Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
Wald, ließ Aleytys überrascht starrend zurück. Während sie noch überlegte, ob sie ihm folgen oder am Wasser warten sollte, kam er zu ihr zurück und hielt ihr eine große, grüne Frucht mit dicker, markiger Schale hin. Zaghaft lächelte er, ein bloßes Verziehen seiner Lippen. „Vor ein paar Minuten konntest du dich nicht rühren.“
    Nachdem sie die Schale von der Frucht abgezogen hatte, senkte sie die Zähne in das saftige, rosa-karminrote Fleisch. Sie lächelte vor Freude über den Geschmack. „Die ist gut, Gwynnor.“
    „Wir nennen sie Chwech.“
    „Du sprichst also wieder mit mir.“ Sie wischte den Saft ab, der über ihr Kinn sickerte, rieb dann die Hand an einem dicken Grasbüschel neben ihren Füßen sauber. Sie setzte sich. „Komm her und erzähl mir über deine Maes.“
     
    Nach einer Rast von einer halben Stunde gingen sie weiter. Träge kroch die Sonne zum westlichen Horizont hinauf; ihr Abstieg wurde durch ein Schwächerwerden des grünlichen Leuchtens und der allmählich nachlassenden Helligkeit der Himmelsfragmente, die über der Bachmitte sichtbar waren, markiert. Sie sprachen selten, teilten aber eine Art zaghafter Freundlichkeit, die das Gehen leichter machte. Aleytys brannte vor Neugier darauf, zu erfahren, warum er sich so seltsam verändert hatte, aber das Ergebnis gefiel ihr viel zu sehr, als daß sie sich wünschte, eine weitere Veränderung seines Verhaltens einzuleiten.
    Sie schaute sich neugierig um und entdeckte etwas, das ein sicheres Thema herzugeben schien. „Lebt hier irgend jemand, oder sind die Bäume sich selbst überlassen?“
    „Die Waldleute. Nennen sich selbst Cludair. Hin und wieder handeln wir mit ihnen. Stoff und Metallwaren gegen Gewürze, Parfüms, Dufthölzer, Perlen und Schnitzereien.“
    „Wie sehen sie aus? So wie ihr?“
    „Nein!“
    Bevor sie dem Grund seiner Entrüstung nachspüren konnte, ließ ein knackendes, krachendes Geräusch ihren Kopf herumrucken. Sie hörte einen Schrei und ergriff Gwynnors Schulter. „Was war das?“
    Sie fühlte seine Muskeln unter ihrer groben Berührung zucken „Es geht uns nichts an. Wir sind nur hier, um zum Fluß zu kommen.“
    „Klingt, als wäre jemand verletzt.“ Vor sich, rechter Hand, hörte sie ein ängstliches Jammern. „Ein Kind!“ Sie lief in Richtung des heiseren Schmerzensgeschreis los.
     
    Gwynnor hörte den Schrei und das Jammern, tat es jedoch schulterzuckend ab. Im Wald geschahen immer schlimme Dinge. Zu viele geheimnisvolle Dinge hier. Aber wenigstens litt kein Cerdd Schmerzen. Dies hier war nicht die Maes, wo die Menschen des anderen Gesicht offen unter einer ehrlichen Sonne sahen. Widerwillig ging er in den Wald und folgte dem Bersten des verwegenen Voranstürmens der Sternenfrau. Sie befaßt sich mit jedem, dachte er. Keinen Unterschied. Hure! Nein. Das ist nicht richtig. Ich weiß nicht. Ein niedriger Ast krachte gegen seinen Schädel, stieß ihn aus seiner Versunkenheit. Er bewegte sich wachsamer voran, folgte dem Klang des Stöhnens.
    Als er sie einholte, beugte sie sich über die gefallene, hagere Gestalt eines Cludair-Kindes, dessen grünlich-braunes Fell verfilzt und blutig war, seine großen, rotbraunen Augen blasig und leblos. Die Sternenfrau hatte eine Hand auf eine tiefe Wunde im Unterleib des Kindes gepreßt und die andere Hand um seinen Kopf gekrümmt, wo Blut herausspritzte und ihre Finger besudelte. Ihr Gesicht war durch die Intensität ihrer Konzentration verdunkelt. Die Luft dampfte rings um sie her, lebte durch die Kraft, die sie durchströmte. Gwynnor fühlte sie an seinen Nerven entlang zittern, Türen in seinem Verstand öffnen, die er geschlossen haben wollte. Er sah von ihr weg.
    Der Kadaver einer Katze mit grünlichem Fell lag ausgespreizt neben dem eifrig beschäftigten Paar; die Rosetten von dunkleren Grünflecken sorgten dafür, daß sie auch jetzt noch kaum sichtbar war. Er packte einen Hinterlauf des Tieres und schleppte es tiefer in die Dunkelheit unter den Bäumen. Kein Blut war da, nur eine kleine, versenkte Stichwunde, die sich durch den runden, derben Schädel bohrte. Wieder empfand er eine Verzweiflung, beinahe Wut, weil er keinen Zugang zu jenen starken Energiewaffen hatte.
    Dann kam er auf die kleine Lichtung zurück. Unter den blutigen Händen der Sternenfrau heilten die gräßlichen Wunden, das neue Fleisch wuchs zusehends nach und füllte die aufgerissenen Stellen. Der kleine, verzerrte Körper legte sich langsam gerade, die straffen, verknoteten Muskeln

Weitere Kostenlose Bücher