Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
politische Haltung kam, die man am besten als Sympathie mit dem linken Parteiflügel der Sozialdemokraten beschreiben kann.
Seine Großmutter väterlicherseits liebte Ove besonders. Sie wohnte in der Albanistraße und arbeitete als Schneiderin. Wenn sie für eine ganze Woche auf Besuch zu Oves Familie kam, wurden alte, zerschlissene Sachen zu neuen umgenäht. Großmutter Sophie Frederike und ihre Zwillingsschwester Caroline waren 1862 geboren. Die beiden hatten als Vierjährige noch miterlebt, wie der Märchendichter Hans Christian Andersen Ehrenbürger von Odense wurde. Ove konnte es gar nicht fassen. Seine Großmutter war das Bindeglied zwischen ihm und seinem Idol. Außerdem wuchs Ove in der Gegend auf, in der auch Andersen gelebt hatte, und der Gedanke, dass der als kleiner Junge in der Nähe gespielt hatte, entzückte Ove. Hatten die Eltern in der Stadt zu tun, kam die Großmutter und las den Kindern vor. Ove und seine große Schwester Inger waren selig, wenn sie die Geschichten aus der Zeitschrift Der Kinderfreund oder dem Familienjournal hörten. Für Ove Sprogøe war die Großmutter die Glücksfee seiner Kindheit.
Zu Familienbesuchen ging man grundsätzlich zu Fuß. Nicht selten musste Ove am Wochenende sehr weit laufen. Etwa zum Wirtshaus Slukefter in Langesö. Fünfzehn Kilometer hin und fünfzehn Kilometer zurück – ist doch schön, fanden die Eltern. Die Kinder gewöhnten sich daran.
Hinter dem Aufgang in der Östergade lag eine Gemeindewiese, die sich einmal im Jahr in Sankt Knuds Markt verwandelte. Das war ein typischer Jahrmarkt, bei dem man auf ein Kalb mit zwei Köpfen stieß, einem Säbelschlucker begegnete oder ein Stelldichein mit der zersägten Jungfrau hatte. Der große Gaukler jener Jahre war Professor Labri, eine imposante Erscheinung mit Frack und Zylinder, der Ove und den anderen Kindern Respekt einflößte, obwohl er sie nach Strich und Faden betrog.
»Odense bei Nacht« war so ein Schwindel, für den Ove immer wieder 25 Øre bezahlte. Man ging hinter einen Vorhang und stand dann vor einer Zeltplane, in die ein kleines Loch hineingeschnitten worden war. Die Kinder standen Schlange, um das zu erleben. Wenn man endlich an der Reihe war, konnte man die Häuser und Straßen der Umgebung sehen, so wie sie eben nachts in Odense aussahen – auch ohne Zeltplane und gratis.
Oves Spielkameraden waren Kukker und Bussi, die beiden Kinder von Hauswirt Madsen. Die drei Jungen liebten es, wenn der Zirkus in die Stadt kam. Oves Vater und Bruder, die beiden Arthurs, zog es zum Zirkus. Sie schlugen neben dem Zirkuszelt ihr Lager auf und verdienten sich Geld damit, während der Vorstellung die Fahrräder der Leute zu bewachen. Zehn Øre pro Stück. Ove und seine Freunde trieben sich um den Zirkus herum und halfen, Wasser für die Tiere zu holen. Dafür gab es manchmal eine kostenlose Eintrittskarte.
»Vater und Mutter interessierten sich leidenschaftlich für Theater, Film, Literatur und bildende Kunst. Sie schleppten uns in Museen, wo sie uns alles erklärten und beschrieben. Wir nahmen alles begeistert an!« Für die Eintrittskarten und Programme des Stadttheater, die sein Vater druckte, bekam die Familie ab und zu Freikarten. Noch bevor Ove zur Schule kam, verzauberte ihn die Welt der Geschichten.
Oves erstes Theaterstück war »Aladin und die Wunderlampe« mit Thorvald Larsen in einer Hauptrolle. »Was für ein Erlebnis für einen achtjährigen Jungen!«, schwärmte Ove noch Jahrzehnte später. »Das war eine ergreifende Märchenwelt, wo alles erlaubt war, wo die Träume freie Hand hatten und man Wirklichkeit und Fiktion nicht unterscheiden konnte.«
Thorvald Larsen wurde später Intendant des Folketeatret (des Volkstheaters) in Kopenhagen. Ove Sprogøe konnte nicht ahnen, welche wichtige Rolle dieser Mann in seinem Leben noch spielen sollte. Doch beeindruckt war er schon als Kind.
Noch faszinierender für den kleinen Ove waren die Kinobesuche, bei denen er Westernhelden wie Ken Maynard, Fred Thompson und Tom Mix über die Prärie reiten sah oder »Ben Hur« im Streitwagen bewunderte. »Das war die erste Verfilmung von Ben Hur, und ich war vollkommen hingerissen von Ramon Novarro. In Kopenhagen bekam ich einen Schock, als ich eines Tages ein Filmplakat von ihm sah, das das ganze World Cinema bedeckte. Noch heute erschrecke ich, wenn ich auf ein Bild von ihm stoße«, erzählte Ove Sprogøe einmal.
Mit den 35 Øre, die die Mutter ihm für die Eintrittskarte gab, ging Ove ins Sankt-Hans-Kino
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