Madam Baeurin
hottöh!«
Der Großvater schaut ihr lachend nach.
Die Großmutter aber murmelt etwas von »frechem Stadtgesindel« und strickt dazu, daß die Nadeln klappern.
Inzwischen kommt der Ochsenbub beladen mit Bier und Brot aus dem Haus und denkt, er könne seine Last schön auf den Wagen tun und sich selber gut dazu. Derweil sieht er aber das Fuhrwerk schon drunten am Feldkreuz um die Ecke biegen und gegen den Bruckmoser Klee zufahren.
Also bleibt ihm nichts anderes übrig, als schwerbepackt hinterdrein zu tappen und sich gleichfalls sein Teil zu denken über die Städtischen.
Rosalie ist's, als hätte sie niemals in ihrem Leben etwas anderes getan als Ochsen geführt. Mit einem Gemisch von Abscheu und Angst denkt sie an die Zeit, da sie als Frau Assessor von Rödern drinnen in der Stadt ihre Tage wird verbringen müssen; da sie in vornehmen Badeorten wird herumstolzieren müssen; da sie nie mehr wird dies sorglose und unbekümmerte Leben führen, nie mehr so wie heute wird fröhlich lachen können.
Doch – noch sind ja die Tage gesunder Lust und fröhlichen Schaffens! Noch kann sie ja lachen!
Noch ist sie ja ein freies Geschöpf unseres Herrgotts, das sich noch freuen darf über seinen Sonnenschein und an seiner Welt!
Eine große Lustigkeit überkommt sie, und sie begrüßt Franz, der mit einer Dirn den frischgemähten Klee zum Auflegen häuft, sehr munter und herzlich.
»Gell, da schaust, Franzl!« ruft sie, indem sie vom Wagen springt. »Auf
den
Ochsenbubn hast gar nimmer denkt ghabt!«
»Aber er is mir liaber wia der ander!« erwidert dieser lachend. »Und wenn i a Stadtherr waar, nachher müaßt i no an schlechtn Witz macha: Da möcht i aa a Ochs sei, bal i an solchen Knecht kriagat!«
Rosalie droht ihm mit der Geißel.
Dabei aber fährt ihr doch eine flammende Röte übers Gesicht; besonders, da Franz sie auf Ja und Nein bei den
Hüften faßt, in die Höhe hebt und mit seltsamem Lachen wieder auf den Boden stellt.
»Du bist scho a sakrisches Luadamadl!« sagt er heiser.
»Du brachtest an Eiszapfa aa zum Siadn!«
In diesem Augenblick aber trifft ihn beißend ein Hieb mit der Geißel, Rosalie gebietet ihm wütend Schweigen und sagt rauh: »An Klee sollst auflegn!«
Da wendet er sich schnell und verlegen seiner Arbeit zu.
8
Nun sind es bereits vier Tage, daß die Rechtsrätin samt Tochter und Schwägerin auf dem Land ist.
Und da fällt es der alten Dame plötzlich auf, daß Rosaliens Verlobter immer noch nicht geschrieben hat.
Daher fragt sie am Nachmittag erst die Schwägerin und darnach ihre Tochter: »Ist immer noch keine Post da? Daß der Assessor nicht schreibt!«
Worauf Rosalie mit großem Gleichmut erwidert: »Wahrscheinlich, weil er unsere Adress' nicht weiß.«
Die Rätin starrt sie erschrocken an.
»Ja, hast du ihm denn nicht gesagt ...«
»Ich hab ihm gar nichts gesagt!« entgegnet ihr das Mädchen, nun doch errötend.
Die Rätin wird immer erregter.
»Und du hast auch nicht geschrieben ...?«
»Nein. Ich hab keine Zeit gehabt.«
Rosalie ist nicht sehr wohl zumut. Doch verbirgt sie ihre Verlegenheit hinter einer großen Gereiztheit.
»Ich hab überhaupt nicht so viel Zeit, wie du glaubst, Mama!« ruft sie aus. »Ich hab doch wirklich jetzt was anders z'tun, als Liebesbrief zu schreibn! Ich denk, ich muß mich doch in erster Linie – erholen!«
Und damit läuft sie auch schon aus der Stube und hinunter in den Hof.
Des Schiermosers Franz spannt eben ein Fuhrwerk ein.
Rosalie greift sogleich helfend mit an.
»Wo fahrst denn hin, Franzl?«
»In d' Kumpfmühl ums Mehl«, erwidert ihr der Bursch freundlich, »bals di gfreut, derfst mitfahrn!«
»Ob 's mi gfreut! Freili! Gern mag i!«
Und während droben die Rätin erbittert und verzweifelt über die Unart ihrer Tochter Tränen vergießt und sich darnach hinsetzt, um dem Herrn Assessor einen mustergültigen Höflichkeits- und Komplimentierbrief zu schreiben, kutschiert Rosalie scherzend und lachend, ist voller Übermut und tut, als wär' sie die Großbäuerin von weiß Gott woher.
Erst drunten im Marktflecken fällt ihr ein, sie könnte am End doch schnell ihrem Verlobten ein paar Zeilen schreiben.
Darum sagt sie zum Franzl: »Du, i steig ab. I muaß gschwind was bsorgn. I komm darnach scho hintre in d' Mühl.«
Damit springt sie vom Wagen, geht auf die Post und schreibt folgende Karte: »Aus Berganger sendet freundlichen Gruß Rosalie Scheuflein.«
Darnach macht sie sich zufrieden wieder auf den Weg nach der Kumpfmühle.
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