Märchen unter dem Wüsenhimmel
gerade reizvoll.
Der Salon war so groß wie ein Basketballfeld und mit Marmorsäulen, eleganten Sofas, Originalgemälden, einem Piano und der fast lebensgroßen Bronzestatue eines Pferdes ausgestattet. Eine Fensterfront bot einen atemberaubenden Blick auf die Stadt und den Central Park. Zu beiden Seiten eröffneten sich Korridore.
„Zur Linken befinden sich der Speiseraum, die Küche und die Büroräume“, erklärte der Manager. „Bitte lassen Sie uns wissen, wenn Sie die Dienste eines Chefkochs in Anspruch nehmen möchten.“ Er deutete nach rechts. „Vier Schlafzimmer. Die Lieferung der Boutique ist bereits eingetroffen, und es wurde ein leichtes Abendessen serviert.“
Khalil nickte. „Danke, Jacques. Das wäre dann alles.“
Der Manager verbeugte sich. „Es ist uns eine große Freude, Sie als Gast bei uns zu haben, Prinz Khalil. Meine Belegschaftsteht Ihnen zu Diensten.“
„Ja. Gute Nacht.“
Dora konnte es kaum fassen, dass sie sich in einem derart vornehmen Hotel befand. Sie hatte nicht gewusst, dass solche prunkvollen Suiten existierten, geschweige denn davon geträumt, jemals in einer zu übernachten.
Khalil sprach zu den beiden Männern, die daraufhin über den Flur verschwanden. Dann wandte er sich an Dora. „Ich möchte unseren Arbeitstag morgen um acht Uhr beginnen.“
„Ich werde pünktlich sein“, versprach sie. „Falls ich mich verlaufe, rufe ich ein Zimmermädchen und lasse mir den Weg zeigen.“
„Ich halte Sie für intelligent genug, um sich allein zurechtzufinden.“
Er lächelte sie an, und ihr stockte der Atem. Sie musste sich räuspern, bevor sie sprechen konnte.
„Wie soll ich Sie eigentlich ansprechen? Eure Hoheit? Prinz Khalil?“
„Khalil reicht.“
Sie ging einen Schritt zu den Schlafräumen, blieb dann stehen und drehte sich zu ihm um. Eine Sekunde lang wünschte sie sich, vom Schöpfer wie die Bambis dieser Welt mit einem schönen Gesicht und einem reizvollen Körper statt mit Verstand ausgestattet worden zu sein. Aber eigentlich wollte sie nicht auf ihre Intelligenz verzichten. „Danke“, sagte sie schlicht. „Sie waren heute sehr gütig zu mir, und ich weiß es zu schätzen.“
Er winkte ab. „Meine so genannte Güte hat sich zu meinem eigenen Glück entwickelt. Ich hätte keinen weiteren Tag mit jener furchtbaren Frau ertragen. Gute Nacht, Dora.“
Sie nickte und wandte sich ab. Es war nicht schwer zu ergründen, welcher Schlafraum ihr zugedacht war. Zwei Türen waren bereits geschlossen, und eine dritte führte in ein riesiges Gemach. Flüchtig gewahrte sie ein Bett, das Platz genug für vierPersonen bot, einen Sitzbereich und dahinter ein luxuriöses Badezimmer.
Sie ging weiter zu der offenen Tür am Ende des Flures. Der große Raum war in Blau und Gold gehalten. Das Mobiliar sah französisch aus. Auf einem kleinen Tisch in einer Ecke stand ein Tablett vom Zimmerservice, und vor dem breiten Bett waren mehrere Einkaufstüten aufgereiht.
Dora überlegte, was sie als Nächstes tun sollte. Ihr Magen knurrte und rief ihr in Erinnerung, dass sie seit dem frühen Morgen nichts gegessen hatte. Daher verzehrte sie zunächst das Mahl aus Salat, köstlich gewürzter Hähnchenbrust, zartem Gemüse und Safranreis. Das Dessert hob sie sich für später auf.
Während sie noch an dem Weinglas nippte, setzte sie sich auf das Bett. Als sie sich im Spiegel über der Frisierkommode erblickte, stöhnte sie laut auf. Sie sah furchtbar aus. Das Makeup, das sie am Morgen aufgelegt hatte, war verschwunden. Ihre Haut war blässlich und fleckig, die kurzen, dunklen Haare zusammengefallen, und das Brautkleid bauschte sich auf höchst unvorteilhafte Weise um ihren Körper.
„Mein Leben ist ein einziges Chaos“, teilte sie ihrem Spiegelbild mit.
Zwölf Stunden zuvor hatte sie glücklich und zufrieden ihre Hochzeit geplant und sich mit ihrem Boss und Verlobten auf Geschäftsreise nach Boston begeben. Nun war sie allein in New York und einem Fremden ausgeliefert. Der Fremde war zwar ein Prinz, aber kaum mehr als eine vorübergehende Rettung. Nach Ablauf der zwei Wochen musste sie in ihr wahres Leben zurückkehren und vermutlich Gerald wieder sehen.
Entschieden verdrängte sie den furchtbaren Gedanken und leerte eine Tüte nach der anderen auf dem Bett aus, bis sie von einem großen Haufen neuer Sachen umgeben war. Nicht nur Schuhe, Kleider, Röcke, Blusen, Dessous und Nachthemdenwaren vorhanden, sondern auch ein Schminkkoffer und eine Kulturtasche.
Dora stand auf, zerrte
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