Madam Baeurin
bißl zwider und seltsam, wähn i.«
Dies letzte flüstert er ihr ganz leise ins Ohr, damit es die Rätin und die Schwägerin nicht hören.
Als das Fuhrwerk die Anhöhe erreicht hat und Rosalie Berganger mitsamt dem großmächtigen Schiermoserhof vor sich liegen sieht, da kann sie nicht anders: sie lacht laut auf vor Freude und ruft aus: »Herrgott, Franzl, du kannst dir gar net einbilden, wie i mi freu, daß i wieder da bin! Es ist mir grad, als tät i heimfahrn!«
Da streift sie ein langer Blick des jungen Bauern, und er denkt: »Schad, daß 's a Stadtmadl is. Dees waar a Bäuerin für mi gwen – oane nach dem neuen Schlag – a resche ...«
Und er rückt ganz nahe an sie heran.
6
Rasselnd und polternd fährt das Fuhrwerk über den mit großen Feldsteinen gepflasterten Hof des Schiermoserbauern.
Franz pfeift gellend durch die Finger, springt vom Wagen und hebt Rosalie mit einem Scherzwort herab von ihrem Sitz.
Dann öffnet er den Schlag und ist den Damen behilflich beim Aussteigen.
Dabei aber schielt er alle Augenblicke hinüber zur Haustür, die gegen alle Gewohnheit verschlossen ist.
Nichts rührt sich.
Der Hof scheint ausgestorben oder verlassen zu sein.
Nur die Rösser im Stall stampfen hie und da, die Kühe rasseln mit den Ketten, und die Säue stoßen quiekende Laute aus. Kein Bauer, kein Knecht, keine Dirn und keine Tochter ist zu sehen.
Den scharfen Augen Rosalies aber ist es nicht entgangen, daß sich sowohl drin in der Wohnstube wie auch droben im Austragstüberl der alten Großeltern die bunten Vorhänge ein wenig beiseite geschoben haben und daß sich nun die Gesichter der Schiermoserin und ihrer Mutter ganz nahe an die Scheiben pressen, um die Ankommenden verstohlen betrachten zu können.
Franz hat abermals gepfiffen und entschuldigt sich nun bei den Gästen, daß er sie einen Augenblick hier allein lassen müsse.
»I geh grad schnell durchn Stall ins Haus und mach enk auf!« sagt er verlegen. »D' Muatta is leicht gar in Gottsdeanst ganga mit der Großmuatta. Und der Großvata hört ja nix. – Is 's enk recht, wenn i enk an Weidling voll Milli aufn Tisch bring und an Scherz Brot dazua? Werds leicht hungri sein auf d' Roas auffe!«
Die beiden alten Damen sind so sehr mit ihrem Gepäck beschäftigt, daß sie kaum darauf achten, daß man ihnen hier einen so kalten Willkomm bietet. Rosalie aber weiß Bescheid.
Doch sie ist nicht gewillt, sich zu ärgern oder sich die Zeit ihres Hierweilens durch irgendwelchen unliebsamen Zusammenstoß mit der Schiermoserin zu verbittern. Darum sagt sie mit dem freundlichsten Lächeln gegen die verschlossene Haustür hin: »Is scho recht, Franzl! Mach 's nur, wie d' moanst. Wir machen keine Ansprüch, dees woaßt ja. Aber wenn der Vater oder d' Mutter hoamkommen, nachher sagst mir's. Ich hab ihnen was mitbracht.«
Und damit hilft sie auch schon das Gepäck auf die Hausbank schaffen, die Rosse ausschirren und den Wagen in die Schupfe schieben.
Der Schiermoser hat eben drunten in der Mooswiese mit seinen Leuten das letzte Heu zum Heimführen zusammengehäuft.
Nun geht er gemächlich heimzu.
Da findet er die Sommergäste vor der verschlossenen Haustür, und Franz sagt ihm zähneknirschend, daß von innen abgeschlossen und der Schlüssel abgezogen wär' und daß man weder hinein noch heraus könne.
Und die Rätin beginnt auch bereits über die Unhöflichkeit des Landvolks zu nörgeln.
Aber Tante Adele beeilt sich, dem Schiermoser zu versichern, daß man grad im Augenblick gekommen wär, daß es ja gar nicht eile und daß die Hausfrau wohl nicht allzu lange ausbliebe.
»Oh, wir können leicht warten!« meint sie freundlich. »Uns lauft der Tag alleweil nimmer davon! Setzen wir uns halt derweil alle miteinander auf d' Hausbank hin und erzähln wir uns, wie's gangen hat den Winter!«
Mit diesen Worten setzt sie sich bequem neben ihr Gepäck und lacht dem Schiermoser fröhlich und gutmütig ins Gesicht.
Und Rosalie hat bereits seine schwielige Hand ergriffen, schüttelt sie voller Übermut und sagt: »Ja, Schiermoservater! Laß di grüaßen! Hast es do noch derwarten kinna, bis i kommen bin zum Helfa?«
Und sie zieht den Bauern auf die Bank neben sich.
»Alsdann; geh weiter und hock di a bissl her zu mir! Und erzähl mir epps vom Viech! Wie steht's im Stall? Was macht der Ochs, der Blaß? Und der Handige, der vorigs Jahr krumm ganga is? – Soo, der is geschlagn! Hat er viel Fleisch gebn? Hat'n der Metzger guat zahlt? Und was macht d' Breitmoserin?
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