Maggie O´Dell 01 - Das Boese
quietschten, hielten. Sofort entströmte der Kiste ein widerwärtiger Geruch, der rasch den kleinen Raum füllte. Maggie hielt inne und wich ein wenig zurück, um die Kiste in Augenschein zu nehmen. War sie groß genug für eine Leiche? Eine Kinderleiche? Sie hatte schon Körperteile in kleineren Behältnissen gefunden, wie die von Emma Jean Thomas, die Stucky in kleine Essensbehälter verpackt und in Abfallcontainern hinterlassen hatte. Wer hätte gedacht, dass eine menschliche Lunge in einen Styroporbehälter von der Größe eines Sandwiches passte?
Sie versuchte die Kiste anzuheben, um sie hinaufzuschleppen an die frische Luft. Ausgeschlossen. Sie hebelte wieder am Deckel, und der Gestank ließ sie würgen. Sie spie die Stablampe aus, die sie zwischen den Zähnen gehalten hatte, und versuchte es mit angehaltenem Atem erneut.
Etwas kratzte in der Erde. Maggie fuhr herum. Da war Bewegung in der Dunkelheit, etwas Größeres als eine Ratte. Sie fiel auf die Knie und tastete nach dem Stablicht. Mit der anderen Hand hob sie das Metallrohr, bereit zuzuschlagen. Sie lauschte wieder mit angehaltenem Atem und leuchtete mit dem schmalen Lichtstreifen die gegenüberliegende Wand ab. Das Holzregal war vorgeneigt und von der Wand abgerückt. Dahinter entdeckte sie ein Loch, groß genug, um der Eingang zu dem berühmten Tunnel zu sein.
Eine Bewegung in der Dunkelheit hinter ihr. Sie war nicht mehr allein. Jemand stand am Ausgang und versperrte die Stufen. Sie spürte seine Gegenwart und hörte das leise Zischen seines Atems, als sauge er ihn durch ein Rohr an. Panik wie damals bei Stucky rann ihr eiskalt durch den Körper. Als sie in ihre Jacke fasste, glitt eine scharfe Klinge unter ihr Kinn.
86. KAPITEL
„Agentin Maggie O‘Dell, was für eine schöne Überraschung.“
Maggie erkannte die gedämpfte Stimme an ihrem Ohr nicht. Die scharfe Klinge drückte sich in ihren Hals. Der Druck nahm ständig zu, so dass sie gezwungen war, den Kopf zurückzunehmen, bis ihre Kehle völlig frei und schutzlos dalag. Sie spürte einen Blutstropfen in den Jackenkragen rinnen.
„Warum Überraschung? Ich dachte, Sie hätten mich erwartet. Sie scheinen sehr viel über mich zu wissen.“ Mit jeder Silbe grub sich das Messer tiefer.
„Lassen Sie das Metallrohr fallen.“ Er zog sie mit einem Arm an sich und drückte stärker als nötig, um seine Kraft zu demonstrieren.
Sie ließ das Rohr fallen, während er in ihre Jacke fasste. Vorsichtig zog er die Waffe heraus und riss die Hand zurück, als er dabei versehentlich ihre Brust streifte. Er warf die Waffe in eine dunkle Ecke, wo sie gegen die Kiste prallte. Maggie wunderte sich nicht, dass er lieber das Messer benutzte.
Sie versuchte sich seine Stimme einzuprägen und einen Eindruck von ihm zu bekommen. Er war kräftig und ein Stückchen größer als sie. Mehr konnte sie nicht sagen. Das Reiben von Gummi an ihrem Ohr und die gedämpfte Stimme verrieten ihr, dass er eine Maske trug. Die Hände steckten in schlichten schwarzen Handschuhen, billiges Kaufhausleder, Dutzendware.
„Ich habe Sie nicht erwartet. Ich dachte, Sie wären nach Haus gefahren, zu Ihrem Anwaltsehegatten und der kranken Mutter. Wie geht es Ihrer Mutter übrigens?“
„Warum sagen Sie es mir nicht?“
Die Klinge wurde nach oben gedrückt. Maggie sog Luft ein und widerstand dem Drang zu schlucken, während ein weiterer Blutstropfen ihr den Hals hinab zwischen die Brüste lief.
„Das war nicht sehr nett!“ schimpfte er.
„Entschuldigung“ , presste sie hervor, ohne Mund oder Kinn zu bewegen. Sie würde es schaffen, sie konnte auf sein Spiel eingehen. Sie musste nur ruhig bleiben und die Regeln zu ihren Gunsten verändern. „Der Gestank setzt mir zu. Vielleicht könnten wir das draußen besprechen.“
„Nein, bedaure. Da gibt es ein kleines Problem. Ich fürchte, Sie werden diese Höhle nicht mehr verlassen. Was halten Sie von Ihrem neuen Zuhause?“ Er drehte sie herum, damit sie mit dem Stablicht die Umgebung ableuchtete, während das Messer ihre Haut ritzte. „Oder sollte ich besser sagen, von Ihrem Grab?“
Wieder spürte sie diese Eiseskälte in den Adern. Ruhig, bleib ruhig! Jetzt nur nicht an Stucky denken, wie er dir den Bauch aufgeschlitzt hat. Sie musste diesen Wahnsinnigen dazu bringen, nicht so fest zuzudrücken. Eine unbedachte Bewegung, und sie hatte die Messerklinge im Mund.
„Es nützt Ihnen nichts ... mich loszuwerden.“ Sie sprach langsam. „Das ganze Sheriff Department weiß, wer Sie
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