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Madita

Madita

Titel: Madita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Bett liegt und ihr »Müde bin ich, geh zur Ruh« aufgesagt hat, dann bittet sie den lieben Gott noch darum, daß Lisabet und sie selbst und Mama und Papa und Alva und Linus-lda
    und Abbe Nilsson in den Himmel kommen, alle zusammen auf
    einmal. Am besten wäre es natürlich, wenn sie überhaupt nicht dahin zu kommen brauchten, meint Madita, sie haben es ja so gut zu Hause. Aber darum wagt sie den lieben Gott nicht zu bitten, er könnte sonst traurig werden.
    Linus-lda findet es ganz in Ordnung, daß man bei ihren Lie-dern weint.
    »Da kannst du mal sehen, Madita«, sagt Ida, »da kannst du mal sehen, wie erbärmlich es Armeleutekindern geht. Dank du nur deinem Herrgott, daß du es hast wie der Spatz im Hanf.«
    Freilich hat Madita es wie der Spatz im Hanf. Sie hat Mama und Papa und Lisabet und Alva und Linus-lda und Abbe Nilsson, und sie wohnt auf Birkenlund, und ein schöneres Fleckchen kann es gar nicht geben.
    Falls jemand Madita fragte, wie es da aussieht, dann würde sie vielleicht so antworten:
    »Och, das ist ein ganz gewöhnliches, rotes Haus. Eben ein Haus. Am schönsten ist es in der Küche. Da spielen Lisabet und ich in der Holzkiste, und dann helfen wir Alva auch beim Backen. Ach nein, am schönsten ist es doch auf dem Dachbo-den, da spielen wir Verstecken, und manchmal verkleiden wir uns als Menschenfresser und spielen, daß wir die Leute auf-fressen. Aber auf der Veranda sein macht auch Spaß, da
    klettern wir durch die Fenster raus und rein und spielen Seeräuber, die auf einem Schiff rumturnen. Um das Haus herum stehen lauter Birken, da klettere ich auch drin herum, aber 10

    Lisabet nicht, denn dazu ist sie noch zu klein, sie ist ja erst fünf.
    Manchmal klettere ich auch auf das Dach vom Schuppen. Der ist rot gestrichen und steht ganz dicht bei Nilssons Zaun, und darin ist der Holzstall und die Werkstatt und die Waschküche und die Mangelstube. Wenn man da oben auf dem Dach sitzt, dann kann man Nilssons in die Küche gucken. Das macht
    Spaß. Aber oben auf der Mangel zu sitzen und hin und her zu fahren, wenn Alva und Linus-lda Wäsche rollen, macht auch Spaß. Am allerschönsten aber ist es am Fluß. Wir dürfen auf dem Steg spielen, denn da ist das Wasser nicht tief. Aber ein Stück weiter draußen, da wird es tief. Auf der anderen Seite vom Haus ist die Straße. Da haben wir eine Fliederhecke,
    damit uns niemand zugucken kann. Aber wir können hinter der Hecke liegen, und dann hören wir alles, was die Leute, die vorbeigehen, reden, und das ist doch famos, nicht?«
    So ungefähr würde Madita erzählen, wenn man sie fragte, wie es auf Birkenlund aussieht.
    Und es kommt tatsächlich vor, daß sie hinter der Hecke versteckt liegt und die Leute belauscht, die dort vorübergehen.
    Dann hört sie manchmal, wie sie sagen:
    »Nein, schau doch bloß mal, was für ein niedliches Kind!«
    Dann weiß Madita, daß sie Lisabet entdeckt haben, die hoch oben auf der Gartenpforte thront und über das ganze Gesicht strahlt. Sich selbst hält Madita nicht für niedlich, aber sie hört mit großer Genugtuung, wenn die Leute es von Lisabet sagen.
    Alle finden Lisabet niedlich, auch Linus-lda.
    »Ich sag’s ja, ich sag’s ja, das Kind ist schön wie die Sünde«, sagt Linus-lda.
    »Zum Anbeißen ist sie«, sagt Madita und beißt Lisabet in den Arm, aber nur ein bißchen. Und dann lacht Lisabet, als ob Madita sie gekitzelt hätte.

    11

    Beinah alles an Lisabet ist weich und sanft und niedlich, aber sie hat kleine, scharfe Zähne, und damit beißt sie Madita so fest, wie sie sich traut, in die Backe.
    »In dich kann man reinbeißen wie in ’ne Gurke«, sagt sie und lacht noch viel toller.
    An Madita ist nichts weich und sanft und niedlich. Aber sie hat ein liebes, sonnengebräuntes Gesicht, blaue Augen und dichtes, braunes Haar. Und rank und schlank ist sie und geschmei-dig wie eine Katze.
    »Daß du ein Mädchen geworden bist, das muß reineweg ’n
    Versehen sein«, sagt Linus-lda. »Ich sag’s ja, ich sag’s ja, an 12
    dir ist ein Jung’ verlorengegangen, das ist gewißlich wahr.«
    Madita aber ist höchst zufrieden damit, daß sie so aussieht, wie sie aussieht.
    »Ich bin Papa ähnlich«, sagt sie, »und das find ich famos.
    Denn dann krieg ich bestimmt mal einen Mann.«
    Lisabet bekommt es sofort mit der Angst, denn ach je, wenn sie nun keinen Mann abkriegt, denn sie sieht ja aus wie Mama, das sagen doch alle. Eigentlich ist es ihr ziemlich egal, ob sie mal heiratet oder nicht, aber wenn Madita später mal

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