Maddrax - Folge 367: Techno-Amazonen (German Edition)
handelte.
Anastaasa schaute ihre Begleiterin forschend an. Juules Blicke zeigten Unsicherheit, Angst sogar. Die Amazone mit den stoppelkurzen braunen Haaren war etwas kleiner und kompakter als ihre blonde Freundin und besaß bei weitem nicht deren blendendes Aussehen. Da sie aber von allen Amazonen Beelinns die größte technische Begabung aufwies und darüber hinaus eine fantastische Liebhaberin war, hatte Anastaasa sie zu ihrer Vertrauten und schließlich zu ihrer Lebensgefährtin erkoren.
Anastaasa lächelte Juule an. „Nun komm schon“, sagte sie. „Ich bin sicher, dass dir der Flug gefallen wird. So etwas Fantastisches hast du noch nie erlebt.“
Juule schluckte. „Wenn du es sagst. Aber wenn die Götter gewollt hätten, dass wir fliegen, dann hätten sie uns Flügel gegeben.“
Anastaasa lachte laut und herzlich. „Die göttlichen Flügel stehen direkt vor uns. Sieht unsere Stahltaube nicht unglaublich aus?“
Juule zögerte einen Moment. „Stimmt schon. In den letzten fünf Sommern und Wintern, in denen wir sie zusammen restauriert haben, ist sie mir irgendwie ans Herz gewachsen. Aber Fliegen will ich damit nicht unbedingt. Ich mache es nur deinetwegen.“
„Du wirst mir dankbar sein nach deinem ersten Flug.“
Die große Blonde aus dem Norden verlor sich einen Moment in ihren Gedanken. Vor neun Jahren hatte sie der Bunkerrat aus dem Gustaavs-Bunker im schwedischen Upsalaa geworfen. Ihr war nichts anderes übrig geblieben, als durch die Welt zu ziehen. Im Jahr 2533 hatte sie schließlich Beelinn erreicht und beschlossen, die gigantische Ruinenstadt zu ihrer neuen Heimat zu machen – nicht zuletzt wegen der zahlreichen technischen Artefakte, die sie hier vorfand. Teknikk war schon immer ihr großes Hobby gewesen – sie hatte das technische Genie ihres Vaters geerbt.
Als sie dann im ehemaligen Deutschen Technikmuseum auf die einigermaßen gut erhaltene Jeannin-Stahltaube aus dem Jahr 1914 gestoßen war, war ihr Traum vom Fliegen neu erwacht. Als Kind hatte ihr Vater sie öfters mit in die Lüfte genommen und sie sogar ans Steuer gelassen.
Und nun war es endlich so weit. Die Stahltaube, die sie hatte zerlegen und mit Wakudagespannen auf den ehemaligen Flughafen Berlin-Brandenburg transportieren lassen, war flugfähig. Der Jungfernflug vor einer Woche war problemlos verlaufen und hatte unbeschreibliche Gefühle in ihr ausgelöst. Gefühle, die sie nun mit Juule teilen wollte …
Anastaasa, wie ihre Freundin mit einer eng anliegenden Pilotenkombi bekleidet, reichte Juule ein Headset mit Mundteil. „Setz das auf und wir können während des Flugs miteinander reden.“ Dann schaltete sie ihr eigenes ein und machte eine kurze Sprechprobe.
Berghain kam um die Ecke des Gebäudes. Der riesige Sebezaan fauchte seine Herrin kurz an; er spürte die Anspannung und Aufregung der Frauen. Berghain ging vor dem Gebäude in einem bestimmten Karree auf und ab, als grenze ein unsichtbarer Käfig seinen Bewegungsradius ein. Auch Juules Sebezaan Kurriehwuust tauchte nun auf, hielt sich aber von Berghain fern. Die beiden konnten nicht miteinander, obwohl sie zweierlei Geschlechts waren.
Juule legte Bogen und Köcher ab und befahl Kurriehwuust, die Waffen zu bewachen. Anastaasa legte einen Arm um ihre Freundin und zog sie mit zum Flugzeug. Die Blicke der ehemaligen Techno glitten über das gummierte gelbe Leinengewebe, mit dem der Stahlrohrrumpf bespannt war. Sie hatte die schwarzen Kreuze unter den Flügeln und am Rumpf so belassen, weil ihr die Kombination gefiel. „Wir machen es wie beim letzten Mal“, sagte sie. „Du weißt ja schon, wie’s geht.“
Anastaasa kletterte in die offene Pilotenkanzel zwischen den Tragflächen und checkte kurz die Kontrollen. Als sie den Daumen hob, warf Juule durch Drehen des Holzpropellers den Motor an und entfernte dann die Bremsklötze von den großen Vorder- und kleineren Hinterrädern. Anastaasa, die den satten Sound des Daimler-Sechszylinder-Reihenmotors genoss, sah ihre Freundin zweimal tief durchatmen, dann stieg Juule auf den Beobachtersitz, der sich direkt vor der Pilotenkanzel über dem Benzintank befand.
„Alles klar?“, fragte die Techno über das Headset.
„Ja, alles klar!“, kam es krächzend zurück, während Juule den Sicherheitsgurt anlegte. Dann schaute sie kurz nach hinten, während Anastaasa bereits Gas gab. Die Stahltaube wurde immer schneller, hüpfte über die von den Amazonen ausgebesserte Startbahn und erhob sich schließlich in den
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