Macht (German Edition)
wie übereilt es ist, von unverantwortlicher Macht Gutes zu erwarten. Was in Bezug auf die Macht eigentlich vorgeht, fasst Eugene Lyons folgendermaßen zusammen:
»Der auf die Spitze getriebene Absolutismus bedeutet Hunderttausende, ja Millionen von großen und kleinen Autokraten in einem Staat, der das Monopol über alle Lebens-und Ausdrucksformen, über Arbeit und Vergnügen, Belohnungen und Strafen besitzt. Eine zentralisierte autokratische Herrschaft muss durch eine menschliche Maschinerie dazu delegierter Autoritäten funktionieren, eine Pyramide abgestuften Beamtentums, bei der jede Reihe die oberen zu tragen und auf den unteren zu lasten hat. Wenn hier nicht eine wirklich demokratische Kontrolle und eine Legalität, der jeder unterworfen ist, selbst die Gesalbten des Herrn, bremsend eingreifen, wird die Machtmaschine eine Maschine der Unterdrückung. Wo es nur einen Unternehmer, nämlich den Staat, gibt, ist Unterwürfigkeit das erste Gesetz des wirtschaftlichen Weiterlebens. Wo die gleiche Gruppe von Beamten die schreckliche Macht ausübt, die mit geheimer Verhaftung und Strafe, dem Raub von Rechten, Einstellung und Entlassung, Zuweisung von Lebensmitteln und Wohnraum verbunden ist, kann nur ein Idiot oder jemand mit einem perversen Geschmack am Martyrium auf die Idee kommen, ihnen nicht den Kotau zu erweisen.« (28)
Wenn die Machtkonzentration in einer einzelnen Organisation –dem Staat – die Nachteile des Despotismus nicht in extremer Form hervorbringen soll, so ist es notwendig, dass die Macht innerhalb dieser Organisation weit verteilt sein muss und dass untergeordnete Gruppen über ein großes Maß von Autonomie verfügen. Ohne Demokratie und Schutz vor außergesetzlicher Strafe ist die Verschmelzung von wirtschaftlicher und politischer Macht nur ein neues und entsetzenerregendes Instrument der Tyrannei. In Russland ist ein Bauer in einer Kollektivwirtschaft, der ein wenig von dem Korn nimmt, das er selbst angebaut hat, der Todesstrafe verfallen. Dieses Gesetz wurde zu einer Zeit erlassen, als Millionen Bauern an Hunger und Krankheit starben, während einer Hungersnot, die die Regierung bewusst nicht mildern wollte. (29)
3. Ich komme nun zu den für die Zähmung der Macht notwendigen Propagandabedingungen. Es ist klar, dass die Veröffentlichung von Beschwerden ermöglicht werden muss; Propaganda muss frei sein, vorausgesetzt, dass sie nicht zum Bruch der Gesetze auffordert; es muss Wege und Mittel geben, um Beamten beizukommen, die ihre Machtbefugnisse überschreiten oder missbrauchen. Die Regierung des Tages darf nicht in der Lage sein, ihre Permanenz durch Einschüchterung, Fälschung der Wahlregister oder ähnliche Methoden zu sichern. Es darf weder offizielle noch inoffizielle Strafen für irgendeine wohlbegründete Kritik an Prominenten geben.
In dieser Hinsicht wird gegenwärtig viel durch die Regierung von Parteien in demokratischen Ländern erreicht, wo die an der Macht befindlichen Politiker der feindseligen Kritik der Hälfte des Volkes ausgesetzt sind. Das macht ihnen unmöglich, viele Verbrechen zu begehen, die sie sonst vielleicht begehen würden.
All dies ist wichtiger, wenn der Staat das Monopol der wirtschaftlichen Macht hat als unter dem Kapitalismus, denn die Macht des Staates wird gewaltig erweitert sein. Betrachten wir einen konkreten Fall: den Fall von Frauen in öffentlichen Ämtern. Sie haben gegenwärtig einen Grund zur Klage, weil sie niedriger bezahlt sind als die Männer. Sie haben gesetzliche Mittel, ihre Klage vorzubringen, und es wäre nicht gut, sie zu bestrafen, weil sie von diesen Mitteln Gebrauch machen. Es gibt durchaus keinen Grund zu der Annahme, dass die gegenwärtige Ungleichheit notwendigerweise mit der Einführung des Sozialismus aufhören würde, dagegen gäbe es keine Mittel mehr, ihr entgegenzutreten, sofern man nicht für gerade diese Fälle Vorsorge treffen würde. Zeitungen und Druckerpressen würden alle der Regierung gehören und würden nur drucken, was die Regierung anordnet. Kann man mit Sicherheit annehmen, dass die Regierung Angriffe auf ihre eigene Politik drucken würde? Wenn nicht, dann gäbe es keine Mittel der politischen Propaganda durch den Druck. Öffentliche Versammlungen würden genau so schwierig sein, denn die Säle würden alle der Regierung gehören. Wenn man nicht sorgfältige Maßnahmen zum ausdrücklichen Zweck der Gewährleistung der politischen Freiheit träfe, gäbe es also keine Möglichkeit, Klagen vorzubringen, und
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