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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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hatte?«
    »Ich habe angerufen, Herr Kommissar. Ich rufe dauernd an, aber es ist ständig besetzt. Oder es hat jemand vergessen, den Hörer aufzulegen.«
    Janvier, der nicht einmal die Jacke angezogen hatte, überquerte mit schlaksigem Schritt die Brücke und betrat gleich darauf das Café. Der Lastwagen fuhr endlich an, aber man konnte trotzdem nicht ins Innere der Kneipe sehen, weil es dort zu dunkel war. Wieder vergingen ein paar Minuten. Dann läutete das Telefon.
    »Also, Herr Kommissar. Ich habe die Nummer. Sie ist endlich frei.«
    »Hallo? Wer ist am Apparat? Bist du’s, Janvier? War der Hörer nicht aufgelegt? Also, was gibt’s?«
    »Hier hat wirklich ein kleiner Mann telefoniert.«
    »Hast du ihn gesehen?«
    »Nein. Er war schon fort, als ich kam. Angeblich hat er die ganze Zeit durch die Scheibe der Telefonzelle geschaut und immer wieder die Tür einen Spaltbreit aufgemacht.«
    »Ja, und?«
    »Ein Gast ist hereingekommen, hat zur Telefonzelle hinübergesehen und sich dann an die Theke gestellt und ein Glas Schnaps bestellt. Sobald der andere ihn gesehen hat, hat er das Gespräch unterbrochen.«
    »Sind beide weggegangen?«
    »Ja, der eine hinter dem andern her.«
    »Lass dir vom Wirt eine möglichst genaue Beschreibung der beiden Männer geben … Hallo? … Und wenn du schon dort bist, geh über die Place du Châtelet zurück. Frag die verschiedenen Polizisten, die dort stehen. Versuch herauszukriegen, ob einer von ihnen vor etwa einer dreiviertel Stunde von dem gleichen Mann gebeten worden ist, seinen Verfolger festzunehmen.«
    Als er auflegte, blickte ihn die alte Frau voller Genugtuung an und meinte, als wollte sie ihm eine gute Note erteilen:
    »Genau so stelle ich mir eine Untersuchung vor. Sie verlieren keine Zeit. Sie denken an alles.«
    Maigret setzte sich seufzend wieder hin. Am liebsten hätte er das Fenster aufgemacht, weil er in dem überheizten Raum fast erstickte. Aber vielleicht gelang es ihm so, seine Besucherin, den Schützling des Ministers, schneller loszuwerden.
    Aubain-Vasconcelos. So hieß sie. Der Name sollte ihm für immer im Gedächtnis bleiben. Dennoch sah er sie nie wieder. War sie in den darauffolgenden Tagen gestorben? Wohl kaum. Er hätte davon gehört. Oder hatte man sie in eine Anstalt gebracht? Vielleicht hatte sie sich, von der Polizei enttäuscht, an einen Privatdetektiv gewandt? Vielleicht war sie aber auch am nächsten Morgen mit einer anderen fixen Idee erwacht?
    Auf jeden Fall musste er sich fast noch eine Stunde lang anhören, was sie von den Bewohnern des großen Hauses in der Rue de Presbourg erzählte, wo es wahrscheinlich nicht gerade lustig zuging und wo man ihr den ganzen Tag lang Gift in die Getränke schüttete.
    Am Mittag konnte er endlich das Fenster öffnen. Dann ging er, die Pfeife zwischen den Zähnen, zum Chef hinüber.
    »Haben Sie sie freundlich abgewimmelt?«
    »So freundlich wie möglich.«
    »Sie soll in ihrer Jugend eine der schönsten Frauen in ganz Europa gewesen sein. Ich habe ihren Mann flüchtig gekannt. Er war der sanfteste, unauffälligste, langweiligste Mensch, den man sich vorstellen kann. Gehen Sie ein wenig Luft schnappen, Maigret?«
    Er zögerte. Auf den Straßen roch es schon nach Frühling. In der ›Brasserie Dauphine‹ hatte man bereits die Terrasse eingerichtet, und die Worte des Chefs waren eine Einladung, dort mit ihm vor dem Mittagessen in Ruhe einen Aperitif zu trinken.
    »Ich glaube, ich bleibe besser hier. Ich habe heute Morgen einen seltsamen Anruf bekommen.«
    Gerade als er darüber sprechen wollte, klingelte das Telefon. Der Chef meldete sich und reichte Maigret den Hörer.
    »Für Sie, Maigret.«
    Der Kommissar erkannte die Stimme sofort wieder. Sie klang jetzt noch angstvoller als am Morgen.
    »Hallo … Wir sind vorhin unterbrochen worden … Er ist reingekommen. Er hätte durch die Tür der Telefonzelle mithören können. Ich habe es mit der Angst bekommen.«
    »Wo sind Sie jetzt?«
    »Im ›Tabac des Vosges‹, an der Ecke Place des Vosges und Rue des Francs-Bourgeois … Ich habe versucht, ihn abzuschütteln. Ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist, aber ich schwöre Ihnen, ich täusche mich nicht, er will mich umbringen … Ich kann Ihnen das nicht so schnell erklären … Ich hab schon gedacht, die anderen würden sich über mich lustig machen, aber Sie, Sie …«
    »Hallo?«
    »Er ist hier … ich … Entschuldigen Sie.«
    Der Chef blickte Maigret, der ein finsteres Gesicht machte, fragend an.
    »Ist irgendwas

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