Macht nichts, Darling
Simon zum zweitenmal in kurzer Zeit übel mitgespielt worden.
Die Hitze im Zimmer war nicht mehr auszuhalten. Sie mußte sich ein paar Minuten lang draußen abkühlen und ihre Gedanken sammeln. Sie mußte allein sein, bis der unverständliche Aufruhr ihrer Gefühle sich legte. Gerade bot sich eine gute Gelegenheit, denn die andern wollten tanzen und begannen den Teppich aufzurollen, was für Alister natürlich ein Signal war, sich wie ein Klotz mitten daraufzusetzen. Trevor verscheuchte ihn mit dem üblichen Kosewort »verdammter Hund«, und Alister trottete beleidigt zu Sally, die mit ihm in den Garten entschlüpfte. Es war kalt draußen, aber Sally merkte es nicht. Sie setzte sich auf einen der lustigen kleinen Gartenstühle, und Alister legte ihr beide Pfoten auf die Knie und sah fragend zu ihr auf. Und plötzlich legte sie aufschluchzend die Arme um seinen Hals und drückte ihr Gesicht an das glänzende schwarze Fell.
Doch nach kurzer Zeit fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter und hörte Simon sagen:
»Nicht weinen, Sally.«
»Ich kann’s einfach nicht fassen!« stieß sie undeutlich hervor.
Er beugte sich tiefer zu ihr und sagte ungewohnt sanft: »Ich weiß, wie dir zumute ist. Du tust mir scheußlich leid, aber... Kopf hoch! Hugh hat sich ekelhaft benommen, aber er war sowieso nicht gut genug für dich.«
Sally hob verblüfft den Kopf und starrte ihn durch das Halbdunkel an. »Hugh... Warum schimpfst du denn auf den? Was hat er denn verbrochen? Ach so, natürlich bist du ihm gram, weil er dir das Mädchen ausgespannt hat. Ich muß sagen, ich verstehe Carols Verhalten noch weniger.«
Hierauf herrschte längere Zeit Stille. Dann sagte Simon in sehr merkwürdigem Ton: »Laß endlich das schwarze Viech los«, und als Sally sich nur noch fester an Alister klammerte, löste er mit Gewalt ihre Arme und gab Alister einen Schubs, auf den dieser zum erstenmal in seinem Leben mit einem gedämpften Knurren reagierte. »Wie kannst du nur?« fragte Sally unwillig. »Er hat mich so schön getröstet!«
Aber Alister wußte, wann er unerwünscht war. Er drehte beiden den Rücken und schritt in königlicher Haltung davon. Simon nahm Sallys Hände und fragte: »Warum hast du geweint? Du hast Hugh sehr gern gehabt, nicht wahr? Und seine Verlobung war gewissermaßen ein Schlag für dich?«
»Sei nicht so albern«, erwiderte sie lebhaft und versuchte ihm ihre Hände zu entziehen. »Natürlich hab’ ich Hugh ganz gern — aber nicht soo. Ich habe deinetwegen geheult... und aus Müdigkeit und so weiter... Du hast in letzter Zeit wirklich viel schlucken müssen. Erst Elizabeth Gray und nun Caroline.«
»Was hat denn Elizabeth damit zu tun, zum Donnerwetter? Oder Caroline? Was phantasierst du da wieder zusammen?«
Seine Worte hatten eine seltsame Wirkung auf Sally: Ihr Herz, das seit langem immer schwerer und schwerer geworden war, wurde plötzlich leicht wie ein Vogel. »Aber-«, stammelte sie, »du warst doch in Caroline verliebt? Ich... ich hab’s ganz sicher geglaubt!«
»Würdest du mir bitte mal mitteilen, wieso? Aus welchen Anzeichen könntest du entnommen haben, daß ich in Caroline verliebt bin?«
»Jaa...«, murmelte Sally gedehnt, zwischen Beschämung und Seligkeit hin und her gerissen, »du hattest dich doch gleich so gut mit ihr verstanden und warst furchtbar lange mit ihr allein, um das Pferd anzusehen, und dann hab’ ich euch in eifrigem Gespräch in der Stadt gesehen, als ich Archie zum Flugplatz gebracht hatte, und dann... dann war noch der Abend, als du mit ihr ins Kino wolltest.«
»Ins Kino? Nie im Leben bin ich mit Caroline im Kino gewesen. An dem bewußten Abend fuhr ich mit Mr. Ford und seiner Frau hin und wollte dich noch dazuholen, und nachher mußte ich mir eine Entschuldigung aus den Fingern saugen, warum du nicht gekonnt hättest... Was die Begegnung in der Stadt betrifft, so sprachen wir über das Pferd, das sie kaufen will. Es war purer Zufall. Irgend etwas dagegen einzuwenden?«
»Sei nicht so eklig. Du kannst dich selbstverständlich treffen, mit wem du willst. Ich ärgere mich nur, weil du dachtest, ich heule um Hugh, während ich nur deinetwegen geheult habe... Himmel, was für ein Durcheinander!«
»Und wer ist an dem ganzen Durcheinander schuld?« fragte Simon streng. »Wer hat unsere Scheinverlobung eingefädelt und mich dann an jedes Mädchen verheiraten wollen, das auf der Bildfläche erschien, während ich doch nur ein einziges wollte... Und wer wollte zweihundert Meilen
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