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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Juan-de-Fuca-Meeresrückens. Dort hatten sie sich um noch größere Maschinen gekümmert, die im Namen von Angebot und Nachfrage Energie aus der Tiefe der Erde abzweigten.
    Es gab nicht sonderlich viele Gründe, warum jemand einen Atomschlag gegen eine solche Einrichtung führen sollte.
    Auf den ersten Blick könnte man es für eine Kriegshandlung halten. Doch N'AmPaz hatte sowohl die Einrichtung als auch die Rifter selbst geschaffen. N'AmPaz hatte gierig von der Geothermalquelle des Juan-de-Fuca-Rückens getrunken. Und sämtliche Beweise deuteten darauf hin, dass es N'AmPaz gewesen war, das die Atombomben auf dem Meeresboden stationiert hatte, die alles zerstört hatten.
    Also doch kein Krieg. Jedenfalls nicht politischer Natur.
    Vielleicht ging es um Fragen der Unternehmenssicherheit. Womöglich wussten die Rifter etwas, das man lieber geheim halten wollte.
     
    Ken Lubin könnte durchaus als eine solche Gefahrenquelle gelten. Doch Ken Lubin war ein wertvolles Gut, und es wäre nicht besonders wirtschaftlich, etwas wegzuwerfen, bei dem nur ein paar Schrauben nachgezogen werden mussten. Deshalb hatten sie ihn schließlich überhaupt erst zum Grund des Meeres geschickt, damit er sich eine kurze Auszeit von einer Welt nehmen konnte, für die er zunehmend eher zur Bedrohung wurde, als dass er ihr nützlich war. (Nur ein vorübergehender Arbeitsplatzwechsel , hatten sie gesagt, so lange, bis sich Ihre … Instinkte wieder etwas stabilisiert haben.) Ein Reich aus Fischen und eiskalten Menschen, die in ihre qualvolle Innenwelt versunken waren, keine Industriegeheimnisse, die es zu stehlen oder zu beschützen galt, keine Sicherheitslücken, die mit größter Sorgfalt geschlossen werden mussten …
    Nein. Ken Lubin war der Einzige von der Besatzung, der eine Bedrohung für die Sicherheit hätte darstellen können, und wenn seine Bosse ihn umbringen wollten, hätten sie sich gar nicht erst die Mühe gemacht, ihn zur Channer-Quelle hinunterzuschicken. Außerdem gab es wesentlich effektivere Methoden, fünf Menschen zu töten, als mehrere Quadratkilometer Meeresboden zu verdampfen.
    Es führte kein Weg daran vorbei: Der Meeresboden selbst war das Ziel gewesen. Die Channer-Quelle stellte aus irgendeinem Grund eine Bedrohung dar und musste ausgelöscht werden. Und die Rifter waren ein Teil dieser Bedrohung geworden, sonst hätte die NB sie vorher evakuiert. Große Unternehmen waren zwar rücksichtslos, doch sie taten niemals etwas ohne Grund. Eine Investition wirft man nicht weg, wenn es nicht unbedingt sein muss.
    Irgendeine Bedrohung in der Channer-Quelle hatte sich also durch Kontakt auf die Rifter selbst übertragen. Lubin war kein Biologe, aber er wusste, was eine ansteckende Krankheit war. Das wusste jeder. Und Hydrothermalquellen waren mikrobiologische Brutstätten. Die Pharmaunternehmen fanden dort unten ständig neue Bakterien. Manche gediehen in kochender Schwefelsäure. Andere lebten in massivem Felsgestein, Kilometer tief unter der Erdkruste. Wieder andere ernährten sich von Ölen und Plastik, sogar ohne dass ihre Gene manipuliert worden wären. Und wieder andere, so hatte Lubin gehört, konnten Krankheiten heilen, die bislang noch nicht einmal einen Namen hatten.
    Extremophile wurden diese Bakterien genannt. Sie waren uralt und sehr einfach strukturiert, beinahe fremdartig. Sie kamen der ursprünglichen Marsmikrobe immer noch am nächsten. Konnte irgendetwas, das bei einem Druck von dreihundert Atmosphären in völliger Dunkelheit entstanden war und sich bei einer Umgebungstemperatur von 100 °C – oder den 4 °C, die normalerweise in der Tiefe herrschten – wohl fühlte, konnte so etwas überhaupt im menschlichen Körper überleben?
    Und was würde es in seinem Innern anrichten?
    Ken Lubin wusste es nicht. Aber irgendjemand hatte gerade Ausrüstung und Fachpersonal im Wert von mehreren Milliarden Dollar vernichtet. Irgendjemand hatte eine wichtige Stromquelle geopfert, in einer Welt, die ohnehin schon unter Energiemangel litt. Und höchstwahrscheinlich hatte dieselbe Explosion, die die Channer-Quelle verdampft hatte, an der Küste verheerende Schäden angerichtet. Lubin konnte sich nicht einmal vorstellen, was für eine Zerstörung das Erdbeben und der Tsunami hinterlassen haben mussten.
    Und das alles nur, um irgendetwas daran zu hindern, die Channer-Quelle zu verlassen.
    Worum handelte es sich? Welche Auswirkungen hatte es?
    Er würde es mit großer Wahrscheinlichkeit herausfinden.

94 Megabytes: Brüter
    Es

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