macht Urlaub
einer Burg gekocht, geschlafen und
gewohnt hatten. Aber hier waren sie in Sicherheit, dachte sie. Ja,
das zumindest, mit einer ganzen Streitmacht - mit
Plattenpanzern und gefütterten Wämsern, fügte sie vergnügt
hinzu -, bereit, auf ihre Streitrosse zu steigen und ihre
Schlachten zu schlagen. »Sind wir die einzigen hier?«
Waghalsig beugte sie sich über die niedrige Brüstung und
blickte zu Josefs Wagen hinunter.
»Es ist noch früh«, gab Farrell zu bedenken und holte ein
Skizzenbuch und einen Stift aus seiner Jackentasche. Mrs.
Pollifax schüttelte ihren Rucksack ab und kramte nach ihrem
Pullover. Josef beeilte sich, ihr behilflich zu sein, und ihr wurde
bewußt, was für ein langweiliger Vormittag das für ihn werden
würde. Außer, natürlich, Ibrahim würde schon bald kommen.
Sie erinnerte sich an das Briefpapier, das sie mitgenommen
hatte, damit sie Cyrus endlich schreiben konnte. Aber Josef tat
ihr leid, und außerdem fand sie es momentan auch interessanter,
etwas über Jordanien zu erfahren.
»Wo haben Sie studiert?« Sie setzte sich auf den von der
Sonne gewärmten Boden des Simses.
»Auf der Universität von Jordanien in Amman.« Er setzte sich
erfreut neben sie. »Als meine Familie die Wüste verließ...« »Die Wüste verließ?«
Er nickte. »Ja, wir sind Bedu.« Er bemerkte ihren
verständnislosen Blick. »Beduinen. Mein Großvater lebt heute
noch in einem Zelt. Die Stadt ist nichts für ihn. Er kommt zwar
hin und wieder nach Amman, aber er kann in einem Haus nicht
schlafen, also besuchen wir ihn in der Wüste. Es tut uns gut.« »Ja, vermutlich. Sie war gespannt »Aber Ihr Vater - er zog in
die Stadt?«
»Mein Vater ist Teppichhändler. Er verkauft
Beduinenteppiche im Suk. Es gibt keine hoche Bildung in der
Wüste, wissen Sie...«
»Hoche?« wiederholte sie lächelnd.
Er lachte. »Habe ich das falsche Wort benutzt? Von der
Wüste kann man viel lernen - dafür ist meine Schwester Hanan
ein Beweis -, aber mein Vater wollte, daß seine Kinder jetzt
weiß ich, wie es heißt - eine gute Schulbildung bekommen.«
Stolz fügte er hinzu: »Ich habe einen Bruder in der Armee, einen
anderen bei der Polizei, eine Schwester, die Lehrerin ist, dann
komme ich - und dann Hanan.« Er grinste.
»Hanan?«
»Meine kleine Schwester.« Sein Grinsen wurde breiter. »Sie
möchte, daß ich Sie frage, ob Sie im Wilden Westen waren und
etwas gesehen haben, das Roado heißt«
»Rodeo?«
»Ja.« Er lachte. »Hanans großer Traum ist ein eigenes Pferd.
Sie ist erst elf, ein Nachzügler - und sie ist eine echte Bedu, eine
Wilde. Wie sagt man in Amerika dazu - Wildkatze?« »Wildfang«, korrigierte Mrs. Pollifax lächelnd. »Danke, ja.
Sie ist die Freude meines Großvaters, denn sie ist genauso wild
und störrisch wie er. Sie liebt die Wüste und verbringt dort jede
freie Minute. Ich glaube nicht, daß je ein Mann sie zähmen
kann, außer vielleicht jemand wie Großvater, weil sie genau so einen unbeugsamen Willen hat wie er, und mein Großvater sagt
von ihr ›Wellahi hadha, beduwi!‹«
» Was heißt das?«
Er lachte. »›Bei Gott, sie ist ein echter Beduine!‹ „ »Welch ungewöhnliche Familie«, murmelte Mrs. Pollifax. Sie
wandte sich an Farrell, der auf der Brüstung saß und zeichnete:
»Ich finde, wir sollten Josef und seine Schwester für heute
abend zum Dinner im Hotel einladen. Ich würde sie gern
kennenlernen.«
»Damit sie Sie persönlich fragen kann, ob Sie schon einmal
ein Rodeo besucht haben?« scherzte Farrell. »Ich habe zugehört
und hätte auch nichts dagegen, die Kleine kennenzulernen.«
Stirnrunzelnd wandte er sich ihnen zu. »Aber ich dachte, Frauen
und Kinder würden im Nahen Osten - äh - von der Außenwelt
abgeschlossen. Sie müßten zu Hause bleiben. Das war doch so,
oder nicht?«
»Oh ja«, bestätigte Josef, »aber der Krieg von 1979 hat viel
verändert, wissen Sie. Die Männer mußten weg, um zu kämpfen,
und die Frauen wurden bei der Polizei und der Armee gebraucht.
Viele sind immer noch bei der Polizei; aber Sie werden auch
einige verschleierte Frauen sehen. Die Fundamentalisten sind
sehr streng, doch wir - wir sind Bedu.«
Nachdenklich sagte Mrs. Pollifax: »Stimmt, in Amman habe
ich nur zwei oder drei verschleierte Frauen gesehen.« »In ländlichen Gegenden werden Sie Frauen mit sehr langen,
dichten Schleiern sehen, die man Burqa nennt.« Josef seufzte.
»Wir sind ein so kleines Land mit einem. König, der viele
Krisen und Anschläge überlebt hat, und jetzt gibt es viel, viel
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