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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Leute«, sagte Dave.
    »Hallo Dave«, sagte Ferdi. »Willst du nicht mal das Merch aufbauen?«
    Ich ging aus der Küche und schaute mich um. Rosa kam mit.
    »Kannst du mir Geld geben?«, sagte sie zu mir.
    »Klar, wieviel denn?«
    »Weiß nicht, ein paar hundert Mark vielleicht, wer weiß, wann man wieder was kriegt.«
    »Kein Problem.«
    Wir gingen durch die Zimmer. Es waren drei, und in jedem war ein breites Bett, ein Schrank, ein Tisch und eine Stehlampe. Ich stellte meine Tasche in einem der Zimmer ab und gab Rosa dreihundert Mark.
    »Danke«, sagte sie und tippte mir auf die Schulter. Dann ging sie und schloss die Tür hinter sich. Ich legte mich aufs Bett und schlief ein.

39. Gelb
    Als ich aufwachte, war es mitten in der Nacht, meine Uhr zeigte auf kurz nach drei und ich lag angezogen im Bett. Durch das Fenster kam gelbes Licht. Autos waren nicht zu hören, nur ein Zug ganz in der Ferne und ganz leise. Ich brauchte einige Zeit, um zu begreifen, wo ich war. Aber wo war das Bummbumm? Neben mir lag jemand im Bett und schnarchte leise. Wo war das Bummbumm? Je länger ich dort auf dem Rücken lag und an die Decke starrte, von der das gelbe Licht zurückgeworfen wurde, das durchs Fenster kam, desto rätselhafter wurde die Sache. Wo war das Bummbumm? Es war doch erst drei Uhr? Neben mir seufzte es und der Schnarcher drehte sich um. Es war Rosa, auch sie in voller Montur statt im Pyjama. Aber wo war das Bummbumm? Das Bummbumm durfte niemals aufhören, so hatte Ferdi früher immer gesagt, damals, als der BummBumm-Club noch in Schöneberg gewesen war, er hatte sogar mal eine Zeitung gemacht, den »BummBumm-Express«, »zur ideologischen Unterfütterung«, wie er gesagt hatte, »man kann in Deutschland nichts machen, ohne ideologische Unterfütterung«, hatte er jedem erzählt, mehrere Nächte lang, er immer voll drauf und immer alle Lampen an und immer voller Theorien, und oben über den Titel der Zeitung hatte er als Motto geschrieben: »Das Bummbumm darf niemals aufhören!!«, das war eine lustige Zeit gewesen, lustig und kaputt, eine bessere Kombination gibt es nicht, dachte ich, während ich an die gelbe Decke starrte, ein komisches Gelb war das, komisch, aber gut, man hätte sich damals mehr mit Farben beschäftigen sollen, das war sicher einer meiner Fehler als Künstler gewesen, dachte ich, dass ich so verbohrt und gegen die Malerei gewesen war, sogar Schlumheimer hatte manchmal Bilder gemalt, schlechte zwar, aber was soll’s, Hauptsache lustig und kaputt, das war das Wichtigste, und ich fragte mich, ob das jetzt auch wieder so war, ob die Magical-Mystery-Tour in ihrer BummBumm-Version lustig und kaputt oder nur eins von beidem oder gar nichts davon war – schwer zu sagen, dachte ich, während in der Ferne wieder ein Zug durchrauschte, was waren das für Züge um drei Uhr morgens, das konnten ja nur Güterzüge sein oder ein Nachtzug nach Paris und für einen kurzen Moment spielte ich mit dem Gedanken, noch einmal durchzubrennen, die Kohle zu nehmen und mich in einen solchen Nachtzug zu legen, aber dann dachte ich: Was soll das denn bringen?!
    Rosa seufzte und grunzte. Ich drehte den Kopf zur Seite und schaute ihr eine Weile beim Schlafen zu. Dann schaute ich wieder auf das gelbe Licht an der Decke und schlief ein und kurz bevor ich einschlief hatte ich für einen kurzen Moment das Gefühl, glücklich zu sein.

40. Krisengespräch
    Am nächsten Morgen wachte ich um kurz vor halb sieben auf. Rosa schlief tief und fest, sie schnarchte nicht einmal mehr. Draußen dämmerte es. Ich stand auf und ging in die Küche. Sie hatten da eine Kaffeemaschine und eine angebrochene Packung Kaffee und Filter, aber der Anblick der leeren Küche mit ihrem kalten Staub deprimierte mich und ich beschloss, lieber nach draußen und unter die Leute zu gehen. In der Wohnungstür steckte innen ein Schlüssel, den zog ich ab und nahm ihn mit.
    Draußen war viel los, überall Autos und Leute auf dem Weg zur Arbeit, wir waren in einer Art gemischtem Industrie- und Wohngebiet und ich fand eine Bäckerei, es war eine türkische, das war schon mal gut, da gab es, das wusste ich aus Altona, am ehesten noch richtigen Filterkaffee im Rüdigerstyle, etwas zu stark, etwas oxidiert und mit schillernder, bläulicher Oberfläche, nichts von dem schaumigen Scheiß, den viele jetzt aus ihren neu angeschafften Espresso-Gastro-Vollautomaten rauspressten, sondern guter alter deutscher Büro- und Werkstattkaffeeschrott, der einen aggressiv und stumpf

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