Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )
erhalten.
„Ach, ganz gut, eigentlich. Es hat sich auch nicht viel getan in deiner Abwesenheit“, setzte Lukas an. „Christin ist jetzt mit Timo aus der Elften zusammen und ich such zurzeit meine neue Traumfrau.“
Verständlicherweise sprang mein Mund erstmal auf.
„Wie bitte? Ihr verarscht mich doch jetzt.“
„Nein.“ Und aus Christins Mund klang das sogar recht überzeugend.
„Ja und was macht ihr dann hier?“ Ich war irritiert und fand nicht, dass man mir das übel nehmen konnte.
„Wir besuchen unseren besten Freund, der wieder ein freier Mensch ist und morgen wieder zur Schule kommen darf.“
„Ja, ich mein, ihr zusammen ... also ...“
Ich musste wohl immer noch Fragezeichen in den Augen haben, denn Christin setzte zu einer Erklärung an, die Lukas mit stetigem andächtigem Nicken unterstützte.
„Wir haben gemerkt, dass wir einfach supergute Freunde sind und wir das auch noch lange bleiben wollen, aber mehr ist auf Dauer nicht drin. Und wie du siehst, läuft alles perfekt. Wir sind beide viel glücklicher. Lukas kann wieder machen, was er will und Timo ist einfach nur eine Bombe im Bett, der hat so einen megalangen ...“
„Ich glaub, wir wollen es gar nicht wirklich hören“, beendete ich die Stellungnahme, die mich doch recht zufrieden gestellt hatte. Es freute mich, dass Christin wieder die liebenswürdige Schlampe war, die sie vor ihrer Zeit mit Lukas war. Und überhaupt war ich glücklich, meine alten Freunde um mich herum zu haben.
„Wie sieht's denn in der Schule aus?“, fragte ich gezielt an Christin gerichtet, da ich nicht davon ausging, dass Lukas irgendetwas darüber mitbekommen hatte.
„Für dich gar nicht gut. Übermorgen schreiben wir Mathe. Das ist die erste von der letzten Runde Klassenarbeiten. Du solltest ordentlich Gas geben, wenn du's in die Elf schaffen willst.“
Lukas mischte sich ein.
„Ich hab in allen Fächern alles Mögliche für dich gesammelt, dann kannst du einfacher lernen.“
Mein Gott, er war ja viel klüger, als ich gedacht hatte; oder die Trennung von Christin hat ihm einfach gut getan.
Er knallte mir einen gigantischen Stapel Papier auf meinen Schreibtisch und auf einmal war ich mir doch nicht mehr so ganz sicher, ob das noch was wird mit der Versetzung.
„Kommst du denn morgen zur Schule?“, fragte mich Christin.
„Klar.“
Ich sagte das sehr überzeugt, obwohl ich nicht so überzeugt war. Es war halt einfach alles ein bisschen viel die letzte Zeit und es gab so viel, über das ich mit niemandem reden konnte, auch wenn ich mir vorgenommen hatte, meiner Mutter bald mal alles zu erklären.
Als sich Lukas und Christin dann irgendwann auf den Weg machen wollten, begleitete ich die beiden noch zur Tür. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie meine Mutter im Wohnzimmer bei Zigarette und Rotwein das Leben genoss, wie sie es schon lang nicht mehr getan hat.
Lukas und Christin stiegen auf ihre Fahrräder, die sie bei uns in der Einfahrt an den Zaun gekettet hatten und sausten davon. Da merkte ich, dass beide wichtige Menschen für mich waren, genauso wie meine Mutter, die ich in unveränderter Position vorfand, als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte.
Ich setzte mich zu ihr und zündete mir ebenfalls eine Zigarette an.
„Willst du mir was erzählen?“, fragte sie mich mit dem Ton einer verständnisvollen Mutter.
„Schon. Aber nicht jetzt.“
„Gut. Ich hab Geduld.“
Ich nahm mir vor, ein ausführliches Gespräch mit ihr zu führen, sobald ich alle Klassenarbeiten hinter mir hatte und frei von Stress war.
„Ich muss jetzt wieder hoch. Ich muss 'ne ganze Menge für die Schule tun.“ Schnell rauchte ich meine Zigarette zu Ende und ließ meine Mutter alleine.
In meinem Zimmer angekommen, hätte ich eigentlich mit dem Lernen für Mathe anfangen müssen, aber ich konnte keine Sekunde konzentriert auf die Blätter vor mir schauen. Jede Sekunde musste ich an Henning denken. Der Besuch meiner Freunde hatte mich abgelenkt, aber jetzt kam ich dahin zurück, wo ich vorher war.
Ich schmiss mich auf mein Bett und malte mir aus, wie es wäre, Henning in meinen Armen halten zu können, ihn küssen zu können, ihn einfach lieben zu können. Insgeheim hoffte ich, dass mir dies wenigstens noch einmal im Traum widerfahren würde, doch selbst das blieb mir an diesem Tag verwehrt.
Kapitel 21
Am nächsten Morgen fiel mir die Entscheidung, ob ich aufstehen sollte oder nicht, recht schwer. Nachdem ich länger nicht zur Schule gegangen
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