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Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Bäume verschwunden. Aleytys sah ihm mit Erstaunen nach. Sie hatte das Vorhandensein des Lianenwirrwarrs bemerkt, es jedoch für eine natürliche Formation gehalten. Jetzt, als der Junge lautlos und unsichtbar davoneilte, merkte sie, daß diese Rankenbrücke Teil eines Wegesystems war, das die oberen Bereiche des Waldes miteinander verwob. Sie drehte sich zu dem Cludair um.
    Die Augen ein dunkles Rotbraun funkelnd, mit einer Schnauze, fast kinnlos, das Gesicht sehr ernst, blickte er sie feierlich an. „Schwester des Feuers, meine Dankbarkeit hast du verdient. Was ich besitze, gehört ohne Einschränkung dir.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Du schuldest mir nichts.“
    Er schaute auf seine fest um die Enden seines kurzen Bogens geklammerten Hände hinunter, zeigte ein Zögern, das ihm eindeutig fremd war. Nach einem kurzen, angespannten Schweigen sagte er langsam: „Wirst du mit mir kommen, Schwester des Feuers? Nur die große Not meines Volkes kann meinen Bruch der Ehrerbietung gegenüber jemandem mit großer Macht und großem Herzen rechtfertigen. Das Haus der Cludair wird zerstört, und es liegt nicht in unserer Macht, dies zu verhindern. Als Vater der Menschen muß ich alles versuchen, was uns helfen könnte.“

 
6
     
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Krachende Bäume, jaulende Sägen, Holz, das in Drehbänken kreischte – als wertlos geringschätzte, abgeschlachtete Bäume, zu Spänen zerkaut und nach hinten ausgespien. Die gedrungene, häßliche Maschine fraß den Wald wie eine ungeheuere Heuschrecke.
    Ein Gleiter schwebte über der After-Öffnung der Metallheuschrecke, wirbelte die Endprodukte der Verdauung der Maschine hoch, klebte das bearbeitete Nutzholz in einem knolligen Bündel unter seine flache Unterseite. Während sie zusahen, erreichte er seine Hebekapazitäts-Grenze, stieg an und schoß nach Süden davon. Die Maschine schob sich langsam weiter voran, ohne von diesem Besuch die geringste Notiz zu nehmen.
    Tipylexne berührte sie an der Schulter. Als sie sich umdrehte, beugte er sich herab, so daß sein Mund dicht an ihrem Ohr war. „Siehst du, Feuerschwester?“ Über dem rauhen Getöse der Maschine konnte sie die Worte kaum hören. „Dieses Ding“, fuhr er fort, „hat schon das ganze vergangene Jahr am Wald gefressen.“ Sein Gesicht zerknitterte vor Schmerz, als würde die vor ihnen stattfindende Verwüstung an seinem eigenen Körper verübt. „Dies ist das zweite Mal, daß es vorbeikommt und totes Land vom Meer bis zum Gestein zurückläßt.“
    Aleytys nickte, kam schweigend auf die Füße und folgte dem Cludair wieder unter die Bäume. Als sie sich von der Lichtung entfernten, schirmte der Wald einen Teil des Lärms ab, so daß es möglich war, zu reden. Sie dachte über das nach, was sie gesehen hatte, während sie dem stillen, bekümmerten Waldmann folgte. Dann beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie neben ihm ging. „Ich nehme an, ihr habt versucht, sie zu vertreiben.“
    „Zu viele sind gestorben. Sinnlos.“ Sie konnte den Schmerz in seiner Stimme hören. „Wir konnten sie nicht treffen.“
    Aleytys starrte finster auf die blättergepolsterte Erde, die das Geräusch ihrer Schritte dämpfte. „Ich verstehe. Du willst wissen, ob ich vielleicht eine Möglichkeit sehe, die Maschine zu zerstören.“ Sie rieb sich die Kehle und dachte über das Problem nach. „Ich denke, ich sehe eine. Sie würden sie reparieren, weißt du.“ Sie schüttelte den Kopf, als er hastig nach ihrem Arm griff. „Sie werden sie reparieren, egal was ich mit ihr anstelle. Und sie werden sich rächen, Jäger. Bist du bereit, dich dem zu stellen, was das für dein Volk bedeuten würde?“
    Sein erster Jubel legte sich, wurde durch einen nachdenklichen Optimismus ersetzt. „Der Wald ist groß. Und du kannst die Maschine wieder kaputtmachen.“
    „Ich kenne diese Gesellschaft nicht, Tipylexne. Vielleicht reparieren sie die Maschine immer wieder. Ich kann euch ein wenig von meiner Zeit geben, aber ich kann nicht für immer bleiben.“
    Tipylexne nickte hastig. „Ich verstehe. Der Rat wird abwägen.“
     
    Gwynnor beobachtete, wie die beiden aus den Schatten kamen und in stiller Kameradschaft rasch nebeneinander hergingen. Er ballte die Finger zu Fäusten, bis die Knöchel schmerzten, wollte sie in das exotische Gesicht schlagen, wollte die Sternenfrau schlagen, schlagen, schlagen, bis sie diese knochentiefe Sicherheit verlor, die sie unerschütterlich zu irgendeinem Ziel marschieren ließ – die ihr

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