Kardinal nutzte die Unachtsamkeit seiner Bewacher und floh nach Rom.
    Dort eröffnete Julius II. am 2. Mai 1512 das Fünfte Laterankonzil, die Konkurrenzveranstaltung zu «Pisa», die sich politisch ungleich erfolgreicher gestaltete. In seiner klügsten Botschaft vom französischen Hof hatte Machiavelli vor der Macht der Tradition gewarnt, auf die der Papst jederzeit zählen könne. Wie stark diese Macht war, zeigte sich schon bei der Eröffnung der Kirchenversammlung: 16 Kardinäle, 70 Bischöfe, 12 Patriarchen und drei Ordensgeneräle waren anwesend, außerdem die Gesandten von Spanien, Venedig – und Florenz! Diese Präsenz war ein Akt des hilflosen Opportunismus. Die Republik stand weiterhin auf der Seite Frankreichs, weigerte sich jedoch standhaft, an Kampfhandlungen teilzunehmen, und biederte sich zugleich beim Todfeind ihres einzigen Protektors an. Eine inkonsequentere Politik war kaum denkbar. Natürlich war der französische König darüber alles andere als erfreut, so wie andererseits Julius II. dadurch keineswegs versöhnt wurde. Diese doppelte Halbherzigkeit war Ausdruck der innerflorentinischen Machtverhältnisse und damit der im Großen Rat vorherrschenden Mentalitäten. Dort wollte die Mehrheit von der Anbindung an Frankreich einfach nicht lassen, obwohl die Gefahren dieser Allianz und die Verlockungen eines Bündnisses mit dem Papst und Spanien immer deutlicher hervortraten.
    Während diese innere Lähmung voranschritt, wurde Niccolò Machiavelli fast pausenlos auf militärische Missionen im ländlichen Untertanengebiet von Florenz geschickt. Dort hob er Soldaten aus und inspizierte Festungen. Im Frühjahr 1512 war die Republik im Alarmzustand. Aus Rom und Umgebung trafen beunruhigende Nachrichten ein: Die Orsini, die engsten Verbündeten der Medici, machten mobil und planten Überfälle auf florentinisches Territorium. Machiavelli solle die Augen offen halten und alle Truppenbewegungen sofort an die Dieci di Balìa melden. Noch beunruhigender war die Ankündigung Julius’ II., dass er seine Truppen auf dem Weg zur Rückeroberung von Bologna durch florentinisches Gebiet marschieren lassen wolle. Diese Verbände planten keinerlei unfreundliche Akte gegen die Republik, ließ der Papst verlauten, diese könne ganz unbesorgt sein.
    Doch war die florentinische Führungsschicht von dieser Mitteilung aufs Höchste alarmiert, denn in der

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