Märchen unter dem Wüsenhimmel
unglaublicher Liebhaber war. Rücksichtsvoll und sehr geschickt. Sie passten sehr gut zusammen, und sie genoss es, in seinen Armen zu liegen.
Als sie zum ersten Mal in den Büchern von Fatima geblättert hatte, war sie schockiert gewesen. Nun erregte sie die Vorstellung, all diese Dinge mit Jamal zu tun. Vielleicht sollte sie ihm die Bilder zeigen und …
Sie stand auf und ging in ihr eigenes Schlafzimmer. Abrupt blieb sie stehen, als sie das Päckchen mit den Schleiern auf dem Bett liegen sah. Die Schleier, mit denen sie als Honey für Jamal tanzen sollte.
Einerseits freute sie sich darauf, ihre weibliche Macht über ihn zu erproben. Doch andererseits erweckte es ihren Zorn, dass er von einer anderen Frau verführt werden wollte. Es war eine verfahrene Situation, die fachmännischer Hilfe bedurfte.
Eine halbe Stunde später sank Heather in Doras Büro auf eines der behaglichen Sofas.
„Du siehst strahlend, aber auch besorgt aus“, bemerkte Dora, als sie sich zu ihr gesellte. „Das ist eine interessante Kombination.“
„Strahlend?“
„Eindeutig. Und obwohl das schön ist, beunruhigt mich deine Besorgnis. Was ist los?“
„Ich hasse es, dass Jamal eine Geliebte hat“, erwiderte Heathernachdrücklich. „Da ich diese Geliebte bin, sollte es eigentlich nicht weiter schlimm sein. Aber da er das nicht weiß, trifft er sich praktisch mit einer anderen Frau, und das gefällt mir nicht.“
Dora runzelte die Stirn und musterte sie nachdenklich. „Entschuldige, dass ich es so deutlich ausdrücke, aber du sitzt verdammt tief in der Klemme.“
Heather seufzte. „Wem sagst du das? Wie soll ich das Problem lösen?“
„Ich habe keine Ahnung. Aber ich habe eine andere Frage an dich. Was willst du?“
Heather dachte an all die Veränderungen in ihrem Leben, seit sie nach El Bahar zurückgekehrt war. Sie hatte einen Beruf, den sie liebte, einen Platz im Palast und einen Ehemann, der gütig war und rücksichtsvoll und unterhaltsam und sehr sexy und …
„Ich liebe ihn“, murmelte sie verwundert. Natürlich. Warum hatte sie es bisher nicht erkannt? „Ich liebe ihn, und ich will immer bei ihm sein. Ich möchte, dass er mich auch liebt.“
„Dann sag ihm einfach die Wahrheit.“
Heather zögerte. Würde er verstehen, warum sie die Rolle einer anderen gespielt hatte? Oder würde er zornig werden?
„Du willst es ihm nicht sagen?“
„Ich weiß nicht. Unsere Ehe hat gerade erst angefangen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Bombe schon platzen lassen will. Ich habe Angst, dass er mir die Täuschung übel nimmt.“
„Wann wirst du ihn als Honey wieder sehen?“, erkundigte sich Dora.
„In zwei Tagen.“ Mit einem verlegenen Lächeln fügte Heather hinzu: „Ich soll einen Schleiertanz für ihn vollführen.“
„Ach ja? Das klingt interessant.“
„Komischerweise freue ich mich darauf. Deswegen ist alles so verwirrend. Wie kann ich wollen, dass er Honey aufgibt,wenn es mir gefällt, sie zu sein?“
„Warum vollführst du nicht den Tanz und wartest ab, wie es klappt?“, schlug Dora vor. „Wenn es dir weiterhin gefällt, die Geliebte und die Ehefrau zu sein, dann bewahre das Geheimnis ein bisschen länger. Wenn du die Täuschung nicht aufrechterhalten kannst, dann sag ihm die Wahrheit.“
„Da ist etwas dran. Da ich nicht weiß, was ich möchte, ist es wohl das Beste, abzuwarten und später zu entscheiden.“
Eine Weile lang plauderte Heather noch mit Dora. Dann verabschiedete sie sich und ging zu ihrem eigenen Büro. Die Erkenntnis, dass sie Jamal liebte, änderte alles. Es machte ihr Liebesspiel kostbarer, aber alles andere komplizierter. Wie würde er reagieren, wenn er erfuhr, dass sie ihn mit Honey ausgetrickst hatte? Was war, wenn er ihr nie verzieh? Was war, wenn er Honey lieber mochte?
Sie öffnete die Tür zu ihrem Büro, blieb wie angewurzelt stehen und blickte sich verwirrt um. Wo noch am Tag zuvor Möbel und Aktenschränke gestanden hatten, befand sich nun ein leerer Raum.
Eine der Sekretärinnen trat ein. „Prinzessin Heather, es tut mir leid, dass ich Sie nicht habe kommen sehen.“
Heather schenkte der jungen Frau ein Lächeln. „Kein Problem. Aber vielleicht können Sie mir sagen, wohin mein Büro verschwunden ist.“
„Sicher. Bitte kommen Sie mit.“
Verwirrt folgte Heather der Sekretärin. „War der König hier? Habe ich zu viel Raum beansprucht? Braucht jemand anders das Büro und …“
Ihre Stimme verklang, als diese die Tür zu einem großen, hellen Büro
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