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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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Anstrengungen auf. Unterschätzte sie das Risiko – oder hatte sie den Glauben an sich verloren?
    Am 22. August 1512 erhielt Machiavelli den Befehl, schleunigst nach Florenz zurückzukehren, wo sich die Ereignisse zu überstürzen drohten. Anfang August hatten sich die Siegermächte Spanien, Venedig und Rom in Mantua getroffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Erwartungsgemäß konnte man sich über sehr wenig verständigen – Allianzen wurden schnell geschlossen und noch rascher wieder aufgelöst. Doch in einem Punkt waren sich alle einig: Florenz hatte Strafe verdient! Mit diesem republikanischen Regime ließ sich keine konstruktive Politik machen. Wer sich uneinsichtig zeigte, obwohl ihm das Wasser bis zum Hals stand, verdiente kein Vertrauen.
    Das war die offizielle Haltung. Doch hinter den Kulissen geriet einiges in Bewegung. Bei seinen Verhandlungen in Spanien hatte Francesco Guicciardini König Ferdinand von Aragon seinen Argumenten gegenüber zugänglicher als erwartet gefunden: Der König, so Guicciardini in seinen Berichten, misstraue den Absichten des Papstes und sei mit dessen Vorgehen gegen den Herzog von Ferrara nicht einverstanden. Auch die neuen Machtverhältnisse in Mailand, wo Massimiliano Sforza als Marionette der Schweizer auf den Thron gehoben wurde, seien nicht in seinem Sinne. Spanien rücke also nur gezwungenermaßen gegen Florenz vor. An einem Umsturz zugunsten der Medici, der nur den Zwecken des Papstes diene, habe Ferdinand in Wirklichkeit kein Interesse. War die Strafexpedition gegen Florenz, die in Mantua beschlossen wurde, also nur ein Täuschungsmanöver?
    Das Unternehmen gegen die unbequeme Republik wurde einem spanisch-päpstlichen Heer unter der Führung des spanischen Vizekönigs von Neapel, Raimondo de Cardona, übertragen. Diese Armee war nicht sonderlich groß und hatte keine starken Kanonen. Florenz hingegen verfügte über einen soliden Mauerring und konnte auch einer längeren Belagerung standhalten. Und dann gab es ja auch noch Machiavellis Miliz. Würden diese Amateur-Soldaten dem Angriff der gefürchteten spanischen Söldner standhalten? Diese näherten sich von Norden und trafen daher zuerst auf die florentinische Untertanenstadt Prato. Piero Soderini, dem alle Räte nochmals das Vertrauen ausgesprochen hatten, ließ jedoch das Gros der Truppen zum Schutz von Florenz sammeln, entblößte also das exponierte Prato. Trotzdem wurde eine erste Attacke gegen den nördlichen Vorposten zurückgeschlagen. Daraufhin bot Cardona an, gegen die Zahlung von 30.000 fiorini abzuziehen. War der erste Sturm nur eine Operation zur Wahrung des Scheins gewesen? Hatte König Ferdinand den Feldzug in Wahrheit bereits abgeblasen, wollte Cardona das Lösegeld für sich herausschlagen? Oder war das Ganze eine Finte der Spanier, hinter der sich militärische Schwäche verbarg? Fest steht, dass Cardona von seinem König die Anweisung erhalten hatte, einen Ausgleich mit der Regierung von Florenz zu suchen, wenn sich die Eroberung der Stadt als schwierig erwies. So spricht vieles dafür, dass das spanische Heer den Feldzug beendet hätte, wenn sich die Florentiner in letzter Minute freigekauft hätten.
    Doch was immer Soderini und sein Beraterstab über die wahren Absichten Cardonas gedacht haben mögen: Sie lehnten diese Erpressung ab. So oft – und nach Machiavellis Ansicht so oft ohne Not – hatte die Republik hohe Summen geboten, um von bewaffneten Konflikten verschont zu bleiben. Dieses eine Mal, als die Zahlung des Lösegelds wahrscheinlich die Rettung verheißen hätte, blieb sie hart. Dafür hatte sie den Preis zu zahlen. Am 29. August 1512 griffen die spanischen Infanteristen Prato ein zweites Mal an, und zwar mit ungleich größerer Wucht. Die Stadt wurde erobert und grausam geplündert; Hunderte von Zivilisten wurden erschlagen, Dutzende von Häusern eingeäschert. Der Schock in Florenz saß tief: Dieses Schicksal wollte man sich um jeden Preis ersparen. Denselben Schluss zog die florentinische Miliz: Nach dem Sacco di Prato zerstreute sie sich in alle Winde. Die Bauernsöhne aus dem Mugello und dem Casentino sahen nicht ein, warum sie sich von diesen Teufeln in Menschengestalt zerfleischen lassen sollten. So titulierte die Spanier der greise Tagebuchschreiber Luca Landucci, der die Plünderung Pratos als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen Gott beklagte. Seine resignierte Schlussfolgerung lautete, Gott habe den Großen Rat gegeben, Gott nehme ihn jetzt wieder

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