Maddrax - Folge 367: Techno-Amazonen (German Edition)
melancholisch grauen Vormittagshimmel. Juule, die gerade noch inbrünstig zu den Göttern gebetet hatte, schrie schrill vor Angst und klammerte sich an den Kanzelrand, während Anastaasa den holperigen Steigflug genoss – trotz der Böen, die das Flugzeug immer wieder seitlich erfassten und es leicht schüttelten.
Erneut wunderte sich Anastaasa über die gewaltigen Ausmaße der ehemaligen Flughafengebäude, die sie unter sich zurückließ. Aus den Computern, die sie teilweise reaktiviert hatte, wusste sie, dass der Flughafen nie offiziell in Betrieb gewesen und lediglich in der chaotischen Zeit kurz vor dem Kometeneinschlag angeflogen worden war. In gut hundertfünfzig Metern Höhe hatte sie bereits einen guten Überblick, wie weitläufig und großartig die Stadt Beelinn vor „Christopher-Floyd“ gewesen sein musste. Jetzt überflog sie hauptsächlich ein Meer aus Trümmern und Ruinen, aus denen überall schwarze Rauchfahnen stiegen. Kolks flogen mit ihnen und beäugten das Flugzeug misstrauisch.
Juule musste sich übergeben. Die Geräusche, die dabei aus Anastaasas Headset drangen, waren ziemlich unschön. Die Techno musste sich eingestehen, dass sie die Umstände unterschätzt hatte. Juule tat ihr leid. Aber da musste sie jetzt durch …
Anastaasa begann am Steuerrad zu drehen. Es kostete sie enorme Kraft, die Seilzüge, die über die Tragflächen gespannt waren, zu bewegen und so die Enden der Tragflächen zu verdrehen. Aber eine Stahltaube bot keine andere Möglichkeit als die der Flügelverwindung, um Kurven fliegen zu können. Ihre Versuche, ein Querruder einzubauen, waren fehlgeschlagen. Dementsprechend schwerfällig reagierte das Flugzeug, aber das störte Anastaasa nicht.
Sie lenkte die Taube über die einstige Innenstadt mit den gewaltigen Hochhausruinen, über eine riesige ehemalige Gladiatorenarena 3 hinweg und weiter in die Randbezirke der Stadt. Juule saß apathisch in ihrem Sitz und atmete schwer. Sie warf keinen Blick über ihre Kanzel hinaus. Nur wenn der Motor etwas unrund lief, schrie sie panisch auf. Anastaasa beruhigte sie über das Headset, indem sie ihr die technischen Vorgänge erklärte.
Die dichte Bebauung ging allmählich in weite, grünbraune Felder und Wälder über. Anastaasa sah die gewundene Schneise einer Otowajii , die in der Ferne am Horizont verschwand. Zahlreiche Autowracks säumten noch immer die ehemalige Autobahn.
Bei einem weiteren Kurvenflug stutzte Anastaasa. Eine steile Falte erschien auf ihrer Stirn. „Was ist das?“, murmelte sie und spürte, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufrichteten.
„Was ist was ?“, gab Juule mit zitternder Stimme zurück. Sie schien nicht mehr nur mit sich selbst beschäftigt zu sein.
„Schau mal nach unten, wenn ich’s dir sage.“
Die Techno legte das Flugzeug wieder gerade. Was sie da eben gesehen hatte, schien ein riesiges Heerlager zu sein. Nun flog sie direkt darauf zu. Um Details zu erkennen, musste sie warten, bis sie genau darüber war, denn nur durch die viereckigen Öffnungen an den Flügelansätzen konnte sie den Bereich unter dem Flugzeug beobachten.
Gleich darauf brummte die Stahltaube über das Lager. „Jetzt“, sagte Anastaasa und Juule beugte sich über den Kanzelrand.
Tatsächlich – ein Heerlager. Anastaasa bemerkte Hunderte bunter Zelte mit Wimpeln und Standarten und Männer in schwarzem Leder und orangefarbenen Roben. Sie liefen zusammen und deuteten aufgeregt zu ihnen hoch.
„Was wollen die hier?“, rief Juule und drehte sich zu Anastaasa um.
„Wenn ich das wüsste.“
Ein dumpfer Schlag. Noch einer. Im nächsten Moment umschwirrte ein Pfeilhagel die Stahltaube. Die Frauen schrien auf. Während die meisten Pfeile zur Erde zurückfielen, hatten einige die Verkleidung der Stahltaube durchschlagen. Anastaasa bemerkte zwei Löcher im rechten und drei im linken Flügel. Zudem hing ein Pfeil, der nicht ganz durchgedrungen war, im Stoff des linken Flügels fest.
„Wir stürzen ab!“, schrie Juule schrill.
„Nein“, erwiderte Anastaasa. „Wir sind drüber weg, sie können uns nicht mehr erreichen.“ Verbissen und mit noch größerem Kraftaufwand, weil sich die Flugeigenschaften merklich geändert hatten, lenkte sie die Stahltaube auf den „Heimatflughafen“ zurück. Obwohl die Löcher durch den Winddruck immer weiter aufrissen, landete sie das Flugzeug einigermaßen sicher.
Erst jetzt stellten sie fest, dass sie einer Katastrophe nur knapp entkommen waren. Die gesamte Unterseite der
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