macht Urlaub
Touristen verkauft werden. Er wollte, daß ich eines kaufe, zeigte mir soga r eins aus seinem Aktenkoffer, eine Schnitzerei des Urnengrabes von Petra, und bot es mir zum halben üblichen Verkaufspreis an, aber ich lehnte es ab.«
Farrell seufzte. »Ich verstehe zwar Ihre Worte, komme aber trotzdem nicht mit.«
»Das liegt daran, daß Sie nicht gesehen haben, was ich gestern abend in meiner Reisetasche entdeckte.« Sie nahm ihren Rucksack ab, öffnete den Reißverschluß, holte ihre Briefpapierschachtel heraus und reichte ihm die Schnitzerei. »Er muß das Ding in meine Tasche geschmuggelt haben, während ich im Waschraum war. Als ich gestern meine Sachen auspackte, war ich nahe daran, es wegzuwerfen. Es ist jedenfalls das Stück, das er mir verkaufen wollte... Ich dachte, er hätte es mir verehrt.«
»Hmmm«, murmelte Farrell. »Dachte er, Sie reisten allein?«
Sie versuchte sich das Gespräch im Flugzeug ins Gedächtnis zu rufen. Es schien ihr so lange her zu sein. »Er fragte mich, ob ich zu der Touristengruppe gehörte, die so laut war - erinnern Sie sich an sie? Ich verneinte...« Sie runzelte die Stirn. »Ja, und dann fragte er, ob ich Bekannte in Jordanien hätte. Als ich auch das verneinte, sagte er, wie mutig wir Amerikanerinnen doch seien und wie frei.«
»Naive, alleinreisende Touristin... Großer Gott, Herzogin, wo sind Sie da wieder hineingeraten? Schö n und gut, es für ein Geschenk zu halten, aber mir scheint es wahrscheinlicher, daß er sich da etwas von Ihnen schmuggeln ließ. Der älteste Schmugglertrick, den man kennt.«
»Aber was? Und wie?« fragte sie. »Drogen? Diamanten? Es ist doch nur eine nicht einmal zwanzig Zentimeter große Schnitzerei, wie könnte da etwas...«
Stirnrunzelnd unterbrach Farrell sie. »Rekapitulieren wir, Herzogin. Er redete etwa ein bis zwei Stunden; sie aßen nebeneinander zu Abend; dann gingen Sie in den Waschraum, aber Ihre Reisetasche nahmen Sie nicht mit?«
Sie nickte. »Ja, nachdem ich den Kulturbeutel herausgenommen hatte, mit Zahnpasta, Feuchtigkeitscreme, Waschlappen, Zahnbürste...«
»Und Sie waren lange genug weg, daß er das Ding verstecken konnte?«
Reuevoll erklärte sie: »Das dürfte nicht mehr als eine Minute gedauert haben; er brauchte sich nur zu meiner Tasche hinunterzubeugen, den Reißverschluß zu öffnen, die Schnitzerei ganz nach unten zu schieben und den Reißverschluß wieder zuzuziehen. Dann hatte er noch genug Zeit, sich wieder den Kopfhörer aufzusetzen und zu tun, als würde er sich den Film ansehen.« Verärgert fügte sie hinzu: »Und dann stieg er in Amsterdam aus.«
»Ja«, Farrell nickte, »das gab ihm genügend Zeit, in Amman anzurufen oder dorthin zu faxen und jemandem Ihre Beschreibung und Ihren Namen zu geben. Danach nahm sich dieser Jemand jedes 3-und 4-Sterne-Hotel in der Stadt vor, um herauszufinden, wo Sie abgestiegen waren.«
Trocken sagte sie: »Wer immer dieser Jemand ist, muß überrascht gewesen sein, daß ich doch nicht allein reise.«
Farrell nickte. »Was bedauerlicherweise auch mich ins Spiel bringt. Schauen wir uns dieses Ding an, Herzogin, ich meine, wirklich gründlich.«
Sie reichte ihm das Reiseandenken, und er trug es ans Fenster. »Eigentlich eine recht hübsche Schnitzerei, trotzdem sieht das Ganze irgendwie billig aus.« Sie nickte. »Das liegt aber nur an der billigen, unbehandelten Sperrholzplatte, auf der sie befestigt ist.«
»Das Sperrholz, ja... das meines Erachtens gut sechs bis sieben Millimeter dick ist.« Er hielt es näher ans Licht. »Also das ist verdächtig, Herzogin, sehen Sie es sich an! Da ist eine kaum sichtbare Linie, die bedeuten kann, daß zwei Sperrholzplatten gleicher Größe zusammengeleimt sind.«
»Dann ist es höchste Zeit, daß wir feststellen, was ich da durch den Zoll nach Jordanien geschmuggelt habe«, sagte sie scharf. »Besitzen Sie ein Taschenmesser, oder sollen wir das Ding gegen die Wand schlagen und hoffen, daß es auseinanderbricht?«
»Ich habe ein Taschenmesser an meinem Schlüsselbund.« Er griff in seine Hosentasche, holte es heraus und schob die Messerspitze an einem Ende in die Linie im Holz, dann am anderen und schließlich in der Mitte. »Nur am Rand geleimt«, stellte er fest. Als er die zwei Holzplatten auseinandergestemmt hatte, starrten sie auf das, was dazwischen lag. »Wenigstens keine Diamanten und auch keine Drogen«, sagte Farrell. In der Mitte war das Sperrholz ausgehöhlt, gerade tief genug für einen in feines Seidenpapier gewickelten Schlüssel.
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