Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
Geräusch drang mehr an ihre Ohren, obwohl der Wind nicht an Stärke nachgelassen hatte. Blitze wurden sichtbar und der Sand fiel wie auf ein unsichtbares Kommando zu Boden.
Vor ihnen befand sich eine gewaltige Wand aus Wasser. Hoch erhoben, bereit jeden Moment herab zu stürzen und alles unter sich zu begraben. Berge aus Wellen, in denen weiße Gischt strömte, in stetigen Wirbeln. Über diesem imposanten Gebilde im Zentrum des Kreises erschien sternenklarer Himmel, doch dahinter, über dem Wasser ballte sich eine große Wolkendecke auf, die ihre Energien entlud.
Ein dunkler Schatten verharrte reglos vor ihnen und als sich die Wolken zurückzogen, wurde der massige Körper eines Drachen im Mondlicht sichtbar. Obwohl schwärzer als die Nacht, leuchteten seine Schuppen immer wieder in einem geheimnisvollen Licht im Schein des vollen Mondes auf.
Langsam hob er den mit Dornen besetzten Kopf und spie eine gewaltige Feuer-Fontäne aus. Sein Brüllen hallte von den Gebirgen zurück und ließ alle in Ehrfurcht erstarren.
Seine mit Krallen besetzten Pranken gruben sich tief in den Sandboden. Er breitete die Flügel weit aus, senkte den Kopf und seine gelben Augen suchten die Lebewesen, die vor ihm wie kleine Insekten schienen. Für einen Moment sah es aus, als wolle er sie vom Antlitz dieser Erde wischen, während sein langer Schwanz unruhig hin und her zuckte.
Drachen waren von je her die mächtigsten aller Magiewesen. Jeder hatte Respekt vor ihnen, doch dieser hier war mehr als das: einer der letzten Elementardrachen. Kaum jemand hatte sie je zu Gesicht bekommen. Selbst Shorbo, der schon viele Jahrhunderte in dieser Zeit verweilte, konnte sich nicht daran erinnern, wann der letzte gesehen worden war, schon gar nicht bei einer solchen Zusammenkunft.
Endlich entspannte sich der mächtige Leib. Der Drache faltete die Flügel ein Stück weit zusammen und stützte sich mit kleinen Haken, die sich an den Spitzen befanden, auf dem Boden ab. Die gelben Augen, die das ganze Leben kannten, ruhten auf der Gruppe.
»Ein Urwächter!« Tamin sprach aus, was alle dachten. Shorbo blickte seinen jungen Freund strafend an. Die Stimme des Drachen durchdrang sie dunkel und dröhnend, als sie den Geist der Mitglieder erreichte.
- Eine Einheit bildet, was von je her eine Einheit war und die Sicherheit einer ganzen Welt bietet -
, ertönte es.
Die Gedanken des Drachen erfüllten die Nacht. Die Augen des Kreisführers funkelten. Weise Worte, die er schon sein ganzes Leben kannte.
Kurz herrschte erneute Stille und es schien, als warte der Drache auf etwas. Doch schließlich senkte er den Kopf, um die Wesen, die für ihn so klein waren, besser sehen zu können. Sein Atem streifte den Boden, wirbelte Furchen in den Sand.
Alle spürten, wie er ihren Geist ertastete, wie er ihre Charaktere beurteilte, um den Richtigen auszuwählen.
- Kind der Charfea -
, fuhr der Drache fort.
Filyma blickte überrascht auf. Irritiert trat sie neben Shorbo, dann begann er von neuem zu suchen.
- Wächter des Kreises -
Shorbo war es nun, der nicht glauben konnte, dass sein Name genannt wurde. Er war alt und hatte bereits begonnen, den Bann der Zeit zu lockern. Er war bereits auf der Suche nach einem würdigen Nachfolger für den Kreis, um endlich zurückzukehren in die ewige Stille. Zu lange trug er schon die Lasten des Kreisführers auf seinen Schultern.
Filymas Gesicht sprach deutlich aus, was alle dachten: Was geschah hier?
Der Drache hob wieder den Kopf. Die Luft vibrierte durch diese winzige Bewegung. Eine Feuerkugel leuchtete zwischen ihnen auf und verschwand in einem Funkenregen. Zurück blieben zwei Bündel.
- Eure Zukunft ist euer Weg aus der Vergangenheit. Es treiben Wellen der Ewigkeit auf dem Wasser -
Die Flügel des Drachen breiteten sich aus und als sich der Körper in den Himmel erhob, verschwand die Wasserwand, ebenso die Wolken. Zurück blieben die fühlbaren Energien und zwei neue Wesen, die in diese Welt eintreten sollten.
»Zeichnen wir neue Spuren in den Sand.« Leise verhallten Shorbos Worte in der Nacht.
Kapitel 2
Tamin hockte auf dem Fenstersims und blickte frustriert in die Morgendämmerung. Silbern zeichnete sich der erste Sonnenstrahl in der Ferne auf dem Meer ab und ließ Horizont und Wasser eins werden. Doch für solche Schönheit besaß der Magier heute keine Aufmerksamkeit. Was hatte er erwartet? Dass er die Aufgabe bekommen würde, einen neuen Elementar-Magier auszubilden, obwohl er der Jüngste des Kreises war? Denn
Weitere Kostenlose Bücher