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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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wohl mal fest, und die Frage war nur, ob ich alles laufenlassen oder mich bei Dr. Selge um die Sache kümmern, also gewissermaßen Verantwortung übernehmen sollte, was ich aber irgendwie nicht einsah, sie hatten mich nicht als neuen Hausmeister gewollt, da war ich ihnen keine Verantwortung schuldig, naja, jedenfalls nicht Dr. Selge, wohl aber Jimmy und Johnny, die konnten nichts dafür, verdammte Zwickmühle.
    Das war ungefähr der Stand meiner Erwägungen, als ich nach dem Tierefüttern in die Werkstatt kam und das Telefon klingelte. Es war Dr. Selge selbst, und sie klang erstaunlich fröhlich.
    »Lieber Karl«, flötete sie in die Muschel, »hätten Sie mal einen Moment Zeit, zu mir heraufzukommen?«
    »Jetzt ist gerade schlecht«, sagte ich und löffelte Kaffee in Rüdigers alte Maschine, »jetzt ist ganz schlecht, jetzt rufen gleich die Gruppen an und melden ihre Reparaturen und so weiter und so fort, das ist jetzt die Zeit dafür, das ist morgens immer so.«
    »Aber dennoch«, sagte Dr. Selge, »aber dennoch, ich möchte Sie dennoch bitten, eben mal zu mir hochzukommen, es ist wirklich wichtig, und es ist auch für Sie eine angenehme Entlastung.«
    »Was?«
    »Wie bitte?«
    »Was ist auch für mich eine angenehme Entlastung?«
    »Das können wir doch alles hier oben besprechen«, sagte sie. »Bitte kommen Sie gleich, es ist wichtig.«
    Ich ging also hoch zu Dr. Selge.
    »Da ist er ja«, rief Dr. Selge erfreut, als ich durch die Tür kam, »schauen Sie, Karl, das ist Herr Niemeyer«, und es war ein bisschen, als hätte sie etwas von den legalen Uppern genommen, die sie wahrscheinlich irgendwo für ihre Patienten bereithielt, irgendwas Erfrischendes, nach vorne Bringendes, vielleicht revolutionäre neue Samples aus einer Vertreterprobe von Ciba Geigy oder Hoffmann-La Roche, so sah es für mich aus, als sie mich da so anstrahlte, sie grinste über beide Backen und hielt einen Arm ausgestreckt in Richtung Herr Niemeyer, einem auch sehr frischen, auch sehr gut gelaunten Mann in etwa meinem Alter, der mit Umhängetasche und im grauen Kittel neben ihr stand und lächelte und nickte wie ein Wackeldackel. »Herr Niemeyer ist extra schon heute gekommen, obwohl er erst in zwei Wochen offiziell hier anfängt und obwohl die Dienstwohnung, also das Haus von Herrn Wieczorek, obwohl das ja noch gar nicht frei ist, also obwohl ja Herr Wieczorek, egal, also ist er schon hier und er wird auch, Sie müssen ja Montag schon weg, so habe ich das mit dem Herrn Maier abgesprochen, das war dem ganz wichtig, dem Herrn Maier, naja, jedenfalls wird Herr Niemeyer für Sie die Urlaubsvertretung machen, schon bevor er hier eigentlich, offiziell ist Herr Wieczorek ja noch bis Ende …«
    Sie brach ab und schwenkte wie zur Erklärung einen ausgestreckten Arm wie ein Polizist, der einen Fahrradfahrer anhält. Werner, der bei ihr immer nur »der Herr Maier« hieß, musste ihr wohl ordentlich eingeheizt haben.
    »Guten Tag«, sagte Herr Niemeyer und trat einen Schritt vor.
    Ich schüttelte ihm die Hand, was sollte ich auch sonst tun? Herr Niemeyer war mein zukünftiger Vorgesetzter, und es war nicht zu hoffen, dass er sich von Anfang an rüdigergleich in seiner neuen Dienstwohnung verschanzen würde.
    »Ich würde mich total freuen«, sagte Dr. Selge und nahm uns beide an der Schulter und schob uns sacht zur Tür, »wenn Sie sich gut verstehen und gleich heute richtig prima zusammenarbeiten würden, dann kann Herr – äh – Karl – äh – Schmidt Ihnen, Herr Niemeyer, gleich alles zeigen und Sie sind einigermaßen eingearbeitet und Herr Schmidt kann dann am Montag schon in Urlaub fahren, wie es ja wohl dem Herrn Maier zufolge unbedingt sein muss.«
    Kaum standen wir auf dem Flur, sagte Herr Niemeyer: »Das ist nett, dass Sie mich einarbeiten, das wollte ich gleich mal sagen. Vielleicht sollten wir uns duzen? So unter Kollegen? Ich schlag das lieber gleich vor, ich bin ja der Ältere.«
    »Wie alt sind Sie denn?«
    »Dreiunddreißig, demnächst vierunddreißig«, sagte er. »Und Sie?«
    Dreiunddreißig! Herr Niemeyer war jünger als ich. Sie hatten den Job einem gegeben, der jünger war als ich!
    »Sechsunddreißig«, sagte ich. »Dann bin ich der Ältere.«
    Wir gingen weiter, Herr Niemeyer sagte erst einmal nichts mehr. Als wir in der Werkstatt ankamen, klingelte dort das Telefon, war ja klar.
    »Hier ist die Werkstatt«, sagte ich zu Herrn Niemeyer, zeigte auf einen Stuhl für ihn und nahm den Hörer vom Telefon ab. Während ich mit

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