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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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erhoben. All diese Variablen werden dann statistisch miteinander in Beziehung gesetzt. Die statistische Beziehung wird nach der Analyse in Form von bestimmten statistischen Kennwerten ausgedrückt. Ein gebräuchliches Maß ist der Korrelationskoeffizient, der bei einem perfekten positiven Zusammenhang den Wert 1 annimmt. Ein Korrelationskoeffizient von 1 indiziert, dass hohe Werte in einer Variable perfekt mit hohen Werten in der anderen Variable einhergehen. In der Regel sind die Korrelationskoeffizienten allerdings, auch wenn starke Zusammenhänge bestehen, eher kleiner als 1, meistens weil noch andere Einflüsse wichtig sind oder weil eine Reihe von kaum zu vermeidenden Messfehlern vorliegt. Die mit diesem Untersuchungsansatz durchgeführten Studien kommen mehrheitlich zu dem Schluss, dass ein positiver Zusammenhang zwischen musikalischer Begabung und verschiedenen Schulleistungen inklusive Rechenleistungen besteht (Vaughn, 2000). Allerdings muss erwähnt werden, dass ein großer Teil dieser Arbeiten in eher mäßig akzeptierten Zeitschriften erschienen ist. Insofern kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige Arbeiten nicht die üblichen Kriterien für gute wissenschaftliche Arbeiten erfüllen.
    Ein Problem von Korrelationsstudien (und Quasiexperimenten) besteht darin, dass zwar statistische Zusammenhänge aufgedeckt werden können, diese aber nicht zwingend etwas über die Gründe möglicher Unterschiede aussagen. Des Weiteren ist bei Korrelationsstudien immer zu bedenken, dass die erzielten Korrelationen immer von der Zusammensetzung der gewählten Stichprobe abhängen. In gewisser Weise muss man, um vernünftige Aussagen machen zu können, eine Stichprobe wählen, die sich hinsichtlich vieler sozioökonomischer Variablen sehr ähnlich ist und sich lediglich im Hinblick auf die relevanten Musikkennwerte unterscheidet. Man muss auch vermeiden, Extremgruppen zu untersuchen. Ein typisches Beispiel konnte ich in meiner Zeit als Professor an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg feststellen. Mein Kollege Wolfgang Lehmann hat sich dort insbesondere mit mathematisch begabten Kindern auseinandergesetzt. In Magdeburggab es ein Mathematikgymnasium, an dem nur Schulkinder mit besonders guten Mathematikleistungen aufgenommen wurden. Für die Auswahl dieser Kinder hatte mein Kollege entsprechende Auswahltests konstruiert und bei der Testkonstruktion auch andere psychische Leistungskennwerte erhoben (z.B. die Intelligenz und räumliche Problemlösefähigkeiten). Neben diesem Mathematikgymnasium hat er auch die Schüler von «normalen» Gymnasien und eines Musikgymnasiums mit ähnlichen Tests untersucht. Wenn man die Daten aller Schüler mit entsprechenden statistischen Tests untersuchte, dann bestand natürlich kein Zusammenhang zwischen Musikleistungen oder Musikbegabungen und Rechenleistungen. Das liegt einfach daran, weil die Schüler des Mathematikgymnasiums einfach viel besser in Rechenaufgaben sind, als Kinder anderer Gymnasien. Gerade die Kinder des Musikgymnasiums erbrachten insgesamt schlechtere Rechenleistungen. Man wird also nie einfach durch das Spielen eines Musikinstrumentes besser und schneller addieren oder gar Differenzialrechnungen lösen können. Man benötigt immer auch Training und den damit verbundenen Erwerb von Rechenkenntnissen (wir nennen das Expertise). Schüler des Mathematikgymnasiums werden vielmehr Mathematik trainieren und deshalb eine besondere Expertise für dieses Fach entwickeln. Insofern werden sie in der Regel in Rechentests immer besser abschneiden als Schüler, die solche Aufgaben seltener trainieren. Musikschüler werden demzufolge in der Regel den Schülern vom Mathematikgymnasium immer unterlegen bleiben. Im Übrigen erleichtert zwar eine bestimmte Begabung den Erwerb von Wissen in bestimmten anderen Gebieten, Training und Üben sind aber immer wichtig. Um diesem «Problem» für solche Studien zu entgehen, ist es demzufolge wichtig, die Stichproben entsprechend zusammenzusetzen.
    Eine in diesem Zusammenhang interessante Arbeit haben Vincent Schmithorst und Scott Holland von der Cincinnatti University publiziert (Schmithorst und Holland, 2004). Sie haben mittels moderner bildgebender Verfahren bei 15 erwachsenen Versuchspersonen die Hirnaktivität während des Lösens von einfachen Mathematikaufgaben gemessen. Es handelte sich bei den Mathematikaufgaben um

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