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Maerchen Fuer Kinder

Titel: Maerchen Fuer Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Christian Andersen
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die einzige war, die sie lieb gehabt hatte, die jetzt aber tot war, hatte gesagt: »Wenn ein Stern fällt, so steigt eine Seele zu Gott empor.«
    Sie strich wieder ein Schwefelholz gegen die Mauer, es leuchtete ringsumher, und im Glanze desselben stand die alte Großmutter, glänzend, mild und lieblich da.
    »Großmutter!« rief die Kleine. »O, nimm mich mit! Ich weiß, daß Du auch gehst, wenn das Schwefelholz ausgeht; gleichwie der warme Ofen, der schöne Gänsebraten und der große, herrliche Weihnachtsbaum!« Sie strich eiligst den ganzen Rest der Schwefelhölzer, welche noch im Bunde waren, sie wollte die Großmutter recht festhalten; und die Schwefelhölzer leuchteten mit solchem Glanz, daß es heller war, als am lichten Tage. Die Großmutter war nie so schön, so groß gewesen; sie hob das kleine Mädchen auf ihren Arm, und in Glanz und Freude flogen sie in die Höhe, und da fühlte sie keine Kälte, keinen Hunger, keine Furcht – sie waren bei Gott!
    Aber im Winkel am Hause saß in der kalten Morgenstunde das kleine Mädchen mit roten Wangen, mit lächelndem Munde – tot, erfroren am letzten Abend des alten Jahres. Der Neujahrsmorgen ging über die kleine Leiche auf, welche mit Schwefelhölzern da saß, wovon ein Bund fast verbrannt war. Sie hat sich wärmen wollen, sagte man. Niemand wußte, was sie Schönes erblickt hatte, in welchem Glanze sie mit der alten Großmutter zur Neujahrsfreude eingegangen war!
     

Die Nachbarfamilien.
     
    Man hätte wahrlich glauben mögen, daß in dem Dorfteiche etwas im Werke sei, aber da irrte man sich! Alle Enten, wie sie gerade auf dem Wasser lagen, oder auf dem Kopfe standen, denn das konnten sie, schwammen auf einmal an das Land; im nassen Lehmboden konnte man die Spuren von ihren Füßen sehen und sie schon von weitem schreien hören. Das Wasser kam stark in Bewegung, kurz zuvor war es hell wie ein Spiegel, man erblickte darin jeden Baum, jeden Busch in der Nähe, und das alte Bauernhaus mit den Löchern im Giebel und dem Schwalbenneste, aber namentlich den großen Rosenstrauch voller Blumen, welcher von der Mauer über das Wasser hinaus hing, und das Ganze stand gleich einem Gemälde darin, aber alles auf dem Kopfe. Als das Wasser aber unruhig wurde, da lief das eine in das andere, das ganze Bild war fort. Zwei Entenfedern, die den auffliegenden Enten entfielen, schaukelten auf und nieder, gerade, als ob es windig wäre; aber es war gar kein Wind, und dann lagen sie stille, das Wasser wurde wieder spiegelglatt. Man sah deutlich den Giebel mit dem Schwalbenneste und erblickte den Rosenstock; jede Rose spiegelte sich, sie waren sehr schön, aber sie selbst wußten es nicht, denn niemand hatte es ihnen gesagt. Die Sonne schien zwischen die feinen Blätter hinein, die mit Duft gefüllt waren; und es war einer jeden Rose gerade wie es uns ist, wenn wir, in Gedanken versunken, uns recht glücklich fühlen.
    »Wie schön ist das Dasein!« sagte jede Rose. »Das einzige, was ich wünschen möchte, wäre, daß ich die Sonne küssen könnte, weil sie so warm und klar ist. – Ja, die Rosen dort unten im Wasser möchte ich auch küssen; sie gleichen uns ganz genau. Ich möchte die süßen, jungen Vögel dort unten im Neste küssen; ja es giebt auch viele oben über uns; sie stecken die Köpfe heraus und piepen ganz leise, sie haben gar keine Federn, wie ihr Vater und ihre Mutter. Das sind gute Nachbarn, die wir haben, sowohl die über, wie die unter uns. O, wie schön ist das Dasein!«
    Die kleinen Jungen oben und unten – die unten waren nur der Wiederschein im Wasser – waren Sperlinge, Vater und Mutter waren Sperlinge; sie hatten das verlassene Schwalbennest vom vorigen Jahre eingenommen, in diesem lagen sie und waren zu Hause.
    »Sind das Entenkinder, die dort schwimmen?« fragten die jungen Sperlinge, als sie die Entenfedern auf dem Wasser treiben sahen.
    »Fragt vernünftig!« sagte die Mutter. »Seht Ihr denn nicht, daß es Federn sind, lebendiges Kleiderzeug, wie ich es habe und wie Ihr es bekommen werdet, aber unseres ist feiner! Ich wollte übrigens, wir hätten sie hier oben im Neste, denn sie wärmen. Ich möchte wissen, worüber die Enten so erschraken! Da muß etwas im Wasser gewesen sein, denn ich war es sicher nicht, obgleich ich freilich etwas laut ›Piep‹ zu Euch sagte! Die dickköpfigen Rosen müßten es wissen, aber die wissen gar nichts, die sehen sich nur selbst an und riechen. Es sind mir recht langweilige Nachbarn!«
    »Hört die lieben, kleinen

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