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Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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ertrinken. Er sah sie wieder nackt, im Schlamm kniend, ihr Haar lose wie eine Flut von Seide. Und er sah sie mit schlaffem Gesicht, mit ihren Dämonen reden, und er sah, wie der Dämon ihren Körper übernahm.
    Zitternd streckte er eine Hand aus, verachtete sich dafür, weil er sich fürchtete, sie zu berühren. Ihre Finger waren warm und so lebendig, glatt und stark; mit festem Griff schlossen sie sich um die seinen.
    Aleytys ließ die Hand beinahe los, hielt dann aber trotzdem fest und fühlte die schmerzhafte Verwirrung schließlich schwinden. Fühlte etwas anderes. „Du bist ein Sensitiver?“
    „Was?“
    „Du siehst?“
    „Ja – früher.“
    „Das verliert man nicht einfach wie die Milchzähne.“
    Er bewegte seine Hand, riß sie jedoch nicht ganz los. „Ich habe es verloren“, sagte er steif.
    „Hai Madar.“ Mit einem Seufzer nahm sie die Reste ihrer Geduld zusammen. „Es funktioniert nicht.“
    „Ich habe es dir gesagt.“
    „Nein, nein. Ich habe damit gemeint, daß du nicht leugnen kannst, was du bist. Ich habe es versucht, und ich weiß es. Mach dir nichts draus. Gwynnor, ich schwöre dir, daß ich nichts von dir oder deinem Volk oder dem Schmuggler oder den Waffen oder überhaupt irgend etwas sagen werde, was dir einen Schaden zufügen könnte.“ Sie konzentrierte sich darauf, ihren starken Glauben daran auszustrahlen.
    Dieses Mal riß er seine Hand wirklich los. Er sprang auf die Füße. „Nicht.“ Nachdem er ein paar Meter zwischen sich und sie gelegt hatte, sagte er heißer: „Hast du lange genug ausgeruht?“
    „Gerade lange genug, um wieder steif zu werden. Ich werde in Ordnung sein, sobald wir uns wieder auf den Weg machen.“
    „Es sind noch zwei Stunden bis Mittag.“ Er ging nervös weiter, ohne auf ihre Antwort zu warten.
    Aleytys rieb sich über den Bauch. „Verdammt. Ich könnte jetzt etwas zu essen vertragen.“ Sie folgte Gwynnor den Bach entlang, hielt sich dabei so nahe, wie sie nur konnte, am Ufer des Wassers. Das Gehen war schwierig; in unregelmäßigen Abständen durchbrachen Baumwurzeln den Boden und die bizarren Spalten und Risse zwischen den Steinen drohten, einen Fuß zu fangen oder einen Knöchel zu brechen. Als die Ufer breiter wurden, gab es Gras, und das Gehen fiel leichter. Irgendwann verkündete der Stand der Sonne die Mittagsstunde, aber Aleytys war zu erschöpft, um sich um Gwynnors verwirrenden Reaktionen zu kümmern. Sie ließ sich auf einen Grasflecken fallen und zog ihre Stiefel aus. Während sie dasaß und die tauben Zehen rieb, hielt er an und kam zurück. „Kannst du weitergehen?“
    Sie streckte die Füße aus, wackelte mit den Zehen, starrte auf die beengenden Stiefel und runzelte die Stirn. „Gib mir ein bißchen Zeit. Ich muß nachdenken.“
    Er blickte finster drein, setzte sich dann ein Stück entfernt hin, wobei er ihr den Rücken zukehrte, als sei er nicht willens, sie anzusehen.
    Aleytys schloß die Augen. „Harskari?“
    Das schmale, blasse Gesicht mit den großen, bernsteingelben Augen entstand aus der Dunkelheit heraus. „Was ist los, Aleytys?“
    „Ich wollte nur ein freundliches Gesicht sehen.“
    Eine dünne Augenbraue schnellte zu den in die Stirn fallenden Silberlocken hoch. „Dein kleiner Freund findet also keinen Gefallen an dir.“
    Aleytys runzelte die Stirn. „Ich habe irgendwo einen falschen Knopf gedrückt. Ich wünschte, was ich gesagt habe. Oder getan.“
    „Gib ihm Zeit. Er ist in einer fremden Welt und ist unglücklich darüber.“
    Aleytys rieb sich nachdenklich die Nase. „Und er mag keinen von uns Sternenleuten.“ Sie kicherte. „Mein Gott, Harskari, hast du gehört, was ich gerade gesagt habe?“
    „Eine Wahrheit, die einzugestehen du lange gebraucht hast.“ Harskari zögerte, und ihre Bernsteinaugen verengten sich. „Du träumst noch immer davon, zu Vajd zurückzugehen.“
    Aleytys bewegte sich unruhig. „Ich möchte nicht darüber reden.“
    „Offensichtlich. Wie auch immer – besser, du denkst darüber nach.“ Das Gesicht verblaßte, und sie war wieder allein.
    Sie streckte ihre schmerzenden Glieder, dann lehnte sich Aleytys an den Baum zurück, um die schwarzen Wasser ihres symbolischen Flusses in heilenden Wellen über sich fließen zu lassen, die Gifte der Erschöpfung zu vertreiben, die Muskelschmerzen fortzuspülen. Der besänftigende Strom verebbte, und sie sprang auf die Füße, gähnte, grinste Gwynnors hartnäckigen Rücken an. „Ich verhungere.“
    Er erhob sich und ging stumm in den

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