Maeve
alle im Haus. Mit der Axt und dem Schwert nahe zur Hand. Pfeilgewehre, soweit wir welche haben. Es ist eine Woche her, seit sie versucht haben, jemanden zu holen. Mehr als ein paar von den Bastarden gingen letztes Mal mit blutigen Schädeln nach Hause. Ha!“
„Nachts kommen sie nicht?“
„Bisher nicht.“ Er bewegte sich, leerte sein Glas und knallte es auf das Tablett. „Es ist eine traurige Heimkehr, Bursche.“
Gwynnor hielt ihm sein Glas hin. Treforis füllte es neu, leerte dann die Flasche in seines. Die Brüder hoben die Weingläser in einem wortlosen Trinkspruch, verfielen dann in geselliges Schweigen, während sie von der duftenden Flüssigkeit nippten und zusahen, wie die Kohlen karmesinrot und blau wurden.
Der Wein wärmte die Müdigkeit und Niedergeschlagenheit aus Gwynnor heraus. Er sah auf. „Was ist mit dem Hof?“
„Das Unkraut gedeiht. Wer wird es riskieren, am Tag draußen auf den Feldern zu arbeiten? Und was, zur Hölle, kann man in der Nacht tun?“ Mutlos schüttelte er seinen Kopf.
Gwynnor musterte die massige Gestalt in dem Sessel ihm gegenüber. Das kleine, flackernde Licht betonte den Hauch von Rotbraun im kurzen, seidigen Fell seines Bruders und in den enggerollten Locken über seinen spitzen Ohren. Eine abrupte Woge von Zuneigung erwärmte ihn. „Wann ist die Erntezeit?“
„Uhh. Wir können noch etwas retten, wenn wir bis zum Ende des Monats aufs Feld kommen.“ Er bewegte ungeduldig eine Hand. „Danach … nun, es wird kein leichter Winter werden.“
„Die Breudwedda ist nicht mehr, aber was ist mit dem Dorfrat?“
„Zittert.“ Treforis schnaubte. „Grenzstreitigkeiten und Marktplätze. Geburtenlisten. Sterbeverzeichnisse. Kaffon-Stammbäume. Das ist alles, wofür sie gut sind. Sie sitzen mit sich bewegenden Mündern herum, aber heraus kommt nichts.“ Er leerte das Glas und stellte es auf den Tisch. „Wertlos.“
„ Versucht überhaupt irgend jemand, etwas gegen die Überfälle zu tun?“
„Ja. Ich habe es dir gesagt. Der Besitz wird verteidigt.“
„Sonst noch etwas?“
Treforis legte seine Hände auf die massigen Oberschenkel. Er schüttelte seinen Kopf. „Wie gesagt: Ein Haufen Bürger ohne die Verantwortung von Hof und Familien trifft sich in Morghas Schänke, um über die großartigen Dinge, die sie tun würden, wenn sie eine Chance hätten, Lügen auszutauschen. Ich komme nicht so oft ins Dorf, da ich Esyllt und die Kinder nicht gern allein lasse.“ Er lachte, als er Gwynnors fragend gehobene Augenbraue sah. „Fünf davon mittlerweile und noch eins im kommenden Frühjahr.“ Er klatschte die großen Hände auf seine Schenkel. „Verdammt, Gwyn, wenn ich die Felder nicht bestelle – wie viele von ihnen werden dann im kommenden Frühjahr noch am Leben sein?“
Gwynnor stellte das Glas neben den Sessel, zu elend im Herzen, um den Wein noch länger genießen zu können. „Und niemand tut etwas anderes als reden.“
Treforis bewegte ungeduldig seine Schultern. „Niemand hat auch nur eine verdammte Ahnung, was irgend jemand tun könnte. Schluß mit diesem Unsinn. Wie ist dein Leben verlaufen, seit wir uns das letzte Mal unterhalten haben?“
2
Aleytys sah, wie sich das Segel blähte, als das kleine Boot stromaufwärts Fahrt aufnahm. Sie winkte ein letztes Mal, trat dann vom Geländer zurück, zog den Kopf ein, um das Stirnband – jetzt, da sie auf ebenem Boden ging, eine Belästigung – abzustreifen.
Eine frische Brise quirlte die dünne Schicht groben Sands auf den Steinen auf und wirbelte die Seile herum, die von gewaltigen, mit aufreizender Unregelmäßigkeit knarrenden Flaschenzugtürmen in die Tiefe hingen. Während sie an den leeren Tischen und verlassenen Ständen des stillen Marktplatzes vorbeiging, runzelte Aleytys die Stirn und schaute nach rechts, wo sich der künstliche Hügel strahlend grün und weiß gegen das blasse Blau des Himmels erhob. Hecken. Bäume. Rasenflächen. Häuserringe, steril und stumm. Leer.
Sie trottete die Straße entlang hinauf; Sand knirschte laut unter ihren Stiefeln, das Jaulen des Windes war schrill und schmerzte in den Ohren.
Hinter einer Reihe von Bäumen mit Büscheln staubiger, grüner Blätter, dünn wie Nadeln, in einer flachen Kurve gepflanzt, sah sie eine Doppelreihe kleiner Sandsteinhäuser, deren ordentliche Gärten wegen mangelhafter Pflege austrockneten; Türen eingetreten, klaffende Fensterhöhlen. Eine Verwüstung, wo früher ein sauberes, freundliches Dorf gewesen war. Noch während
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