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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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Prolog
    E ine Schar Tauben flatterte von der Kuppel der St. Paul’s Cathedral auf, um den drei Männern Platz zu machen, die eben auf dem kleinen umlaufenden Sims landeten. Bald waren die Vögel im nächtlichen Himmel über London verschwunden, das tief unter ihnen in Schlaf versunken lag.
    »Wir haben es geschafft, Vater«, sagte einer der seltsamen Besucher nach einigen Minuten der Stille.
    »Ja, ich hatte es kaum zu hoffen gewagt«, bestätigte der älteste der drei.
    Er hob stolz den Kopf. Dann schoss er plötzlich wie eine Rakete in die Luft, durchquerte die wattigen Nebelschleier, folgte dem Lauf der Themse, flog über Westminster Abbey und Buckingham Palace hinweg und kehrte wieder zu den zwei Männern auf der Kuppel der Kathedrale zurück. Dort streckte er sich und rief, die Arme zum Himmel gereckt: »Welch unerwartete Rückkehr, nicht wahr?«
    »Ich habe nie an dir gezweifelt, Vater.«
    »Ich weiß, Gregor.«
    »Nie werde ich vergessen, was unsere liebe Oksa Pollock und diese Idealisten von Rette-sich-wer-kann für Gesichter gemacht haben, als sie uns aus dem Brunnen steigen sahen«, fuhr Gregor fort und lachte hämisch.
    Orthon stimmte in sein Gelächter ein.
    »Du hattest schon immer ein Talent für dramatische Auftritte, Vater.«
    Orthon nickte selbstgefällig und wandte sich dann an den Dritten im Bunde, der bis jetzt geschwiegen hatte.
    »Und du, Tugdual? Freust du dich nicht, wieder im Da-Draußen zu sein?«
    Der junge Mann richtete seine eisblauen Augen mit leerem Blick auf die Stadt zu ihren Füßen und murmelte: »Doch, sehr.«
    »Obendrein hast du eine neue Familie bekommen«, fügte Orthon hinzu. »Eine richtige Familie, die dich so akzeptiert, wie du bist, und die immer an dich geglaubt hat.«
    Tugdual verzog keine Miene. Nur eine winzige Ader an seiner Schläfe pochte. Orthon legte ihm die Hand auf die Schulter und drehte ihn zu sich her. Er betrachtete ihn lange und zog den jungen Mann schließlich in einer unerbittlichen Umarmung an sich.
    »Mortimer hat sein Lager gewählt und keine Sekunde gezögert, mich zu verraten«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Aber kaum dass ich einen Sohn verloren habe, nehme ich einen anderen, viel wertvolleren in meinen Kreis auf. Willkommen an meiner Seite, mein Junge. Nun kannst du endlich zu dem werden, der du wirklich bist.«
    Tugdual senkte die Lider, und sein Atem verlangsamte sich. Einen Moment lang hätte man glauben können, er sei tot. Dann schlug er die Augen wieder auf.
    »Ja, Vater …«, sagte er schließlich.

Getrübtes Glück
    N ach all den Katastrophen, die über die Welt hereingebrochen waren, hatten sich die Londoner allmählich an die Stromknappheit gewöhnt. Oksa und die Rette-sich-wer-kann hingegen hatten die Stadt noch nie bei solcher Dunkelheit erlebt. Schließlich musste Pavel Pollock Oksas Wackelkrakeel um Hilfe bitten, damit er und seine Freunde sich in der Nacht zurechtfanden, die so schwarz war wie ein bodenloser Abgrund.
    Ein bodenloser Abgrund … Genau so kam Oksa das Da-Draußen auf einmal vor. Mit ansehen zu müssen, dass Tugdual, der Junge, den sie liebte, sich so unvermittelt, so brutal von ihr abgewandt hatte … Sie war betäubt vor Schmerz und vertikalierte wie ferngesteuert hinter ihrem Vater her. Als dieser zur Landung ansetzte und auf eine Gruppe von Häusern am Rand eines kleinen Parks zuflog, wurde ihr bewusst, dass nun endlich eintrat, worauf sie seit Monaten hingefiebert hatte: Die Rette-sich-wer-kann kehrten zum Bigtoe Square zurück! Aber leider nicht alle, denn nur die Huldvollen Herzen und Abakum hatten das Tor von Edefia durchqueren können, elf insgesamt. Zwölf, als sie starteten – so hatten sie jedenfalls gedacht –, doch nur elf Rette-sich-wer-kann bei der Ankunft. Dafür drei blinde Passagiere zusätzlich.
    Alle hatten Orthon für tot gehalten, aber natürlich war er wieder einmal davongekommen und zum Entsetzen der Rette-sich-wer-kann hinter ihnen aus dem Brunnen am Trafalgar Square aufgetaucht. Die Metamorphose hatte hervorragend funktioniert: Orthon hatte die Gestalt von Cameron, einem der ihren, angenommen und alle an der Nase herumgeführt. Doch das war noch nicht die einzige Überraschung gewesen, die der Treubrüchige für seine Erzfeinde in petto gehabt hatte …
    Bisher hatten alle nur von zwei Söhnen Orthons gewusst, Gregor und Mortimer. Letzterer hatte sich auf die Seite der Rette-sich-wer-kann geschlagen und seine neuen Verbündeten von seinem Gesinnungswandel überzeugt. Die Huldvolle Oksa und

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