Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
Armen von Jonathans Freund und wirbelte herum, und auch Pennington erhob sich. Sein Gesicht wurde zu einer grimmigen Maske, und seine Fäuste ballten sich. Rupert gab ein wütendes Zischen von sich.
Keine fünf Schritt hinter ihnen stand der Franzose. Sein langer Mantel wies Risse und dunkle Flecken wie von Blut auf, Spuren des Kampfes, den sie in den Straßen von London ausgetragen hatten. Aber er wirkte mitnichten schwer verletzt oder gar besiegt. Das düstere Licht der Magie spiegelte sich auf den Gläsern seiner dunklen Brille wider und verlieh seinem Gesicht die Fratzenhaftigkeit eines Dämons. In der Rechten hielt er ein Stück Stoff, das er nun fallen ließ. Die behandschuhte Linke hatte er erhoben, und neben ihm in der Luft schwebte eine junge Frau in einem hellen Kleid, deren langes kastanienbraunes Haar in wirren Strähnen an ihrem Hals und den schmalen Schultern klebte. Sie schien, wahrscheinlich durch ein Fadennetz, zur völligen Regungslosigkeit verdammt. Ihr blasses, von Todesangst gezeichnetes Gesicht war tränenüberströmt.
»Elisabeth!«, rief Jonathans Freund. »Was haben Sie ihr angetan, Sie Hund? Lassen Sie sie sofort frei!«
»Mit Vergnügen«, sagte der Magierjäger. Er streckte die Rechte aus und deutete auf Jonathan. »Sobald er mir Dunholms Ring gibt.«
»Wie haben Sie uns gefunden?«, wollte Kendra wissen.
»Mister Kenthams Morgenmantel war so freundlich, mir den Weg zu seinem Besitzer zu weisen«, erwiderte der Magierjäger und deutete auf den am Boden liegenden Stoff, den Kendra nun als zerfetztes Kleidungsstück erkannte. Ihre Augen weiteten sich, und ihr Gegenüber lachte leise. »Glaubten Sie wirklich, Sie könnten mir entkommen? Niemand entkommt mir. Diese Lektion haben schon ganz andere lernen müssen. Aber ich bin nicht zum Plaudern hier. Mein Auftrag lautet, den Ring zu holen.« Der Franzose trat einen Schritt näher an den Steinkreis heran und hob die Stimme. »Hören Sie, Kentham? Ich will den Ring! Ansonsten wird Ihrer teuren Freundin etwas zustoßen!«
»Er kann Sie nicht hören, und Sie können ihn auch nicht erreichen, das sehen Sie doch!«, rief Kendra, die Verzweiflung in sich aufkeimen spürte. Sie wusste nicht, was sie alleine – denn von Jonathans unmagischem Freund war keine nennenswerte Hilfe zu erwarten – gegen den Franzosen ausrichten sollte.
»Das wird sich zeigen«, knurrte der Attentäter, zog aus einer Mantelfalte einen schlanken Wurfdolch hervor und schleuderte ihn kraftvoll auf Jonathans Rücken zu.
Jonathan hob die linke Hand und nahm den breiten silbernen Siegelring zwischen Daumen und Zeigefinger der Rechten. Langsam zog er Dunholms Ring vom Finger. Er glitt so leicht über die Haut, als wäre es niemals anders gewesen. Irgendwie schien der Ring zu spüren, dass er seinen Bestimmungsort erreicht hatte, und er hatte die Fadenverbindung zu seinem Träger gelöst.
Jonathan holte tief Luft und blickte auf die Lichtsäule. Sie hatte sich an den Enden zusammengezogen, und in ihrem Zentrum hatte sich eine kopfgroße Kugel gebildet, das summende Herz des Ganzen, das Quellschloss, dem, wie Jonathan wusste, nur noch das letzte Stück fehlte, um es zu vollenden.
Er streckte den Arm aus, um den Ring ins Licht zu halten, als ihn plötzlich irgendein Gegenstand in den Rücken traf und klappernd zu Boden fiel. Verwirrt hielt er inne und blickte an sich hinunter. Es handelte sich um irgendein Stück Metall, das zur völligen Unkenntlichkeit zerschmolzen war. »Was war das denn?«, wunderte er sich und warf einen Blick zurück in die Höhle, in der Kendra und Robert auf ihn warteten. Was er dort sah, ließ ihm den Atem stocken.
»Warum zögern Sie?«, fragte der Indianer, den McKellen Wovoka genannt hatte.
»Dort …«, stammelte Jonathan und deutete auf das ferne, nahe Bild der Ritualstätte. »Dort ist Elisabeth. In der Gewalt des Franzosen.«
»Ha, sehen Sie, ich kann ihn sehr wohl erreichen«, stellte der Magierjäger triumphierend fest, als sich das flackernde, farblose Abbild Jonathans verwirrt umdrehte und sie anstarrte. Erschrecken zeichnete sich auf Jonathans Miene ab.
Kendras Gedanken rasten. Sie musste irgendetwas unternehmen, aber sie wusste nicht, was Sie tun konnte, ohne dabei ihr eigenes Leben zu verlieren.
Der Franzose streckte die rechte Hand aus. »Ich will den Ring, Mister Kentham! Geben Sie ihn mir.« Er deutete auf das Kleinod, das Jonathan noch immer in den Händen hielt, und machte eine auffordernde Geste. Als Jonathan zögerte, fuhr
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