Die vergessene Insel
Diese Ferienwochen soll Mike nie
vergessen. Bei einem Schiffsausflug
geraten er und seine Freunde in die
Gewalt von Kapitän Winterfeld, der
in den Besitz von Mikes Erbschaft
gelangen will.
Doch Mike hat keine Ahnung, was ihm
sein Vater hinterlassen haben könnte
und weshalb er es auf einer kleinen
Insel verborgen hat.
Nun sind die fünf Jungen Gefangene
des Kapitäns und müssen um ihr Leben
bangen.
In dieser ausweglos scheinenden
Situation taucht ein geheimnisvoller
Inder auf, der ihnen die Flucht
ermöglicht. Mit seiner Hilfe gelingt es
ihnen auch, nach Wochen voller Gefahren
auf hoher See die Vergessene Insel zu
finden.
Doch Kapitän Winterfeld ist ihnen
gefolgt. In letzter Minute können sie
ihm entkommen und dringen ins
Innere der Insel vor.
Dort erwartet sie eine phantastische
Überraschung - und Mike erfährt,
wer sein Vater wirklich war.
In der Reihe »Kapitän Nemos Kinder«:
Die Vergessene Insel
Das Mädchen von Atlantis
Weitere Bände in Vorbereitung
Die Deutsche Bibliothek CIP Einheitsaufnahme
Hohlbein, Wolfgang:
Kapitän Nemos Kinder: die vergessene Insel/
Wolfgans Hohlbein. - Wien: Ueberreuter, 1993
ISBN 3-8000-2373-3
J 2038/1
Alle Rechte vorbehalten
Copyright (C) 1993 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien
Printed in Germany
3 5 7 6 4 2
E
s hatte in diesem Jahr
früh zu schneien begonnen. Schon vor zehn Tagen waren die ersten weißen Flocken lautlos vom Himmel gefallen, und jetzt, einige Tage vor Weihnachten und
zwei Tage vor dem Beginn der Ferien, hatten sich die
Wiesen, der nahe gelegene Wald und die ineinandergeschachtelten Gebäude des altehrwürdigen Internats
in eine
weiße
Zuckerbäckerlandschaft
verwandelt,
über die ein eisiger Wind fegte. Der kleine See, der zu
den Ländereien von Andara-House gehörte und in
dem die Schüler im Sommer schwammen, war zugefroren.
Bald würde die Eisdecke fest genug sein, um
Schlittschuh darauf zu laufen.
Nachts rüttelte der
Sturm an den Fenstern, brach sich heulend an Erkern
und Simsen und klapperte mit den Fensterläden, und
selbst tagsüber blieb der Himmel meistens grau; es
schien gar nicht mehr richtig hell zu werden.
Mike stand am Fenster seines Zimmers und blickte
hinaus. Die trübe Stimmung dort draußen paßte zu
seiner eigenen. Er fühlte sich niedergeschlagen, einsam und so zornig wie der Wind, der zwar seit einiger
Zeit innegehalten hatte, zweifellos aber mit dem Hereinbrechen der Dämmerung wieder zu einem neuen
Angriff auf die zweihundert Jahre alten Mauern des
ehemaligen Schlosses ansetzen würde, das die vornehme Privatschule beherbergte.
Durch das geschlossene Fenster drangen Lärm und
lautes Gelächter herein. Mike preßte die Nase gegen
das kalte Glas und sah nach unten. Die Atempause, die
der Sturm einlegte, hatte einige der anderen Schüler
auf den Hof gelockt. Sie tollten herum, bewarfen sich
mit Schneebällen und waren von einer selten ausgelassenen Stimmung. Mike versetzte der Anblick seiner im
Schnee herumspringenden Mitschüler einen schmerzhaften Stich.
Mit einem tiefen Seufzer wandte er sich vom Fenster
ab und ließ seinen Blick durch das große
Zimmer
schweifen, das er mit zwei anderen Internatszöglingen
teilte und das in den letzten sechs Jahren sein Zuhause gewesen war. Der Raum war groß und hell, in
freundlichen Farben gehalten und mit allem ausgestattet, was ein sechzehnjähriger Junge braucht, um
sich wohl zu fühlen: Außer dem gemeinsamen Kleiderschrank, den Betten und dem großen, ebenfalls gemeinsam genutzten
Schreibtisch hatte jeder noch einen nur für seine privaten Dinge bestimmten Schrank,
für den nicht einmal die Lehrer einen Schlüssel hatten. Über jedem Bett hing ein offenes Regal für
Bücher, Spielzeug und andere Dinge.
Nach ein paar Augenblicken wandte
sich Mike vom
Fenster ab und ging zum Schreibtisch. Sein Blick
blieb für eine Sekunde an dem Kalender hängen, der
darüber an der Wand angebracht war. Er zeigte den
neunzehnten Dezember neunzehnhundertdreizehn den heutigen Tag -, und jemand hatte das Datum rot
eingekreist.
Niedergeschlagen setzte sich Mike an den Schreibtisch und nahm den Brief zur Hand, den er gestern
morgen bekommen hatte. Er hatte ihn seither mindestens zwanzigmal gelesen, fast als glaubte er, ihn nur
oft genug studieren zu müssen, um seinen Inhalt ungültig zu machen.
Mclntire hatte ihm den Brief ausgehändigt, und obwohl es unter den Zöglingen von Andara-House als sicher galt, daß der Direktor des
Internats Kinder als
seine natürlichen Feinde betrachtete, hatte er echtes
Mitleid
Weitere Kostenlose Bücher