Madita
Rings um Birkenlund blühen
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Osterglocken und Narzissen und Krokus, die Birken haben
grüne Spitzen, Madita hat Osterferien, und da Alva sich hart-näckig weigert, Eier zu legen, kommt Maja mit einem Korb voll Eier von Apelkullen nach Birkenlund. Ostern ist beinah ebenso schön wie Weihnachten, finden Madita und Lisabet. Es macht Spaß, Eier zu essen, die rot und blau und grün sind statt weiß.
Madita und Lisabet haben sie selber zusammen mit Papa
gefärbt. Und es macht auch Spaß, Osterkarten zu bekommen.
Von Großmama und den Kusinen kommen wunderhübsche
mit flaumigen Küken und schönen Osterglocken darauf.
Am allermeisten Spaß aber macht natürlich der Osterhase, der nachts kommt, wenn alle schlafen, und der vor dem Kinder-zimmerfenster kleine Marzipaneier ins Gras legt. Dieses Jahr hat er sich noch etwas ausgedacht. Er hat zwei Päckchen
unter den Goldregenstrauch gelegt. Auf dem einen steht »Für Madita« und auf dem anderen »Für Lisabet«, und in jedem
Päckchen liegt ein kleiner Schokoladenjunge. Ja, wirklich, es ist eine Puppe aus Schokolade, so etwas Wunderbares haben Madita und Lisabet noch nie gesehen.
Madita tauft ihren Schokoladenjungen Jerker, und Lisabet
tauft ihren Sverker. Den ganzen Ostertag über spielen sie mit Jerker und Sverker, ohne auch nur ein einziges Mal an ihnen zu lecken.
»Ich heb mir Jerker auf, solang ich lebe«, sagt Madita. »Nie im Leben esse ich ihn auf.«
»Ich hebe mir Sverker auf, solange es geht«, sagt Lisabet.
Am Nachmittag des zweiten Ostertages ist Lisabet ein Weilchen allein im Kinderzimmer. Madita ist in der Küche und spielt mit Alva »Schwarzer Peter«. Als sie gerade beim schönsten Spielen sind, geht die Tür auf, und Lisabet kommt herein. Ihr ganzes Gesicht ist über und über mit Schokolade beschmiert.
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»Jetzt hab ich Sverker aufgegessen«, erklärt sie seelenruhig.
Madita schreit auf.
»Oh, wie konntest du nur! Du hast ja dein eigenes Kind aufgegessen!«
Lisabet nickt.
»Ja. Genau wie die Sau auf Apelkullen, die ihre Kinder aufgefressen hat. Weißt du noch? Neun Stück sogar!«
Madita findet Lisabet schrecklich.
»Du bist doch nicht die Sau auf Apelkullen! So was tun doch nur Schweine.«
»Ja, das will ich meinen«, sagt Lisabet, wie sie es oft von Alva gehört hat. »Aber jetzt ist’s passiert«, sagt sie und nickt befriedigt; leid tut es ihr offenbar gar nicht.
Aber als Madita am nächsten Morgen im Bett sitzt und mit
ihrem Jerker spielt, da fängt es an, Lisabet leid zu tun. Vielleicht weniger, daß Sverker weg ist, als daß Jerker noch da ist.
»Madita, weißt du was«, sagt sie hinterhältig, »iß doch Jerker auf.«
Madita schüttelt den Kopf.
»Nie im Leben! Niemals!«
Sie bettet Jerker in seine Zigarrenkiste, und dort liegt er auf Watte und ist zugedeckt mit einem Stückchen blauer Seide. Es ist gar nicht zu beschreiben, welche Freude Madita an ihrem Jerker hat. Lisabet tut es immer mehr leid, und schließlich legt sie den Kopf schief und bettelt:
»Kann ich nicht mal ’n bißchen mit Jerker spielen? Leih mir Jerker doch einmal.«
»Nee«, sagt Madita.
»Wie viele Male denn?« fragt Lisabet.
»Keinmal, ätsch Pustekuchen!« sagt Madita. »Du hättest ja Sverker nicht aufzuessen brauchen.«
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Sie legt Jerker in sein Bettchen, deckt ihn mit der Seidendecke zu und stellt ihn dann in die Puppenstube.
Die Osterferien sind schnell zu Ende. Madita geht wieder in die Schule, und Lisabet hockt den ganzen Vormittag lang allein im Kinderzimmer.
Aber dann kommt Madita eines Tages nach Hause, und was
findet sie da unter der Seidendecke in der Zigarrenkiste in der Puppenstube? Nein, Jerker nicht! Sie findet nur einen klägli-chen, kleinen Schokoladenrumpf ohne Kopf. Da erklingt ein Wutgeheul, das ganz Birkenlund erzittern läßt. Mama kommt völlig verstört angelaufen, weil sie glaubt, Madita müsse mindestens in Lebensgefahr sein. Aber Madita hat sich mit dem Gesicht aufs Bett geworfen und brüllt lauthals:
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»Lisabet hat Jerker den Kopf abgebissen! Huh, huh, huh!«
Lisabet ist mit Sasso im Garten. Jetzt wird sie hereingerufen, und Mama fragt streng:
»Hast du Jerker den Kopf abgebissen?«
Lisabet guckt nach rechts und guckt nach links, und dann
guckt sie geradeaus und sagt:
»Kann sein. Weiß ich nicht mehr.«
Da brüllt Madita noch lauter, und Mama schimpft lange mit Lisabet. Dann sagt sie:
»So, und jetzt bittest du Madita um Verzeihung, Lisabet!«
Lisabet steht mucksmäuschenstill da und
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