Magic Park 1 - Das Geheimnis des Greifen (German Edition)
Zoes Hand auf dem Rücken spürte.
»Schon okay«, flüsterte sie. »Falls sie uns erwischen, nehme ich alles auf mich.«
»Lassen wir uns einfach nicht erwischen«, hauchte er zurück. »Wohin führt die Treppe?«
»In Jonathans Zimmer. Jasmin und ich haben ihm und Ruby so manchmal hinterherspioniert, es sei denn, sie sind eklig geworden.« Zoe stieß ihn sachte an und er ging weiter.
Blue wartete auf einem winzigen Treppenabsatz auf sie. Zoe lugte durch ein Guckloch auf ihrer Augenhöhe, griff dann an Blue vorbei und schob ein Brett neben seinen Schuhen beiseite. Auf Händen und Füßen krochen sie einer nach dem anderen durch die schmale Öffnung, die entstanden war. Logan ertastete unförmige Dinge, die unter ihm wegrollten, und etwas weiches Schweres berührte ihn am Kopf. Dann öffnete Zoe eine weitere Tür und er begriff, dass er einen begehbaren Kleiderschrank durchquert hatte, der beinahe halb so groß wie Logans ganzes Zimmer war.
Sie kamen in Jonathans Zimmer heraus, das aussah, als wäre sein Bewohner nur auf Stippvisite. Neben der Tür hing ein Seesack voller Wäsche und am Bett, das zur Hälfte von einer rot-blau-gelben Flanelldecke verborgen war, lehnte ein Rucksack, aus dem einige Lehrbücher ragten. Auf dem Schreibtisch lag ein fettes Geschichtsbuch, aufgeschlagen bei einem Kapitel über griechische Kunst, daneben ein Laptop, dessen Bildschirmschoner eine Fotogalerie abspielte: Jonathan und Jasmin im Pool; Jonathan auf einem Segelboot; Jonathan auf dem Eiffelturm; Jonathan und eine Gruppe Jungs beim Skifahren; Jonathan und Jasmin beim Tennis; Jonathan mit einem blonden Mädchen vor einem romantischen Hintergrund aus orangegoldenen Bergen und einem klaren blauen Himmel.
Zoe packte Blue am Arm. »Das ist Ruby!«, zischte sie. »Ich dachte, sie hätte alle Fotos, auf denen sie zusammen sind, gelöscht.«
»Ein paar muss sie wohl übersehen haben«, meinte Blue schulterzuckend.
Zoe trat einen Schritt auf den Laptop zu und hielt dann inne.
»Vergiss es«, drängte Blue. »Der Greif ist wichtiger.« Er schlich über den weißen Teppich zur Tür und lugte in den Flur. Logan konnte hören, wie der Wind draußen zulegte, als würden ganze Rudel von Blättern zu den Wolken hinauf- und wieder zurückrauschen.
Sie huschten auf eine Galerie hinaus, eine Art innen liegenden Balkon. Von dort aus konnte man runter in die Eingangshalle schauen. Logan sah, dass die Türen an zwei Seiten der Halle geschlossen waren. Oberhalb der hohen Haustür, genau auf Logans Augenhöhe, prangte ein riesiges rundes Bleiglasfenster. Und auf der Gartenseite führte eine Glastür zu einem großen Balkon, der direkt über dem Pool lag.
Hinter ihnen auf der Galerie erstreckte sich ein langer Gang, von dem mehrere Türen abgingen. Überall standen große Kunstwerke herum. Die meisten erweckten den Eindruck, als gehörten sie in ein Museum. Auf den ersten Blick entdeckte Logan Steindrachen, mächtige Porzellanvasen, goldene Bodhisattvas – buddhistische Statuen in allen Größen – und Windspiele aus Metall. Auf einer der Türen stand in großer rosa Glitzerschrift »JASMIN«, darunter klebte ein Schild mit der Aufforderung »Draußen bleiben!«.
»Ich wette, die Kleine ist da drin«, flüsterte Zoe, während sie zu einer der großen, dünnen Vasen schlich. Doch nach einem kurzen Blick ins Innere sackte sie enttäuscht in sich zusammen. »Na ja, vielleicht ist sie auf dem Dachboden.« Sie lief auf eine der Türen zu.
»Warte mal«, hielt Logan sie auf. Sein Blick war sofort zu einer Holztruhe mit Griffen und Verschlägen aus Messing gewandert, die neben Jasmins Zimmer auf einem Ständer ruhte. Das Holz war schwarz lackiert und mit weißen Blumen und goldenen Kolibris geschmückt.
Für Logan sah es nach dem perfekten Versteck für ein Greifenjunges aus. Ein Auge immer auf die marmorne Eingangshalle unter ihm gerichtet, ging er neben der Truhe in die Hocke.
Als er den Deckel anhob, blickten zwei glitzernde schwarze Augen zu ihm auf. Das Greifenmädchen sträubte die hellgrauen Federn und stieß ein klägliches Zwitschern aus.
»Psst.« Logan legte einen Finger auf seine Lippen. »Wir holen dich hier raus. Ganz leise.«
Ja, bitte. Die Kleine nickte und streckte ihm schaudernd die Flügel entgegen. Hier gefällt es mir nicht. Gruselige, unschöne Gefühle. Gar nicht warm und voller Spaß, wie Jammer-Mädchen erzählt hat. Sie war nur so groß wie Logans Katze, trotzdem wirkte sie in der Truhe reichlich eingezwängt. Logan
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