Maedchenmoerder Ein Liebesroman
Jeansbein fesselst Du ihre Hände. Ich will Dir übelnehmen, dass Du es Dir mit ihr so einfach machst. Aber ich sage mir, dass Du sie nicht ungerechter behandelst als sie die Stiere in der Arena.
Bereits als Du ihr Oberteil zerschnitten hast, ist mir die lange, glänzende Narbe aufgefallen, die sich von ihren Rippen bis zum Bauchnabel zieht. Jetzt entdecke ich eine zweite Narbe an ihrem Oberschenkel. Ich höre, wie Du leise durch die Zähne pfeifst, und erschrecke, weil ich glaube, dass die Matadora dieselbe heimliche Neigung hat wie ich. Bis mir klar wird, dass ihre Verletzungen vom Stierkampf herrühren müssen. Ich gehe näher, um ihre Narben zu betrachten. In diesem Moment öffnet sie die Augen.
Ihr Blick verrät, dass sie weder versteht, wo sie ist, noch was mit ihr geschieht. Die Verständnislosigkeit weicht Ungläubigkeit, die Ungläubigkeit Erkenntnis, die Erkenntnis Angst. Doch bevor sich die Angst in ihren Augen einnisten kann, hat Wut sie zu zwei Schlitzen zusammengezogen.
Du hast nicht damit gerechnet, dass sie so rasch wieder zu sich kommt. Ihr rechtes Knie schnellt in die Höhe. Ein Schmerzenslaut hallt über den Guadalquivir.
Die erstickten Schreie, die aus ihrer Kehle dringen, sprechen von nie gefühltem Zorn. Ihr brauner, muskulöser Körper, an dem weder Brüste noch andere Rundungen stören, windet sich, um Deinem Griff zu entkommen. Ich vergesse zu atmen, während ich verfolge, wie ihre Muskeln arbeiten, und bedauere nur, dass Deine Muskeln unter Jeans und Lederjacke verborgen sind.
Du nimmst Dein Messer und stichst an jene Stellen, die zuvor bereits die Stiere heimgesucht haben. Kaum gelingt es Dir, die Matadora am Boden zu halten, so biegt sie sich vor Schmerz. Und dennoch gibt ihr tapferer Körper nicht auf. Sie widersetzt sich Dir, wie weder ich noch eines Deiner anderen Opfer es je vermocht hätten.
Das leise, höhnische » Toro! Toro! «, mit dem Du sie zu Beginn gereizt hast, ist verstummt. Nur hin und wieder zischst Du ihr ein hasserfülltes » puta « und » coño « ins Ohr. Du atmest so schwer, wie ich Dich noch nie habe atmen hören. Ich ahne, dass dieser Kampf Dich nur erschöpft, ohne Dich zu befriedigen. Und als ich sehe, dass Du Dein Messer benutzt, um dorthin zu stoßen, wohin Du all die anderen Male aus eigener Kraft gestoßen hattest, begreife ich, was nicht stimmt.
Lieber David!
Ich glaube nicht mehr daran, dass ich mein Buch jemals zu Ende schreiben werde.
Heute Morgen hat mich mein Manager angerufen. Er wollte wissen, wie ich vorankomme. Ich habe ihn angelogen und ihm gesagt, dass ich in einem oder zwei Monaten fertig sei... (Über das Problem, was mit dem Geld geschieht, das der Verlag bereits an mich gezahlt hat, will ich jetzt nicht nachdenken.)
Warum soll ich einen Text schreiben, in dem ich irgendwelchen Spießern vorheucheln muss, ich empfände Genugtuung darüber, dass eine Matadora Dich daran gehindert hat, zu Deinem eigentlichen Ziel zu kommen? Wo es mich doch traurig macht, dass Du selbst jene Tat, die ich für Deine größte, vollkommenste halte, offensichtlich als Niederlage betrachtest.
Obwohl mir zum Heulen ist, musste ich eben lachen. Im alten Jahr hatte mich mein Manager schon damit genervt, dass er eine »sensible, kluge und ganz hervorragende« Ghostwriterin kennen würde, mit der er mich gern »zusammenbrächte«. (Wobei soll mir so eine Gespensterschreiberin helfen? Gespenster habe ich genug, und schreiben kann ich selbst.)
Gerade habe ich mir vorgestellt, was für ein Gesicht diese »sensible, kluge und ganz hervorragende« Ghostwriterin machen würde, würde ich ihr erzählen, dass ich unserer Torera am liebsten ein Ohr abgeschnitten und Dir als Siegestrophäe überreicht hätte - und es nur aus Angst vor einem Deiner Wutanfälle nicht getan habe.
Aber vielleicht tue ich der Frau ja Unrecht, und sie ist eine echte Gespensterschreiberin, die sich von so etwas nicht erschrecken lässt. Und vielleicht würde sie sich im Gegensatz zu Dir auch für meine Theorie interessieren, warum Vincent van Gogh sich das Ohr abgeschnitten hat.
Ich bin extra noch einmal in das scheußliche Internetcafé gegangen, um Informationen zu finden: Aber bei Wikipedia steht bloß, dass es nicht das ganze Ohr, sondern lediglich das Ohrläppchen gewesen sein soll. Immerhin habe ich erfahren, dass es tatsächlich in Arles passiert ist, und dass er sein Ohr/Ohrläppchen seiner Lieblingsnutte geschenkt hat.
Vielleicht wäre es ja nett, mit einer
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