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Madam Baeurin

Madam Baeurin

Titel: Madam Baeurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Christ
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diesem Sohn, dem Franz ...«
    Aber Tante Adele fällt ihr sogleich wieder gereizt ins Wort, und das Ende vom Lied ist, daß die Rätin schließlich doch Ja und Amen sagt und verspricht, daß sie mitreist nach Berganger.
    »Na also!« sagt da die Tante. »Da kannst du ja Schiermosers gleich schreiben. Oder warte: ich mach's gleich selber ...«
    Sie holt eine Postkarte und den Bleistift und schreibt:
    »Liebe Schiermoserleut! Wir kommen nächsten Samstag. Gruß! Adele Scheuflein.«
    »Soo«, sagt sie darauf zufrieden, »und jetzt bring in Gottes Namen deine verdammte Grünkost auf den Tisch, Roserl!«

4

    Es ist also nun bestimmt, daß die Frau Rätin samt Tochter und Schwägerin den Sommer abermals in Berganger verbringen werden.
    Zwar versucht die alte Dame noch einige Male, ihre Zusage in ein Nein zu verwandeln, aber trotz Tränen und Bitten, Wutausbrüchen und Ohnmachten ist es ihr nicht möglich, Tante Adele von dem einmal gefaßten Entschluß abzubringen.
    So bleibt ihr denn nichts weiter übrig, als etliche Taschentücher zu zerreißen, ein paar Tassen zu zertrümmern und darnach seufzend die Koffer zu packen.
    Zwei Tage vor der Abreise aber gibt sie noch einen Abschiedstee für ihre beiden verheirateten Töchter, deren Gatten und einige Freunde des Hauses; freilich sehr zum Ärger der Schwägerin, die solcherlei Dinge als durchaus überflüssig verachtet.
    »Man möcht schon wirklich meinen, eine Polarfahrt stünd uns bevor, so ein Getue hast du!« So brummt sie, als sie die Einladungsbriefe der Rätin liest.
    »Ich erfülle nur meine gesellschaftliche Pflicht!« entgegnet ihr diese spitz.
    »Natürlich! Und vor lauter Pflichterfüllung vergißt du, daß zu solchen Dingen auch Geld notwendig ist! Diese Leute wollen doch auch bewirtet sein!«
    »Werden sie auch!«
    »Aha. Und womit, wenn man fragen darf?«
    Die Rätin springt erregt auf. »Fängst du nun schon wieder an mit deinem trostlosen Schulmeisterkleinkram!«
    Tante Adele steht schmunzelnd vor der kleinen, aufgeregten Frau.
    »Allerdings. Denn dieser Abschiedstee droht wirklich trostlos zu werden!«
    Die Rätin schleudert ihr einen wütenden Blick zu.
    »Wieso?«
    »Weil zu einem solchen Tee etwas mehr gehört als Tassen, Tee und Wasser!«
    »Und wer sagt dir, daß es das nicht gibt, was dazu gehört?«
    »Euer Geldbeutel. Unsere Rosel bat mich bereits gestern um einen kleinen Haushaltszuschuß.«
    Dies ist allerdings bitter für die selbstbewußte Frau. Und für diesmal muß sie die Waffen strecken und um Gnade bitten. »Was? So viel haben wir schon wieder aufgebraucht? Ja, wie ist denn das nur möglich, liebe Adele!«
    Die Schwägerin erwidert achselzuckend: »Kunststück! Deine paar Kröten und dazu die Preise! Was früher eine Gans kostete, das kostet heute schon ein Gericht aus Blumenkohl! Ich weiß nicht, was aus euch werden sollte, wenn nicht meine Kreuzer allemal wieder das Feuer im Herd anzünden würden, sooft's zu verlöschen droht ...«
    Die Rätin nickt.
    »Ja, das ist wahr. Immer wieder bist du da. Immer wieder hilfst du. Aber warte es nur ab, liebe Adele; du erhältst alles wieder zurück. Alles, auf Heller und Pfennig. Laß mich nur machen. Wofür hab ich denn reiche Schwiegersöhne!«
    »Das frag ich mich auch manchmal«, entgegnet ihr die Schwägerin ironisch, »denn viel Profit hast du noch nicht gehabt an ihnen!«
    »Allerdings nicht. Aber das kam daher, weil ich nichts von ihnen wollte, liebe Adele. Ich habe nie etwas angenommen, sooft mir die beiden auch Hilfe anboten.« Sie spielt verlegen mit der Schnur ihres Kneifers, da sie die ungläubige Miene der Schwägerin sieht.
    »Du kannst mir schon glauben, liebe Adele! Soundso oft haben die Mädels gesagt: ›Mama, sollen wir dir was borgen?‹ – Es war ja nicht viel, was sie mir hätten leihen können ...«
    Tante Adele fährt erregt herum.
    »Leihen! Hast du jetzt nicht gesagt ›leihen‹? Die eigenen Töchter! Und dabei sitzt jede schön warm und weich im Flaum! – Liebe Schwägerin, ich will dir was sagen. Laß das mit deinen Schwiegersöhnen. Wir kommen auch ohne Hilfe von dieser Seite durchs Leben. Laß dir nicht hineinschauen in den Geldbeutel. Du schadest damit nicht nur dir, sondern auch den beiden Kindern. Diesmal muß ich dir schon recht geben: Lad sie nur alle zu deinem Abschiedstee. Ich will ihnen schon zeigen, daß bei uns noch lang nicht Matthäi am letzten ist. Lieber heirat' ich selber noch in meinen alten Tagen einen Rothschild! Der Tee soll nichts zu wünschen

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