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Madam Baeurin

Madam Baeurin

Titel: Madam Baeurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Christ
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Standuhr.
    »Wenn's nicht zu lange dauert, meine liebe Adele; – du weißt, das Essen wird bald auf den Tisch kommen!«
    Doch das Fräulein Schwägerin macht eine wegwerfende Handbewegung und meint: »Ah was! Laß es kommen! Ist ohnehin bloß wieder das alte: Grünfutter mit Pomm de Terr! – Ich möcht' wissen, ob du eigentlich schon an die Sommerfrische gedacht hast? Ob du was Bestimmtes im Aug' hast?« Sie setzt sich gemächlich aufs Sofa.
    Die Rechtsrätin nimmt den Kneifer wieder ab und seufzt.
    »Nn ... ja ... das heißt ... ich wollte eigentlich mit Rosalie nach Baden-Baden ... oder sonst in ein Bad ... du verstehst doch, Adele ...«
    Aber das Fräulein versteht durchaus nicht.
    »Ins Bad!« ruft sie aus. »Ins Bad müssen sie! – Jetzt möcht' ich bloß wissen, was die Rosel in einem Bad soll!«
    »Gott, du weißt doch, Adele ... Es ist doch nur, daß Rosalie ...«
    »Einen Mann kriegt! Natürlich! – Und dazu braucht's ein Bad. Ich sag' dir bloß, Schwägerin: Sie sind auch in Bädern nicht zu dick gesät, die Dummen!«
    »Adele!«
    »Na ja, sei nur still! – Wenn einer, der von Haus aus schon was Besonderes ist – der es dann auch noch zu etwas Besserem gebracht hat – also zum Beispiel zu einem Konsul oder einem Attaché oder was dergleichen Herren mehr sind,... ich meine, so einer heiratet kein Fräulein Habenichts. Selbst wenn die Mama des Fräuleins eine ›von‹ Habenichts war!«
    »Aber Adele! Ich verbitte mir dergleichen!«
    »Ja, ja ... Ich weiß schon, daß ich grob bin. Aber ich sehe, daß deine beiden andern Töchter mit ihrer vornehmen Heiraterei nicht gut gefahren sind ...«
    »Sind meine Schwiegersöhne nicht Kavaliere?«
    Die Rechtsrätin steht wie eine Truthenne, der man ein Junges nehmen will, vor der Schwägerin.
    Aber die läßt sich nicht so leicht einschüchtern.
    »Jawohl, Kavaliere«, sagt sie, »das sind sie. Aber wenn ich ein junges, fesches Mädel wär', niemals würde ich mir so einen alten Gecken nehmen, wie deine beiden Herren Schwiegersöhne ein paar sind! Lieber die Frau eines hübschen Handwerkers oder eines jungen Bauern – als die Gemahlin eines solchen Barons!« In diesem Augenblick kommt Rosalie mit den Tellern zur Tür herein und sieht, daß die Mutter ganz grün und gelb ist vor Zorn.
    »Aber Mama!« ruft sie aus. »Aber Tante Adele! – Habt ihr euch schon wieder gezankt!«
    »Leider ja«, erwiderte die Tante, der es doch leid tut, daß sie sich hat fortreißen lassen von ihren Gefühlen.
    »War's wieder meinetwegen?«
    »Allerdings. Deine Mutter möchte dich in ein Bad bringen.«
    Rosalie lacht.
    »Ach ja! Die alte Leier! Einen Goldfisch oder einen Blaufelchen angeln!«
    »Rosalie!«
    Die Rätin schnappt nach Luft.
    Aber ihre Tochter beruhigt sie: »Reg dich doch nicht so auf, Mama! Was redest du denn immer vom Heiraten! Ich denk' doch noch gar nicht daran! – Ich bin doch erst dreiundzwanzig! – Und ich erspar' dir doch eine Köchin, ein Stubenmädchen, eine Jungfer – eine Schneiderin ...«
    »Und wirst alt und grau dabei!« entgegnet ihr die alte Dame.
    Aber die Tante mischt sich abermals ein.
    »Alt und grau!« ruft sie. »Daß ich nicht lach'! Also, Rosel – verstehst – das eine sag' ich dir: Bleib so, wie du bist. Und laß dir deinen Gaul nicht scheu machen! – Und jetzt schlagen wir zwei unsere Sommerfrische vor: Wir gehen wieder nach Berganger zum Schiermoser!«
    Die Rätin wehrt ab: »Nach Berganger! – Ausgeschlossen! Wieder in dies Nest! In dieses ewige Einerlei und zu diesen Bauern!«
    Aber Rosalie meint: »O Mama, ich finde, wir haben uns doch immer sehr wohl gefühlt bei Schiermosers, die Jahre her!«
    Und Fräulein Adele fügt hinzu: »Jawohl. Und gut erholt haben wir uns auch immer. Und das ist doch schließlich der Endzweck einer Sommerfrische – nicht das Heiraten! – Warum soll man dem Mädel die Freude nicht machen, wenn sie gern zu den Leuten geht!«
    Rosalie deckt verlegen und geschäftig den Tisch, indes die beiden Damen sich immer weiter zanken wegen der Sommerfrische. Ihr ist nicht wohl zumut; denn sie haßt diese Auftritte.
    Daher sagt sie auch jetzt einlenkend: »In Gottes Namen, Tante, gehen wir halt nicht nach Berganger, wenn Mama ein so großes Unglück darin sieht.«
    »Das ist es auch!« ruft die Rätin und springt auf. »Oder nennst du es etwa Glück, wenn ich zusehen muß, wie ihr beide verbauert! Besonders Rosalie! Das Mädchen vergißt ja seine ganze Erziehung da draußen! Läuft mit dem Dienstvolk herum und mit

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