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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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wie eine Wanze zerquetscht hatte. Ein Arm ragte hervor, das Gewehr lag neben den Fingern. Dann sah ich den Mann auf dem Bulldozer und sah, wer es war.
    Im selben Augenblick hörte ich drüben auf der Piste unsern Lastwagen losfahren. Verwirrt wandten sich alle nach dieser Richtung, wandten sich jedoch sogleich wieder ab, zum Bohrturm hin, auf dessen Leiter man Füße trappeln hörte.
    Der Priester kam herab.
    Ich mühte mich noch immer, Luke unter der Ramme hervorzuziehen, aber in der festgestampften Erde bekam ich nichts zu fassen: Er lag bereits in seinem Grab. Ich weinte, weinte wegen Luke, wegen der Schmerzen, die mich nun erfaßten. Ich blickte hinauf zu dem Mann auf dem Bulldozer und sagte ihm …
    Vorsitzender: Lassen Sie ihn!
    Ankläger: Herr Oberst?
    Vorsitzender: Lassen Sie ihn, er ist tot!
    Ankläger: Requiescat in pace.
    Vorsitzender: Was heißt das?
    Ankläger: Daß er in Frieden ruhen soll.
    Vorsitzender: Das wird er, keine Sorge! Er verdient es. Welch ein bemerkenswerter Mann! Mußte alles noch loswerden … Nein, decken Sie ihm nicht das Gesicht zu!
    Ankläger: Warum, Herr Oberst?
    Vorsitzender: Weil er noch immer Zeuge ist. Lassen Sie ihn zuhören! Was noch fehlt, kriegen wir jetzt aus den anderen heraus.

 
    FÜNFTER TEIL Der Oberst verhört die Zeugen

Zwölftes Kapitel
    Vielleicht hört er uns wirklich zu? fragte sich der Oberst und blickte auf das erstaunlich blasse Gesicht des Alten, das leicht bestürzt dreinsah, als wäre es ihm zuletzt doch nicht gelungen, die Fäden zu verknüpfen. Wieso dies alles geschehen konnte, weiß er vielleicht noch immer nicht. Soll’s ihm der heilige Petrus erklären!
    Daß der Alte mit offenen Augen dalag, schien den Ankläger zu befremden. Der Oberst bemerkte es. »Ja, tun Sie’s!« sagte er mild, worauf der Ankläger dem Toten die Augen zudrückte. Mit einemmal war das Gesicht leer, ausdruckslos. Die Augen sind’s, die Leben geben, sagte sich der Oberst.
    Er war voll Erwartung, war gespannt, erregt – ja, erregt war das richtige Wort dafür! Es war ihm, als wäre er mühevoll hochgestiegen, einer Aussicht wegen, und näherte sich jetzt dem Gipfel, von dem aus er alles sehen könnte, besser sehen könnte. Ich soll nicht umsonst so weit gegangen sein, sagte er sich. Jetzt darf ich nicht um den Lohn kommen.
    »Weitermachen!« befahl er. »Rasch, solange das Eisen heiß ist.«
    »Hier?«
    »Warum nicht?«
    »In Gegenwart eines Toten?« fragte der Ankläger, bekümmerter denn je.
    »Fürchten Sie vielleicht, er könnte uns unterbrechen? Das tut er garantiert nicht!«
    »Herr Oberst, Sie haben einen besseren Magen als ich.«
    »Nicht jeder ist so zimperlich wie Sie.«
    »Ich werde es im Bericht an den Minister vermerken.«
    »Sollte ich es Ihnen noch nicht gesagt haben: Ihr Bericht ist mir schnuppe. Halten Sie den Mund – oder Sie verlassen das Zimmer!« befahl der Oberst. »Besser ist’s, Sie verlassen das Zimmer«, fügte er leiser hinzu und dachte: Ich muß es ja doch tun! Muß ihm die Zunge abbeißen – anders kann ich den Kerl nicht zum Schweigen bringen.
    Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er, daß der Vizepräsident der Erdölgesellschaft aufstand und hinausging. Der hat einen ganz schlechten Magen, sagte sich der Oberst. Vielleicht will er seiner Firma telefonieren – aber hier gibt es ja kein Telefon. Von mir aus soll er sie durch die Trommeln der Eingeborenen oder durch Affenschreie verständigen …
    Der Oberst warf einen Blick auf die drei Zeugen, die er für später aufgehoben hatte. Sie versuchten es zwar zu vermeiden, starrten jedoch gebannt auf den Toten im Bett. Auch sie waren blaß, blasser als dieser Alte. Der Mann, den sie Jan nannten (mit dem barbarischen baltischen Namen, den der Oberst auszusprechen sich weigerte), schwitzte sogar aus den Haarfollikeln, so naß lief es seine Brust hinab. Der ist weichgekocht, sagte der Oberst. Und der mexikanische Küchengehilfe und auch der belgische Pharmazeut – die beiden sind mehr als weichgekocht. Das Fleisch hängt ihnen schon von den Knochen.
    Das also sind meine Zeugen, meine Privatzeugen bei dieser Untersuchung, dachte der Oberst machthaberisch. Die habe ich aufgehoben, für mich!
    Er sagte dem Schriftführer: »Machen Sie sich bereit! Diese Zeugen werde ich einvernehmen.«
    »Sie, Herr Oberst?«
    »Muß ich es nochmals sagen?«
    »Und wie soll ich das vermerken?«
    »In Sanskrit, von mir aus. Ist ja egal.«
    Da fuhr der Ankläger mit strenger Miene dazwischen: »Nach dem Gesetz darf die

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