Maggie O´Dell 01 - Das Boese
sind. Etwa ein Dutzend Deputys sind in ein paar Minuten hier.“
„Aber Agentin O‘Dell, Sie können mich doch nicht bluffen. Ich weiß, dass Sie gern allein arbeiten. Das hat Sie ja auch bei Stucky in Schwierigkeiten gebracht, oder? Sie haben nichts über mich, außer Ihrem kleinen psychologischen Profil. Ich wette sogar, ich weiß, was drinsteht. Meine Mutter hat mich als Kind missbraucht, richtig? Sie hat einen Stricher aus mir gemacht, deshalb bringe ich jetzt kleine Jungen um, richtig?“ Der Versuch zu lachen, endete in einem irren Kichern.
„Ich glaube eigentlich nicht, dass Ihre Mutter Sie missbraucht hat.“ Sie versuchte fieberhaft, sich an das Wenige zu erinnern, was sie über Pater Kellers Familie erfahren hatte. Natürlich war seine Mutter allein erziehend wie die Mütter der Opfer. Aber sie war gestorben, als Keller noch ein Kind war, ein tödlicher Unfall. Warum konnte sie sich nicht genau erinnern? Warum fiel ihr das Denken so schwer? Es lag am Gestank, am Druck des Messers und am Schock, ihr eigenes Blut zu spüren.
„Ich denke, sie hat Sie geliebt“ , fuhr sie fort, da er schwieg. „Und Sie haben Ihre Mutter geliebt. Aber sie wurden missbraucht.“ Ein spürbares Zucken verriet ihr, dass sie Recht hatte. „Von einem Verwandten, vielleicht einem Freund Ihrer Mutter ... nein, einem Stiefvater.“ Plötzlich erinnerte sie sich.
Das Messer sackte geringfügig tiefer, was ihr die Atmung erleichterte. Er schwieg und lauschte abwartend. Sie hatte seine Aufmerksamkeit und war am Zug.
„Nein, Sie sind nicht homosexuell, aber er hat Sie an Ihrer Sexualität zweifeln lassen, nicht wahr? Er nährte Ihren Verdacht, Sie könnten es sein.“
Er lockerte den Arm um ihre Taille.
Sie spürte ihn heftiger atmen. „Sie bringen kleine Jungen nicht zum Spaß um. Sie versuchen sie zu retten, weil die Sie an den ängstlichen, schutzlosen kleinen Jungen erinnern, der Sie selbst waren. Hoffen Sie sich durch die Rettung der Jungen selbst zu retten?“
Er schwieg. War sie zu weit gegangen? Sie konzentrierte sich auf die Hand mit dem Messer. Wenn sie ihm den Ellbogen in die Brust rammte, konnte sie das Messer vielleicht auffangen, ehe er zustieß. Sie musste ihn ablenken.
Sie fuhrt fort: „Sie bewahren diese kleinen Jungen vor Unheil, nicht wahr? Indem Sie ihnen Schlimmes antun, machen Sie Märtyrer aus ihnen. Sie sind ein richtiger Held. Man könnte sagen, dass Sie die perfekte Sünde begehen.“
Er packte wieder fester zu und riss sie mit dem Arm nach hinten. Sie war zu weit gegangen. Das Messer schoss quer über ihre Kehle und wurde in ganzer Klingenlänge an ihre Haut gepresst. Mit einer einzigen raschen Bewegung konnte er ihr die Kehle durchschneiden.
„Das ist ein Haufen psychologischer Scheiße! Du weißt nicht, wovon du redest!“ regte er sich mit tiefer kehliger Stimme auf. „Albert Stucky hätte dich aufschlitzen sollen, als er es konnte. Ich werde es an seiner Stelle tun. Wir brauchen mehr Licht!“ Er zerrte sie zum Tunneleingang und holte die Laterne hervor. „Zünde sie an.“ Er schubste sie auf die Knie, hielt das Messer an ihre Kehle und warf Streichhölzer auf den Boden. „Zünde sie an, damit du zusehen kannst.“
Ich will, dass du zusiehst, hörte sie Albert Stucky sagen, als stünde er wartend in einer Ecke. Ich will, dass du siehst, wie ich es mache.
Ihre Finger fühlten sich an, als gehörten sie nicht ihr. Obwohl sie gefühllos waren, zündete sie die Laterne gleich beim ersten Versuch an. Gelber Schein erfüllte den kleinen Raum. Maggie war wie betäubt. Das Blut schien aus ihren Adern gewichen zu sein, ihr Verstand war gelähmt und bereitete sich auf den Schmerz vor, indem er abschaltete. Es war die genaue Wiederholung des Traumas mit Stucky. Ihr Körper reagierte auf das überwältigende Entsetzen mit dem Abschalten aller Empfindungen.
Den Gestank nach verrottendem Fleisch einzuatmen, fiel ihr zunehmend schwerer. Ihre Lungen wollten nicht mehr funktionieren. Er presste ihr weiter die Messerklinge an den Hals, und sie spürte seine Hand leicht zittern. Ob aus Wut oder Angst konnte sie nicht entscheiden.
„Warum heulst oder schreist du nicht?“ Es war Wut.
Sie schwieg und konnte nicht antworten. Sogar ihre Stimme hatte sie verlassen. Sie dachte an ihren Vater, der sie mit warmen braunen Augen anlächelte, während er ihr die Kette mit dem Kreuz anlegte. Wohin du auch gehst, es beschützt dich. Nimm es niemals ab, okay, kleine Maggie? Aber es hat mich nicht beschützt,
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