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Märchenerzähler

Märchenerzähler

Titel: Märchenerzähler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Michaelis
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trockene Wäsche abzunehmen. Oben hörte man Micha wieder auf dem Klavier klimpern.
    »Sie würde direkt bleiben«, sagte Abel und lächelte. »Ich bin abgeschrieben, was?«
    »Unsinn«, sagte Anna. »Du bist der Seelöwe, der sie auf dem Eis beschützt. Vergiss das nicht.« Und sie umarmte ihn mit einem Hemd in der Hand, was zu einer merkwürdigen Art von Verhedderung führte. »Nachts«, flüsterte sie, »warst du nachts weg?«
    Er zögerte. »Ja«, sagte er schließlich. »Nicht lange. Ich hatte etwas … abzugeben.«
    »Und bist du danach zu mir gekommen oder habe ich das geträumt?«
    Er strich ihr durchs Haar. »Das hast du geträumt«, sagte er.
    »Es war kein schöner Traum«, flüsterte Anna. »In meinem Traum warst du unglücklich …«
    »Komm«, sagte er, »bringen wir die Wäsche hoch. Wir sollten langsam machen, dass wir loskommen, sonst fängt Micha an zu denken, wir wohnen hier.«
    »Warte«, sagte sie auf der Treppe. »Hast du eigentlich nachgedacht? Über Magnus’ Angebot mit dem Geld?«
    »Magnus …«, murmelte Abel. »Er ist der einzig Vernünftige hier, weißt du das? Er würde mich lieber heute als morgen zum letzten Mal sehen. Ich frage mich, welche Bedingung an sein Angebot geknüpft ist. Früher oder später wird er sie nennen. Vielleicht die Bedingung, zum Studieren sehr weit weg zu gehen.«
    »Unsinn«, sagte Anna, aber sie hatte einen schlechten Geschmack im Mund, als sie das sagte.
    Als sie Abels Bücher von ihrem Schreibtisch sammelte, waren ihre Finger schwer wie Blei. Bleib doch, wollte sie zu ihm sagen, bleib doch hier, mit Micha, geh nie mehr weg, geh nie mehr nachts fort, bleib hier. Du musst nicht mehr arbeiten, nachts, vergiss doch deine Anrufe und deine Kontakte, das Fell der weißen Katzen, wirf diese Nachtwelt fort, wirf sie in den Fluss. Ihr Handy lag noch immer auf dem Schreibtisch, und sie erinnerte sich an den Anruf von gestern und hörte die Mailbox ab, ohne wirklich hinzuhören, während Abel Dinge in seinen Rucksack packte.
    Dann hörte sie doch hin. Es war nicht Gitta gewesen. Es war der Knaake.
    »Anna«, sagte er. »Ich bin vielleicht auf dem Weg, etwas herauszufinden. Ruf mich an, sobald du kannst.«
    Sie drückte die Rückruftaste. Es wäre besser, dachte sie, hinauszugehen, Abel stand noch immer hinter ihr – es wäre vielleicht sogar besser, gar nicht anzurufen. Vielleicht wollte sie nicht wissen, was er herausgefunden hatte. Ihr Herz raste mit einem Mal.
    »Fischer?«, blaffte eine weibliche Stimme ins Telefon. Sie zuckte zusammen.
    »Ich … ich dachte … ich muss mich verwählt haben.«
    »Oder auch nicht«, sagte die Stimme, eine nassforsche Stimme, unangenehm. »Dies ist das Handy von Heinrich Knaake.«
    »Ich … ja … ist er denn da?«, fragte Anna verunsichert. »Kann ich ihn sprechen? Ich bin eine Schülerin von ihm, er hat mich gebeten, ihn zurückzurufen …«
    »Er ist da. Aber es wird etwas schwierig, mit ihm zu sprechen. Er liegt im Koma. Sie sind in der Uniklinik gelandet. Ich bin die behandelnde Ärztin.«
    Anna schloss die Augen und öffnete sie wieder.
    »Wie?«
    »Das Handy war in seiner Jackentasche. Es ist ein Wunder, dass es noch funktioniert. Sagen Sie, wissen Sie irgendwen, den wir benachrichtigen können? Familie?«
    »Nein«, antwortete Anna und schluckte. »Ich … kenne ihn nicht wirklich. Was … was ist passiert?«
    »Er ist ins Eis eingebrochen«, sagte die Ärztin. »Wir wissen nicht, wie lange er im Wasser war. Sie haben ihn gestern Nacht aus dem Ryck gezogen, im Museumshafen. Hat Glück gehabt, dass jemand vorbeigekommen ist. Der, der vorbeigekommen ist, hat ihn allerdings nicht rausgezogen, er hat von einem öffentlichen Apparat aus die Feuerwehr angerufen. Die Feuerwehr! Auch eine Idee, auf die man erst mal kommen muss. Und dann hat er sich aus dem Staub gemacht, unser Anrufer.«
    Sie lachte ein raues Lachen, bellend beinahe, wie ein Husten. Wenn man auf der Intensivstation arbeitete, dachte Anna, gewöhnte man sich vielleicht diese Art von Lachen an – über diese Art von Dingen.
    Ihr war schwindelig. Sie setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl.
    »Können wir ihn besuchen?«
    »Wenn Sie nicht erwarten, dass er mit Ihnen spricht, bitte. Intensivstation, Löfflerstraße. Sie finden uns schon.«
    Sie legte auf und starrte das Handy an. Sie hätte am Abend abheben sollen. Wäre er dann nicht ins Eis eingebrochen? Was hatte er im Museumshafen auf dem Eis getan?
    »Anna?«, fragte Abel. »Was …?«
    Sie sah ihn

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