Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
entspannten sich, als der Schmerz verging und Kraft zurückströmte.
    Aleytys sah auf, als sie die Hände wegzog. Gwynnor stand neben ihr, das Pfeilgewehr gezückt, während seine Blicke aufmerksam die Schatten unter den Bäumen absuchten. „Danke, Freund.“
    Beim Klang ihrer Stimme zuckte er zusammen und drehte sich zu ihr um. „Wenn du fertig bist, brechen wir besser auf.“ Ohne das Kind anzusehen, sagte er: „Es ist geheilt. Es wird jetzt schon klarkommen.“
    „Er“, berichtigte sie ruhig. „Ich muß noch sein Bein richten. Es ist gebrochen. Hilf mir, es gerade zu halten, während ich den Bruch heile.“
    Widerwillig stieß Gwynnor das Gewehr hinter den Gürtel und kniete neben dem Kind nieder; es war wach und starrte sie aus ängstlichen, nicht blinzelnden Augen heraus an. Aleytys sah finster auf Gwynnors Lockenkopf, jetzt besorgt über seine instinktive Abscheu, als er das Cludair-Kind berührte.
    Er schluckte seinen Ekel hinunter und tat, um was sie gebeten hatte, ruhig und sachkundig, vorsichtig streckte er das Bein, sanft, fest, hielt es still, wenn der Schmerz das Kind aufschreien und versuchen ließ, sich von ihm wegzudrehen.
    Aleytys legte die Hände auf den Bruch und rief die Heilkraft herunter.
    Als sie den Kopf wieder hob, blickte sie in einen Kreis ernster Gesichter, die mit feinem, gesprenkelten grünlich-braunem Haar bedeckt waren. Der größte der Männer trug ein ledernes Lendentuch und hielt einen kurzen Bogen mit angelegtem und schußbereitem Pfeil. Er trat vor und blieb vor ihr stehen.
    „Ineknikt nex-ni-ghenusoukseht ghalaghayi.“
    Aleytys hörte die Töne als eine Folge von unsinnigen Silben, dann stach ein messerscharfer Schmerz durch ihren Schädel, und die Bedeutung glitt wie auf einer Schnur aufgereihte weiße Perlen vor die Schwärze in ihrem Geist. Die Leute kennen deinen Geruch nicht, jüngere Schwester des Feuers. Sie nickte ruhig. „Ich bin unterwegs durch eure Welt. Vater der Menschen.“
    „Das Kind.“ Er zeigte mit einem langen, dünnen Zeigefinger auf die kleine Version seiner selbst; der Junge kauerte auf der Erde. „Er ist mir mein Sohn.“
    „Ich hörte einen Schrei und kam, nachzusehen, ob Hilfe gebraucht wird. Eine Waldkatze hatte das Kind angegriffen. Ich bin Heilerin. Ich muß heilen.“ Sie deutete mit einer Hand auf das großäugige Kind. „Frag.“
    Er ließ sich mit geschmeidiger Anmut neben seinem Sohn nieder. „Kleiner Bruder, was ist geschehen?“
    „Vater der Menschen, die Gasgas sangen zu mir von Fremden im Wald. Ich kam, um nachzusehen.“ Schüchtern grub er mit langen, doppelgliedrigen Daumen im grobkörnigen Erdreich, seine Blicke mieden das ernste Gesicht seines Vaters. „Als ich kam …“ Er zögerte, seine Finger drehten sich im spärlichen Gras. „Als ich kam, war ich unachtsam und ließ die Katze über mich kommen. Schwester des Feuers beugte sich über mich, als ich wach wurde. Ich war verletzt.“ Er berührte seinen Bauch, dort, wo das Fell verschwunden war und das Rosa-Silber des nackten Fleisches zeigte. „Ich war hier aufgerissen, meine Eingeweide quollen durch das Loch heraus. Und hier …“ Er berührte seinen Kopf, „… war viel Schmerz. Manchmal sah ich alles doppelt. Und mein Bein war unter dem Knie gebrochen, der Knochen ein weißer Stummel, der durch das Fleisch herausragte. Schwester des Feuers legte ihre Hände auf mich. Feuer kam und verbrannte mich, aber es brannte den Schmerz aus mir heraus und trieb die Todesschlange zurück. Dann kam der Mann von der Ebene und hielt mein Bein. Schwester des Feuers legte wieder ihre Hände auf mich. Und nun sieh – mein Bein ist ganz. Es ist ein großes Wunder, Vater der Menschen.“
    Die Blicke aus den runden, dunklen Augen des Mannes hoben sich zu Aleytys. „Ich bin Heilerin“, wiederholte sie ruhig. „Wo es Not gibt, muß ich heilen.“
    Er starrte sie einen Augenblick lang an, während sich die Nasenflügel seiner langen Nase rasch ein und aus bewegten, ihre Gerüche maßen, die Düfte, die ihr Körper in die Luft entließ, auf Wahrheit prüften. Nach einigen Herzschlägen senkte er seinen Blick und inspizierten Bauch und Kopf des Jungen, wo das Haar verschwunden war, tastete dann an dem Bein entlang, knurrte, als der starke, schlanke Knochen unter seinen Fingern entlangglitt ohne Anzeichen eines Bruchknotens. Er stand auf. „Heim mit dir, Winzling, und paß dieses Mal besser auf.“
    Sekunden später war der Junge auf dem verwobenen Weg hoch in den oberen Bereichen der

Weitere Kostenlose Bücher