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macht Urlaub

macht Urlaub

Titel: macht Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Farrell reichte Mrs. Pollifax den Schlüssel und hielt das Seidenpapier ans Licht. Beide studierten es.
»Arabisch«, meinte sie. »Die Worte zumindest. Die Striche bilden ein Diagramm, oder ist es eine Karte?«
»Eine Einkaufsliste ganz bestimmt nicht, Herzogin. Aber weiß der Himmel, was es tatsächlich is t.«
»Der Himmel und Mr. Nayef, der es offensichtlich zurückhaben will«, lamentierte Mrs. Pollifax und seufzte. »Ich hätte in der Pennerin-Verkleidung reisen sollen, dann hätte er keinen solchen miesen Trick gewagt.« Sie dachte stirnrunzelnd darüber nach. »Finden Sie nicht auch, Farrell, daß der Zoll diese Schnitzerei nie für verdächtig gehalten hätte? Ich glaube, es war Mr. Nayef selbst, der sich nicht traute, durch den Zoll zu gehen.«
»Persona non grata, meinen Sie?« Farrell verzog das Gesicht. »Was machen wir jetzt mit diesem Diagramm und dem Schlüssel? Ich brauche Komplikationen ebenso dringend wie ein Loch im Kopf, Herzogin.«
Ironisch entgegnete sie: »Ich glaube, wir haben bereits unsere Komplikationen, Farrell. Es ist reiner Zufall, daß ich heute morgen die Schnitzerei in der Briefpapierschachtel in den Rucksack gesteckt habe. Aber glauben Sie denn wirklich, daß sie die Suche aufgeben werden, nur weil sie sie heute nicht finden konnten?«
»Darauf würde ich nicht wetten«, erwiderte er trocken. »Ich wünschte, wir könnten die arabischen Worte auf diesem Diagramm übersetzen lassen, damit wir wissen, worum zum Teufel es eigentlich geht.«
»Sollen wir Josef bitten?«
Farrell bedachte sie mit einem tadelnden Blick. »Das ist nicht unbedingt ratsam. Wir wissen nichts über ihn - und er nichts über uns. Leider wäre die vernünftigste Lösung, alles zur Polizei zu bringen, aber ich fürchte, dann kämen wir morgen nicht rechtzeitig zur Festung Karak. Wir würden von einer Instanz an die nächste weitergereicht und für mich ist Ibrahim wichtiger als alles andere.«
»Sie haben natürlich recht«, pflichtete ihm Mrs. Pollifax mit einem Seufzer bei. »Ich trage Cyrus' Geldgürtel, wie wär's, wenn ich inzwischen den Schlüssel und das Diagramm zu meinen Reiseschecks stecke?« Farrell nickte. »Eine gute Idee, jedenfalls fürs erste.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Als allererstes tauschen wir unsere Zimmer«, bestimmte Farrell. »Wenn es diesen Burschen einmal glückte, in dieses Zimmer zu gelangen, schaffen sie es auch noch öfter. Sie werden also in Zimmer 310 umziehen, Herzogin. Zimmer 308 ist nicht mehr sicher.«
»Farrell!« protestierte sie.
»Ich bestehe darauf! Packen Sie Ihren Koffer. Ich bringe schon mal Ihren Rucksack und die Reisetasche ins andere Zimmer. Josef und seine Schwester sind vermutlich schon im Foyer, und wir möchten sie doch nicht warten lassen.« Unwillig stopfte Mrs. Pollifax ihre Sachen in den Koffer und trug ihn zum Zimmer 310. Farrell packte rasch sein eigenes Zeug, sie tauschten die Schlüssel, und nachdem Farrell seinen Koffe r nach 308 gebracht hatte, gingen sie zum Aufzug. Die zerlegte Urnengrab-Miniatur blieb unter dem Kopfkissen in 308 zurück, während der geheimnisvolle Schlüssel und das nicht weniger geheimnisvolle Diagramm sicher in dem Geldgürtel verstaut waren, den Mrs. Pollifax um die Taille trug.

5
    Mrs. Pollifax bedauerte bereits, Josef und seine Schwester Hanan so spontan zum Abendessen eingeladen zu haben. Die letzte Stunde war ziemlich beunruhigend gewesen. Eigentlich wollte sie sich beim Hoteldirektor empört über den Einbruch in ihr Zimmer beschweren, aber da nichts gestohlen worden war, hätte das nur ein merkwürdiges Licht auf sie geworfen. Sie war auch entsetzlich wütend über Mr. Nayef, der sie so unverschämt benutzt hatte, so daß sie nun vielleicht zur Last für Farrell würde. Dabei hatte Farrell sie nur zur ›Tarnung‹ mitgenommen und sicher nicht mit derartigen Störungen gerechnet.
    Ihre Laune besserte sich jedoch, als sie Josef und seine Schwester im Foyer auf sie warten sah. Auch wenn ihre Laune sehr verbesserungs fähig blieb, sah sie erleichtert eine neue Ablenkung, die sie den Einbruch in ihr Zimmer für eine Weile vergessen ließ, nämlich Hanan. Die elfjährige Hanan stand kerzengerade neben ihrem viel größeren Bruder, keineswegs verlegen zwischen den gutgekleideten Touristen. Sie trug ein traditionelles, langes, unförmiges braunes Gewand, das von einem weißen Chiffonschal um die Schulter ein wenig belebt wurde. Doch statt der üblichen Sandalen - Mrs. Pollifax traute ihren Augen nicht - trug sie ein

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