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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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hätte ich mir denken können. Erzählen Sie weiter!« sagte er in befehlendem Ton zu Jan.
    »Die übrigen stürmten den Bohrturm hinauf.«
    »Sie mit Ihnen?«
    »Nein! Ich schwöre es: nein!«
    »Aber du warst dabei!« rief der Oberst und zeigte messerscharf auf den dritten Zeugen, den mexikanischen Küchengehilfen. (Wie heißt er nur? Ach ja, Gomez!) »Du stiegst hinauf, was?«
    Er wird jetzt lügen, sagte sich der Oberst. Ich aber werde ihn vor den anderen schlagen müssen, und das ist peinlich. Und wirklich sagte der Mexikaner mit erschrockenen Augen, in denen Lüge geschrieben stand: »Nein, nein! Ich war nicht dabei!« Und der Oberst schlug ihm hart über den Backenknochen und unglücklicherweise riß dort die Haut. Benommen tat der Mann seinen Finger darauf, besah das Blut. »Ja, ich stieg hinauf«, gab er zu.
    »Gut so. Nun verstehen wir einander richtig. Und dabei wollen wir bleiben.«
    »Ich wurde von den anderen mitgerissen, so wütend war ich.«
    Der Oberst dachte: Du sollst mich noch kennenlernen! Wie wütend erst ich sein kann!
    »Ich habe den Himmel um Vergebung gebeten.«
    »Ich hoffe, er vergibt dir. Jetzt aber erzählst du weiter!«
    Bedrückt setzte der Mexikaner fort: »Es rissen uns die Nerven. Wie Tiere, nur die Wut blieb noch … Wenn man so voll Verlangen, voll Sehnsucht ist – und darin so schrecklich enttäuscht wird.« Der Mexikaner bekreuzigte sich inbrünstig und sagte: »Gott wird es verstehen. Wir hetzten den Bohrturm hinauf, zwanzig, vielleicht mehr noch, zerrten und stießen, nur um möglichst rasch oben zu sein.«
    »Warum redest du nicht weiter?«
    »Ich bereue, Senhor Colonel. «
    »Bereue, wenn du allein bist, und nicht auf Kosten meiner Zeit, verstanden?«
    »Wir wußten nicht, wie viele dort oben sein würden, und waren erstaunt, nur zwei zu sehen: Leo und Charley. Nur die zwei. Das machte uns wild. Wie bitter hatte man uns getäuscht! Und die zwei erwarteten uns auf der Plattform und stießen mit Füßen nach uns, um uns abzuhalten.«
    »Doch vergeblich, was?«
    »Wie soll man eine Flut abwehren?«
    »Zur Sache!«
    »Wir überwältigten sie. Ich war nicht vorn und bekam nichts ab, andere schon. Die fielen die Leiter hinunter. Aber wir waren zu viele, immer mehr folgten uns nach – und dann waren wir oben, alle. Finster und windig war’s, die Höhe machte mich schwindelig. Ich erinnere mich, daß ich mir sagte: Da heroben in dieser großen Leere, den Sternen so nahe, da spürt man Gottes allgegenwärtiges Auge. Deshalb habe ich mich fast nicht beteiligt.«
    »Fast nicht?«
    »Ich bin nicht für Gewalt.«
    Nein, bestimmt nicht! Ich muß mir bloß diese dicken braunen Schlächterhände ansehen, um zu wissen, was für eine Mimose du bist! Zudem waren’s ja zwanzig. Das macht die Sache sicherer, was?
    »Ich fühlte großes Mitleid mit ihnen«, fuhr der Mexikaner fort. »Sie mußten sterben, und das wußten sie auch. Das brauchte ihnen niemand zu sagen.«
    Da bist du also hinaufgegangen, hast einen Tritt ins Gesicht riskiert, einen zerschmetterten Schädel – nur um dich zu vergewissern, daß sie’s wußten. Ach, wie empfindsam!
    »Charley war mein compañero. Wie hätte ich ihm etwas zuleide tun können? So viele Jahre hatte ich für ihn gearbeitet. Ich liebte ihn.«
    Menschen zerstören das, was sie lieben. Weiter, du Schlächter!
    Der Mexikaner sah auf Harry. In seinen Augen blitze es auf. »Wir drängten sie über die Plattform nach hinten«, fuhr er fort. »Sie wußten, was geschehen würde, und wehrten sich, um dem Geländer nicht zu nahe zu kommen. Wir trennten sie also und hoben uns Charley, den verschreckten Dicken, für später auf. Mit dem, dachten wir, würden wir leicht fertig werden. Anders war es bei Leo. Der raste, kämpfte wie ein Tiger, weder fair noch anständig, er kämpfte mit Fäusten und Stiefeln.«
    Bin betrübt, das zu hören: Wie unehrenhaft, mit Fäusten und Stiefeln um sein Leben zu kämpfen! dachte der Oberst, indes er aus den Augenwinkeln den Mann beobachtete, den sie Harry nannten. Näher und näher kam er heran. Komm nur, dachte der Oberst. Auch du kommst an die Reihe. Bald habe ich dich!
    »Muß ich weitererzählen, Senhor Colonel?«
    »Nein, du mußt nicht, wenn du einen Urlaub in der Zelle vorziehst«, sagte der Oberst und dachte: Den kriegst du in jedem Fall, bandido! Für dich, du Schlächter, habe ich einen besonders hübschen Ferienort im Auge.
    »Ich sah, wie sie ihn – Leo – überwanden und ans Geländer drängten. Blut floß, aber

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