Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maedchengrab

Maedchengrab

Titel: Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
nicht mehr aktuell. Was führt Sie her, Ms Hazlitt?« Er gab ihr die Karte zurück und steckte die Hände in die Taschen.
    »Ich habe 2004 mit DI Magrath gesprochen. Er hat sich viel Zeit für mich genommen.« Die Worte purzelten aus ihr heraus. »Zum Schluss konnte er mir doch nicht helfen, aber er hat getan, was er konnte. Nicht alle waren so – und daran hat sich nichts geändert. Also dachte ich, dass ich ihn vielleicht erneut aufsuchen sollte.« Sie hielt inne. »Ist er wirklich schon in Rente?«
    Rebus nickte erneut. »Seit sechs Jahren.«
    »Sechs Jahre …« Sie starrte mit leerem Blick an ihm vorbei, als würde sie sich fragen, was nur mit all der Zeit geschehen war.
    »Man hat mir gesagt, es gehe um eine Vermisstenanzeige«, half er ihr auf die Sprünge.
    Sie blinzelte sich zurück ins Hier und Jetzt. »Meine Tochter Sally.«
    » Wann ist sie verschwunden?«
    »Silvester 1999«, erwiderte Hazlitt.
    »Und seither keine Spur von ihr?«
    Die Frau senkte den Blick und schüttelte den Kopf.
    »Das tut mir leid«, sagte Rebus.
    »Ich gebe aber nicht auf.« Hazlitt atmete tief durch und sah ihm in die Augen. »Das kann ich nicht, bevor ich nicht die ganze Wahrheit kenne.«
    »Das verstehe ich.«
    Ihr Blick wurde weicher. »Das habe ich schon so oft gehört …«
    »Natürlich.« Er drehte den Kopf Richtung Fenster. »Hören Sie, ich wollte gerade rausgehen und eine rauchen – vielleicht können Sie auch eine vertragen?«
    » Woher wissen Sie, dass ich rauche?«
    »Ich habe den Inhalt Ihrer Handtasche gesehen, Ms Hazlitt«, sagte er und geleitete sie zur Tür.
    Sie spazierten über die Auffahrt zur Hauptstraße. Die von ihm angebotene Silk Cut lehnte sie ab, bevorzugte ihre eigenen Mentholzigaretten. Als sein billiges Feuerzeug streikte, kramte sie in ihrer Tasche nach einem Zippo.
    »Man sieht nicht gerade viele Frauen mit den Dingern«, bemerkte er.
    »Es hat meinem Mann gehört.«
    »Hat?«
    »Nach Sallys Verschwinden hat er nur noch ein Jahr gelebt. Die Ärzte sprachen von Embolie. Ein ›gebrochenes Herz‹ gibt man üblicherweise nicht als Todesursache an.«
    »Ist Sally Ihr einziges Kind?«
    Hazlitt nickte. »Sie war gerade achtzehn geworden. Noch sechs Monate, und sie wäre mit der Schule fertig gewesen. Sie wollte auf die Uni, Englisch studieren. Tom war Englischlehrer …«
    »Tom war Ihr Ehemann?«
    Sie nickte. »Das ganze Haus stand voller Bücher; kaum verwunderlich, dass er sie damit angesteckt hat. Als sie klein war, hat er ihr immer Gutenachtgeschichten vorgelesen. Eines Abends bin ich ins Zimmer gekommen, und statt eines Bilderbuchs lasen sie gerade Große Erwartungen .« Die Erinnerung brachte sie zum Lächeln, und ihre Gesichtsfältchen traten hervor. Obwohl sie die Zigarette erst zur Hälfte geraucht hatte, schnippte sie sie auf die Fahrbahn. »Sally hatte mit ein paar Freunden ein Ferienhaus nicht weit von Aviemore gemietet. Das Geld für ihren Anteil am Mietpreis hat sie von uns zu Weihnachten bekommen.«
    »Zur Jahrtausendwende«, bemerkte Rebus. »Ich nehme an, das war nicht billig.«
    »In der Tat. Es war ein Haus für vier Personen, und sie sind da zu sechst rein. Dadurch war es etwas günstiger.«
    »Ist sie Ski gefahren?«
    Hazlitt schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass der Ort vor allem dafür bekannt ist, und zwei der Mädchen konnten tatsächlich Ski fahren, aber Sally wollte nur so mit. Sie waren in Aviemore selbst – und gleich auf zwei Partys eingeladen. Alle haben gedacht, sie sei auf der jeweils anderen. Es gab keinen Streit oder so.«
    »Hatte sie getrunken?«
    »Das nehme ich an.« Hazlitt knöpfte ihre dünne Jacke zu, um sich vor der Kälte zu schützen. »Um Mitternacht rechnete ich mit einem Anruf, obwohl ich wusste, dass sie mit ihrem Handy vermutlich keinen guten Empfang hatte. Am nächsten Morgen dachten ihre Freundinnen, sie hätte jemanden kennengelernt und würde irgendwo ihren Rausch ausschlafen.« Sie hielt abrupt inne und sah ihm in die Augen. »Aber das hätte nicht zu ihr gepasst.«
    »Hatte sie einen Freund?«
    »Sie hatten sich im Herbst getrennt. Er wurde damals auch vernommen.«
    Rebus hatte keinerlei Erinnerung an den Fall, aber Aviemore lag auch im Norden, weit weg von Edinburgh.
    »Tom und ich mussten nach Schottland fahren …«
    »Von?«, unterbrach Rebus sie. Er war davon ausgegangen, dass sie trotz ihres englischen Akzents in der Stadt lebte.
    »London«, erklärte sie. »Crouch End – kennen Sie das?« Rebus schüttelte den Kopf. » Wir hatten

Weitere Kostenlose Bücher