Maedchenmoerder Ein Liebesroman
geschehen wird, wenn er sich mir überlässt.
Auf der anderen Seite kommt es vor, dass ich keine Lust habe, den Marienkäfer zu lotsen. Dann schüttle ich ihn gleich ab oder lasse ihn seines Weges krabbeln, und wenn er ins Grüne zurückfindet, ist es gut. Wenn nicht, ist es mir auch egal.
In jener Nacht in Sevilla muss sich jemand für uns interessiert haben, so wie wir zugelassen haben, dass dieser Jemand sich unser annimmt. Anders wäre es uns nicht gelungen, Carla Rincón zu überwältigen.
Heute sehe ich, wie klug es gewesen ist, nach dem Stierkampf erst einmal in diese Tapasbar zu gehen. Wie hätte uns das Schicksal sonst die beiden alten Sevillaner an den Tisch schicken sollen, die seit fünfzig Jahren keine einzige Corrida verpasst hatten und uns verrieten, in welche Bar Carla Rincón nach ihren Kämpfen zu gehen pflegte?
(Ich bin sicher: Sollte die Matadora an einem Ort sein, an dem das Fluchen gestattet ist - sie verflucht das Schicksal dafür, dass es ihre Schritte in jener Nacht nicht direkt ins Hotel, sondern in ihre Stammkneipe gelenkt hat … Gab es einen Moment, in dem sie überlegt hat, gleich ins Bett zu gehen? Hat einer ihrer Freunde sie überredet, doch noch mitzukommen?)
Mir erscheint es, als ob wir Stunden im Kreis umhergeirrt wären, bis wir endlich vor der kleinen Tapasbar mit dem billigen Neonlicht und dem Fernseher in der Ecke standen. Und selbst als Du mir das Mädchen gezeigt hast, das umringt von einer kleinen Gruppe Männer ganz hinten am Tresen lehnte und Rotwein trank, wollte ich immer noch nicht glauben, dass wir die Matadora tatsächlich gefunden hatten. In ihrer Jeans und dem schlichten hellblauen Oberteil sah sie so gewöhnlich aus... Erst als sie eine Bewegung machte, mit der sie den Männern offensichtlich eine bestimmte Episode irgendeines Kampfes demonstrieren wollte, habe ich erkannt, dass sie es sein musste. Und in diesem Moment haben mich doch noch einmal Zweifel befallen, ob es richtig war, dieses Mädchen, das sich so aufrecht hielt und so ernst und feierlich wirkte - obwohl sie nicht viel älter sein konnte als ich -, zu Deinem nächsten Opfer zu machen.
An welchem Faden musste das Schicksal in jener Nacht zupfen, um Carla Rincón von ihrem Begleiter, mit dem sie die Bar weit nach Mitternacht verlassen hatte, zu trennen? Ihr Begleiter ist doch jener ehemalige Torero gewesen, den wir am nächsten Tag im Fernsehen gesehen haben und bei dem Carla in die Lehre gegangen ist? Hatte sie früher eine Affäre mit ihm gehabt - und gefürchtet, er könne sie in jener Nacht wieder bedrängen? Ihrer beider Körpersprache hatte klar ausgedrückt, dass er sie lieber bis ins Hotel begleitet hätte und sie ihn zurückgewiesen hat.
Ich frage mich, ob dem Torero bewusst geworden ist, dass seine ehemalige Schülerin ihm in dieser Nacht durch ihre Schicksalsempfänglichkeit das Leben gerettet hat. Denn ich bin sicher: Hätte sich Carla Rincón nicht am Guadalquivir von ihm verabschiedet, um allein über die Brücke zu gehen - Du hättest ihn als Ersten getötet.
Ihre hohen Schuhe hämmern einen gleichmäßigen Rhythmus auf den Asphalt. Du rufst » Señora Rincón «, aber sie bleibt nicht stehen, sondern dreht nur kurz den Kopf. Wir müssen rennen, um sie einzuholen, bevor sie die große Straße überquert, die an der Kaimauer entlangführt. Du entschuldigst Dich auf Spanisch, dass Du ihr Angst gemacht hast. (Hast Du ihr zu diesem Zeitpunkt bereits Angst gemacht? Ich glaube nicht.) Deine » novia « wolle unbedingt ein Autogramm. Die Matadora blickt mich mit einem kurzen Lächeln an, und als sie ihre Handtasche öffnet, um nach einer Autogrammkarte zu suchen, ziehst Du die Pistole und schlägst ihr den Griff einmal kräftig in den Nacken. Ohne einen Laut bricht sie zusammen. Du fängst sie auf. Zu zweit tragen wir sie die Stufen zum Fluss hinab. Keiner der Autofahrer, die vorüberbrausen, hat etwas bemerkt.
Im Schatten der Kaimauer hausen zwei Penner. Als sie zu grölen beginnen, drohst Du ihnen mit der Pistole. Sie verschwinden in der Nacht.
Meine Augen brauchen eine Weile, um sich an die Finsternis zu gewöhnen. Der schmale Grasstreifen, auf den Du die Matadora bettest, ist mit zerbrochenen Flaschen und Sperrmüll übersäht. Die Sevillaner scheinen ihr Flussufer nicht zu lieben.
Sie ist noch immer bewusstlos, als Du anfängst, ihre Kleidung aufzuschneiden. Mit einem Fetzen des hellblauen Oberteils knebelst Du sie. Mit einem aufgeschlitzten
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