Männerkrankheiten
Bolivien, Penisfische im Amazonas, Gipfelstürme im Himalaya, Durchfall in Rajasthan und das Antlitz des Tigers in Borneo – stets hat der Abenteuer-Angeber eine Geschichte in der Hinterhand, die noch einen draufsetzt und beweist, was für ein Teufelskerl er ist. Selbst friedliche Überfahrten in karibischen Fähren, nicht stattgefundene Faustkämpfe mit senegalesischen Viehhirten oder ausgebliebene Überfälle durch thailändische Junkies werden zu Höhepunkten tollkühner Trips hochstilisiert. Denn der Abenteuer-Angeber versäumt nie, dem Unkundigen selbst harmlose Reiseländer als brodelnde Krisenherde zu verkaufen, damit nur ja keiner seiner Bekannten dorthin fährt und feststellt, dass seine Geschichten ein klitzekleines bisschen übertrieben sind.
Auto-Protzerei, die
Der Auto-Protzer definiert sich ganz allein über seine Karre. Er hat einen Großteil seines Ersparten investiert, um sich eine PS-starke Schleuder zuzulegen, die bei vielen männlichen Konkurrenten akute Neidanfälle hervorruft und manchen Frauen feuchte Höschen beschert. Besonders begehrt sind dabei bekannte Testosteronvehikel wie Porsche, Ferrari, Maserati, Lamborghini, Bugatti oder Jaguar – bevorzugt als Cabrio. Steht der Auto-Protzer nicht neben seinem Wagen, wo er sich selbstverständlich am liebsten aufhält, schlenkert er auffällig mit dem Autoschlüssel herum oder legt ihn (samt Anhänger mit Markenemblem) für alle gut sichtbar auf den Tisch. Seine bevorzugten Themen sind Tempolimits, maximale Beschleunigung und die Unerträglichkeit von Schnarchnasen, die sich erdreisten, mit 140 die linke Spur zu blockieren, was er selbstverständlich als persönlichen Racheakt des kleinen Mannes wertet. Denn jeder, der ihm und seinem Wagen nicht sofort Platz macht, wird als Neidhammel abgestempelt.
Stets versucht er, Bekannte oder Freunde unter fadenscheinigen Vorwänden zu seinem Parkplatz zu locken. Er schlägt immer Straßencafés als Treffpunkt vor, damit er dort mit seinem Wagen vorfahren kann. Selbstverständlich richtet er es so ein, dass er als Letzter eintrifft, damit jeder sieht, in welchem Fahrzeug er sitzt. Sollten sich seine Freunde verspäten, fährt er solange um den Block, bis alle da sind.
Auto-Protzer ohne das nötige Eigenkapital werden als Weekend-Auto-Protzer bezeichnet. Sie mieten sich einfach einen Angeberwagen und gondeln damit im Schritttempo die Flaniermeilen rauf und runter, in der Hoffnung, das weibliche Geschlecht auf sich aufmerksam zu machen. Das klappt auch mitunter. Da es aber noch keinem Auto-Protzer gelungen ist, seinen Schlitten mit ins Bett zu nehmen, wird sein Jagdopfer spätestens dort merken, dass der Auto-Protzer ohne sein Auto auch nur ein ganz normales Würstchen ist.
Demonstratives Gutmenschentum, das
Profilneurotische Männer, die sich materielle Angeberei nicht leisten können, sich als Bildungsbürger bezeichnen oder curryfarbene Fleecejacken zu braunen Cordhosen tragen, beackern das umfangreiche und einträgliche Feld der Political Correctness. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit betonen sie ihr Engagement für die Armen, Schwachen und Gebeutelten. Ob Mitarbeit bei der örtlichen Amnesty-Gruppe, Spendensammeln für UNICEF, Plakate malen für Windenergie oder Veganertum aus Tierliebe: der Demonstrative Gutmensch sichert sich die Aufmerksamkeit der Anwesenden allein durch die Wahl seiner Themen.
Wer über Kinder referiert, die in Bangladesh Leoparden-Leggings für Textil-Multis zusammentackern, oder über Legehennen, die in briefmarkengroßen Käfigen hausen, dem muss man natürlich Gehör schenken, sonst outet man sich selbst sofort als Schwein. So gelingt es dem Gutmenschen-Angeber nicht selten, seinen Zuhörer innen mit seinem Gelaber ein dermaßen schlechtes Gewissen zu machen, dass sie mit ihm ins Bett gehen, nur um auch ihren Teil zur Rettung des Planeten beizutragen. In den Fällen, in denen seine moralinsauren Missionierungsversuche auf taube Ohren stoßen, neigt der Gutmensch dazu, die betreffende Dame als selbstsüchtige Schlampe zu diffamieren, die sein Weltverbesserer-Sperma sowieso gar nicht verdient habe.
Das Demonstrative Gutmenschentum ist eine besonders bösartige Form der Angeberei, da die Nächstenliebe nur aus niederen Beweggründen betrieben wird, nämlich um Bewunderung zu ernten. Bekommen Gutmenschen-Angeber diese nicht, reagieren sie meist extrem inhuman. Mit beharrlichen Einwänden und anderen Meinungen kann der Gutmensch nämlich überhaupt nicht
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