Maerchen Fuer Kinder
einen der schönste Schnittlauch, das war der Küchengarten der alten Leute, und in dem andern ein großer, blühender Geranium, das war ihr Blumengarten. An der Wand hing ein großes, buntes Bild »die Fürstenversammlung zu Wien«, da besaßen sie alle Kaiser und Könige auf einmal! – Eine Schwarzwälder Uhr mit den schweren Bleigewichten »tik, tak!« und immer zu schnell; aber das sei besser, als wenn sie zu langsam ginge, meinten die alten Leute. Sie verzehrten ihr Abendbrot, und die alte Straßenlaterne lag, wie gesagt, im Lehnstuhl dicht bei dem warmen Ofen. Der Laterne kam es vor, als wäre die ganze Welt umgekehrt. – Als aber der Wächter sie anblickte und davon sprach, was sie beide mit einander erlebt hatten, im Regen und Schneegestöber, in den hellen, kurzen Sommernächten und wenn der Schnee trieb, sodaß es ihm wohl that, wieder in den Keller zu gelangen, da war für die alte Laterne alles wieder in Ordnung, denn wovon er sprach, das erblickte sie, als ob es noch da wäre, ja der Wind hatte sie inwendig wahrlich gut erleuchtet. –
Sie waren fleißig und flink, die alten Leute, keine Stunde waren sie unthätig. Am Sonntag Nachmittag kam das eine oder andere Buch zum Vorschein, gewöhnlich eine Reisebeschreibung, und der alte Mann las laut von Afrika, von den großen Wäldern und Elefanten, die da wild umherliefen, und die alte Frau horchte hoch auf und blickte dann verstohlen nach den Thonelefanten hin, welche Blumentöpfe waren! – »Ich kann es mir beinahe denken!« sagte sie. Die Laterne wünschte dann sehnlichst, daß ein Wachslicht da wäre, damit es angezündet werde und in ihr brenne, dann sollte die Frau alles genau so sehen, wie die Laterne es erblickte, die hohen Bäume, die dicht in einander verschlungenen Zweige, die schwarzen Menschen zu Pferde und ganze Scharen von Elefanten, die mit ihren breiten Füßen Rohr und Büsche zermalmten.
»Was helfen mir alle meine Fähigkeiten, wenn kein Wachslicht da ist!« seufzte die Laterne, »sie haben nur Öl und Talglichte, und das ist nicht genug!«
Eines Tages kam ein ganzes Bund Wachslichtstückchen in den Keller, die größten Stücke wurden gebrannt und die kleineren brauchte die alte Frau, um ihren Zwirn damit zu wichsen, wenn sie nähte. Wachslicht war nun da, aber es fiel den beiden Alten nicht ein, davon ein kleines Stück in die Laterne zu setzen.
»Hier stehe ich mit meinen seltenen Fähigkeiten!« sagte die Laterne; »ich habe alles in mir, aber ich kann es nicht mit ihnen teilen. Sie wissen nicht, daß ich die weißen Wände in die schönsten Tapeten, in reiche Wälder, in alles, was sie sich wünschen wollen, verwandeln kann! – Sie wissen es nicht!«
Die Laterne stand übrigens gescheuert und sauber in einem Winkel, wo sie jederzeit in die Augen fiel; die Leuten sagten zwar, daß es nur ein altes Gerümpel sei, aber daran kehrten sich die Alten nicht, sie liebten die Laterne.
Eines Tages, es war des alten Wächters Geburtstag, kam die alte Frau zur Laterne hin, lächelte und sagte: »Ich will die Stube heute für ihn glänzend beleuchten!« Und die Laterne knarrte im Schornsteine, denn sie dachte: »Jetzt wird ihnen ein Licht aufgehen!« Aber da kam Öl und kein Wachslicht, sie brannte den ganzen Abend, wußte aber nun, daß die Gabe, welche die Sterne ihr gegeben, die beste Gabe von allen, für dieses Leben ein toter Schatz bleiben werde. Da träumte sie – und wenn man solche Fähigkeiten hat, kann man wohl träumen – daß sie selbst zum Eisengießer gekommen und umgeschmolzen werden sollte, sie war eben so in Furcht, als da sie auf das Rathaus kommen und von dem »hochlöblichen Rat« beurteilt werden sollte; aber obgleich sie die Fähigkeit besaß, in Rost und Staub zu zerfallen, sobald sie es sich wünschte, so that sie das doch nicht, und dann kam sie in den Schmelzofen und wurde zum schönsten, eisernen Leuchter, in welchen man ein Wachslicht stellt; er hatte die Form eines Engels, welcher einen Blumenstrauß trug, und mitten in den Strauß wurde das Wachslicht gestellt und der Leuchter erhielt seinen Platz auf einem grünen Schreibtisch; das Zimmer war behaglich, da standen viele Bücher, da hingen herrliche Bilder, es war die Wohnung eines Dichters, und alles, was er sagte und schrieb, zeigte sich ringsherum. Das Zimmer wurde zu tiefen, dunklen Wäldern, zu sonnenbeleuchteten Wiesen, wo der Storch umherstolzierte, und zum Schiffsverdeck hoch auf dem wogenden Meere! –
»Welche Fähigkeiten besitze ich!« sagte
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