Madam Baeurin
wär' und daß ich ihr dann ein bissel was zukommen ließe. Ich kann ihr aber nicht helfen. Ich heirat' noch nicht. Mir gefällt keiner. Vorläufig bleib ich noch bei euch.«
Damit ist die Unterhaltung ins Stocken gekommen, die beiden rühren und kneten, kochen und backen und sorgen also, daß der Ruf des Hauses Scheuflein ein guter bleibe.
Die Rätin aber hat inzwischen eine Mantille aus Spitzen um die Schultern gelegt, setzt das vornehme englische Hütchen auf und trägt nun die Einladungsbriefe, um das Porto zu sparen, selber zu den Adressaten. Eilig und scheu betritt sie überall das Haus, huscht vorsichtig die Treppen hinauf und wirft die Briefe in den Kasten oder steckt sie in den Türspalt. Klopfenden Herzens horcht sie darnach, ob niemand die Stiegen heraufkommt, und eilt endlich, so schnell ihre alten Füße dies vermögen, wieder von dannen.
Bei ihren Töchtern ist es ihr bereits geglückt und beim Assessor gleichfalls. Beim Rittmeister aber öffnet sich gerade in dem Augenblick, da die Rätin das Brieflein in den Kasten stecken will, die Tür, und heraus tritt eine elegante junge Dame, gefolgt vom Rittmeister, der eben fragt: »Hast alles, Schatz? Hast die Handschuh und den Schirm?«
Worauf die Dame sich lachend nach ihm umwendet und sagt: »Mhm. Das heißt: etwas hab ich noch nicht – den versprochenen Kuß ...«
Bumms! Die Tür fliegt noch mal zu, und dahinter ertönt Kichern und Lachen.
Wie gejagt rennt die Rätin die Stiegen hinab; um eine Hoffnung ärmer geht sie nach Hause. Frau Rittmeister wird sie wohl kaum werden, ihre Rosalie ...
Daheim legt sie trüben Sinnes ihre Mantille ab, steckt sich die künstlichen weißen Lockentuffen frisch auf und holt sich eine Handarbeit aus dem Nähtisch.
Ob die Verhältnisse sich bei ihr wohl noch einmal bessern werden?... Draußen in der Küche schlägt Rosalie eben einen Hefeteig fein, da schrillt die Klingel.
»Herrschaftseiten! Grad jetzt, wo ich auf und auf voller Mehl bin!« brummt das erhitzte Mädchen und schüttelt sich die wirren Haare aus der Stirn. »Geh, Tante, magst nicht du aufmachen?«
Adele nickt und bindet schnell die Schürze ab.
»Ich mach schon auf.«
Draußen aber an der Gangtür kommt sie in einige Verlegenheit.
Denn vor ihr steht, angetan mit Gehrock und weißen Handschuhen, in der Linken den Zylinder und in der Rechten einen Fliederstrauß, der Assessor, verbeugt sich fast bis zum Boden und frägt dann nach der Rechtsrätin.
Tante Adele wird schwül zumut.
»Au weh zwick!« denkt sie im stillen. »Das sieht ja schier aus wie eine Brautschau! Jetzt, fürcht' ich, geht's dem armen Mädel doch an den Kragen.«
Laut aber sagt sie: »Gewiß, Herr Assessor, meine Schwägerin ist z' Haus. Bitte, treten S' doch näher!«
Und sie weist ihn mit einem Gemisch von Sorge und Unwillen im Gesicht in den Salon.
Die Rechtsrätin sitzt immer noch grübelnd am Fenster ihres Boudoirs, als die Schwägerin eintritt.
»Herr von Rödern ist da.«
»Ach! Was der wohl will?« Adele räuspert sich unwillig.
»'n Fliederbuschen hat er dabei«, sagt sie rauh; »wegen der Rosel wirds halt sein.« Die Rätin springt auf.
»Was sagst du? Blumen hat er? – Du glaubst, er wollte wirklich? Mein Gott, das wär' ja wunderbar!«
Sie läuft aufgeregt und planlos hin und her.
»Sag, ich komme sofort! Im Augenblick komm ich! Nein! So ein Glück! So ein Glück!«
Die gute alte Dame ist ganz außer sich vor Freude. Kaum vermag sie ihren Spitzenschal um die Schultern zu legen und die Lorgnette gleichgültig in der Hand zu halten, während sie die Tür zum Salon öffnet. Tante Adele aber schleicht betrübt über den Gang und tritt traurig in die Küche.
»Wer ist denn da gewesen, Tante?« Sie überhört Rosels Frage. »Tante Adele! Wer da war, hab' ich gefragt!«
Die alte Dame hört nicht. Sie klappert mit den Hafendeckeln und Tiegeln und werkt mit hochrotem Kopf.
Rosalie weiß nicht, was sie von diesem Benehmen halten soll. Aber sie erhält bald Aufklärung, denn Tante Adele unterbricht plötzlich ihre Arbeit und sagt rauh: »Hör jetzt auf mit deiner Arbeit, Rosel. Besuch ist da für dich.«
»Für mich? Ja, wer denn?«
Sie steht hilflos vor der alten Dame.
»Tante Adele! Du hast was! Sag, wer ist denn da?«
Da bricht's auch schon los, das Gewitter. »Ah was! Dein Herr Zukünftiger! Der Herr Bräutigam! Deiner Frau Mama ihr letzter Strohhalm! Natürlich der Herr Assessor! Da möcht ich schon noch lang fragn! So geschmacklos kann ja bloß der sein,
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